Lust kennt kein Tabu
ich anziehen soll!“
„Was hast du zur Auswahl?“
Zienna richtete sich auf. „Ein klassisches kleines Schwarzes oder was aufregendes Buntes? Erinnerst du dich an das Wickelkleid, das ich mir vor zwei Monaten ausgesucht habe, als wir shoppen gegangen sind? Mauve, pink und violett gemustert?“
„Hmmm. Nimm das , würde ich sagen.“
Beide Kleider hingen an der Schranktür, und Zienna starrte sie an. Das Schwarze hatte sich schon oft bewährt. Aber das andere hatte mehr Flair, mehr Dynamik.
So wie die beiden Männer, die in dieser Woche ihre Gedanken beherrschten …
„Erde an Zee!“
„Sorry. Ja?“ Offenbar hatte Zienna ihrer Freundin nicht zugehört.
„Ich habe gefragt, ob meine goldene Bluse zum Bleistiftrock passt.“
„Oh … Klar, die Bluse macht richtig was her. Zusammen mit den goldenen Stilettos.“
„Was ist los?“, fragte Alexis. „Irgendwas stimmt nicht. Das höre ich an deiner Stimme.“
„Nun ja“, seufzte Zienna. „Ich bin nervös. Wegen Nicholas. Wenn bei der Eröffnungsfeier etwas schiefläuft …“
„Ist das alles?“ Ihre Freundin ließ nicht locker.
Eigentlich müsste das alles sein. Aber Ziennas größte Sorge galt dem Wiedersehen mit Wendell und ihrer Reaktion darauf. Warum konnte sie ihn einfach nicht aus ihrem System verbannen?
„Genügt das nicht, Alex? Heute Abend steht Nicholas unter enormem Druck.“
„Ja, ich weiß. Und wir wollen uns nicht verspäten. Meine Haare und das Make-up sind okay, ich muss mich nur noch anziehen. Dann komme ich zu dir.“
„Gut, bis gleich.“
Zienna beendete das Telefongespräch, ging zur Schranktür und griffnach dem Bügel mit dem bunt gemusterten Kleid.
Um Viertel vor acht stiegen die beiden Freundinnen aus Ziennas Auto.
Offiziell hatte das Event um halb acht begonnen. Aber Zienna wollte nicht zu früh erscheinen und Nicholas im Weg stehen. Deshalb hatte sie Alexis zu einer kleinen Verspätung überredet.
Lebhaftes Stimmengewirr mischte sich mit den Klängen eines Live-Jazz-Quartetts, das auf der Terrasse spielte, rechts vom Eingang. Auf den letzten zwanzig Schritten erstreckte sich ein roter Teppich bis zur Tür, gesäumt von großen Heliumballons in Rot und Schwarz, den Farben des Restaurants. Zienna bewunderte das hübsche Dekor der Terrasse: rote Bänder und winzige weiße Lampen, die unterhalb der Markise hingen und eine stimmungsvolle Beleuchtung erzeugten.
„Wow, fantastisch!“, rief Alexis auf dem Weg über den roten Teppich.
An einem Tisch links vom Eingang saßen zwei Frauen in klassischem Schwarz und hakten die Namen auf der Gästeliste ab. Zienna und Alexis stellten sich vor und traten ein.
Etwa fünfzig Leute füllten die Räumlichkeiten – Restaurantkritiker und andere spezielle Gäste. Bevor das Reflections on the Bay am Samstag seine Pforten für die Allgemeinheit öffnen würde, lernte eine ausgewählte Klientel heute schon das neue Lokal kennen. In regelmäßigen Abständen sollten verschiedene Appetithappen serviert werden, dazu die Weine, Champagnersorten und exotischen Cocktails, die auf der Getränkekarte standen.
Mit großen Augen schaute Alexis sich um. „Cool!“
„Unglaublich, wie sich das Restaurant seit meinem letzten Besuch verändert hat“, bemerkte Zienna.
An den Wänden hingen gerahmte Fotos, die auf Hochglanz polierten dunklen Böden strahlten im Kerzenschein. Nicholas hatte sich für ein hochwertiges, leicht zu pflegendes Holzlaminat entschieden. Auch der Teppichboden des Podestes, auf dem die Esstische standen, war makellos.
Während Zienna sich umsah, blieb ihr Blick an einer vertrauten Gestalt hängen. Breite Schultern unter einem maßgeschneiderten schwarzen Jackett, das wie eine zweite Haut saß …
Wendell.
Als er sich in ihre Richtung wandte, stockte ihr der Atem. Zu dem schwarzen Jackett trug er eine graue Hose und ein weißes, am Kragen geöffnetes Seidenhemd. Die Krawatte hatte er weggelassen, was das Outfit lässig und sexy wirken ließ.
„Wow, Wendell sieht sagenhaft aus“, murmelte Alexis.
Ohne jeden Zweifel. Und Zienna wünschte inständig, es wäre anders.
Über den Raum hinweg schaute er sie an und hielt ihren Blick sekundenlang fest. Dann musterte er den Rest ihrer Erscheinung und lächelte anerkennend.
Hastig schaute sie weg, um die untadelig gekleideten Kellner zu inspizieren. In schwarzen Hosen und weißen Hemden mit Fliegen trugen sie Tablettes mit diversen Speisen umher.
Soviel Zienna wusste, wollte Nicholas um halb neun eine Rede halten.
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