Lust kennt kein Tabu
an. Sein Boss wird gleich hier sein.“
„Großartig“, meinte Nicholas.
„Natürlich tue ich mein Bestes, begrüße alle Gäste und schmiere ihnen Honig ums Maul.“ Wendell lächelte strahlend. „War nett, dich wiederzusehen, Zienna.“
„Gleichfalls“, murmelte sie.
Dann beobachtete sie, wie die beiden davongingen. Nach zehn Schritten drehte Nicholas sich zu ihr um.
Und sie war ziemlich sicher, dass er stocksauer aussah.
Wenig später bestätigte sich dieser Eindruck, denn er ging an ihr vorbei und beachtete sie kaum. Klar, er war beschäftigt.
Doch sie kannte ihn gut genug, und so gab es keinen Zweifel – Nicholas ignorierte sie absichtlich. Trotzdem bemühte sich Zienna, den Abend und die erlesenen Speisen zu genießen. Bei den Getränken hielt sie sich zurück, weil sie noch fahren musste.
Sie mischte sich unter die Leute und plauderte mit mehreren Prominenten – mit Spielern von Chicagoer Profi-Sportteams, Freunden von Wendell und Nicholas, auch mit dem Bürgermeister und den Restaurantkritikern. Allen schien das Essen ausgezeichnet zu schmecken. Das wollte sie Nicholas erzählen, als der letzte Gast gegangen war.
„Nur ein paar Minuten, Alex“, versicherte sie, erleichtert, weil ihre Freundin nicht über die Verzögerung klagte. Am nächsten Morgen mussten sie beide arbeiten. „Ich rede nur kurz mit Nicholas, nachdem sich die Aufregung gelegt hat.“
„Ich warte an der Bar. Diese ‘Island Sunsets’ sind sensationell. Einenkann ich mir noch erlauben.“
„Vielen Dank.“ Zienna ging am Küchenpersonal vorbei, das den Kellnern beim Aufräumen half. In der Küche traf sie Nicholas nicht an, und so betrat sie sein Büro, wo er mit Wendell sprach.
Über die Schulter seines Freundes sah er sie und musste etwas gesagt haben, denn Wendell wandte sich zu ihr.
„Hey, darf ich mal kurz allein mit meinem Liebsten reden?“, bat sie leise.
Wendell nickte und sagte zu Nicholas: „Ich warte vorn auf dich.“
Nachdem er das Büro verlassen hatte, schloss Zienna die Tür, eilte zu Nicholas und schlang die Arme um seinen Hals. „Endlich! Herzlichen Glückwunsch, Darling, das muss eine der erfolgreichsten Restauranteröffnungen gewesen sein, die diese Stadt je gesehen hat.“
„Danke“, lautete die knappe Antwort.
„Nun ist es vorbei.“ Zärtlich küsste sie sein Kinn. „Du hast es geschafft.“ Dann senkte sie ihre Stimme. „Wollen wir von hier verschwinden und feiern?“
„Ich muss noch hierbleiben, aufräumen, einiges ordnen.“
„Okay, ich bringe Alexis zu mir, da hat sie ihr Auto geparkt. Danach können wir uns in deinem Haus treffen.“
„Das müssen wir auf eine andere Nacht verschieben.“
Zienna spürte, wie angespannt er war. Was bedrückte ihn? Sie ließ die Arme von seinem Hals sinken und legte sie um seine Taille. „Bist du sicher?“, fragte sie enttäuscht. Sie hatte sich extra so hübsch gemacht – und Nicholas sah ebenfalls umwerfend aus. Sollten sie den gelungenen Abend nicht im Schlafzimmer beenden?“ Wenn du willst, fahre ich hierher zurück und helfe dir, was immer du erledigen musst. Dann gehen wir zusammen und …“ Sie verstummte. Aber was sie vorschlug, war eindeutig.
„Schon gut, ich will dir nicht in die Quere kommen.“
„Mir? In die Quere?“ Sie blinzelte verwirrt. „Was heißt das?“
„Heute Abend habe ich einiges beobachtet. Und um ehrlich zu sein – als du vorhin mit deinem Liebsten allein reden wolltest, wusste ich nicht, ob du Wendell oder mich gemeint hast.“
Sie ließ ihn so schnell los, als hätte sie sich verbrannt. „Wie bitte?“
„Ich habe euch beide gesehen. So innig und vertraut. Und wie ihr euch angestarrt habt!“
„Was?“
„Du hast es doch gehört.“
„Das ist doch total verrückt. Wendell hat mich vielleicht komisch angeschaut. Aber ich kann dir mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass ich nichts Falsches getan habe.“ Und das stimmte. Trotz ihres Verlangens hatte sie Wendells Annäherungsversuch abgeblockt.
„Jedes Mal, wenn ich mich umgedreht habe, warst du mit ihm zusammen.“
„Das ist eine Lüge!“ Ja, Wendell hatte ihr etwas zu essen und zu trinken gebracht – genauso wie allen anderen Gästen.
„Ich weiß doch genau, was ich gesehen habe.“
„Dann solltest du deine Augen untersuchen lassen!“ Wütend drehte sie sich auf dem Absatz um und eilte aus dem Büro in die Küche.
Sie hatte nicht um Wendells Rückkehr in ihr Leben gebeten. Sie konnte auch nichts dafür, dass sie ihn nun
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