Lustig, lustig, tralalalala
antworte: «Äh», und denke spontan an den Film «Greencard» mit Gérard Depardieu und Andie McDowell.Darin müssen die beiden heiraten, damit Franzose Depardieu in den Staaten bleiben kann. Was aber letztlich daran scheitert, dass die hohle Andie sich bei einem behördlichen Test nicht an seine Zahnpastamarke erinnern kann, oder so ähnlich. Aber Jaques Perrin ist doch hoffentlich ein legaler Einwohner der Stadt Hamburg, oder? Bevor ich Zeit habe, mir zu überlegen, ob ein Brautkleid in Weiß nicht ein bisschen geheuchelt wäre, liege ich auch schon in Jaques’ Armen. Aber nicht, weil ich mich in die selbigen geworfen hätte, sondern quasi gezwungenermaßen.
Ein höfliches Räuspern enthebt mich der Verpflichtung, mir eine passende Antwort auf seine Liebeserklärung aus den Rippen zu leiern. Der Zimmerkellner ist offensichtlich auch für das Kaminzimmer zuständig und möchte wissen, was wir zu trinken wünschen.
«Oder vielleicht eine Kleinigkeit zu essen …?» Ich denke mit Schrecken an die mittlerweile erkaltete Tomatensuppe und Andreas, oben in meinem Bett, inmitten all der Blütenkissen.
«Isch denke, wir ge’en gleisch nach oben in die Zimmer von die Dame», antwortet Jaques an meiner Stelle und zwinkert dem Kellner verschwörerisch zu. Der verzieht keine Miene, wünscht uns noch einen «angenehmen Abend» und entschwindet so diskret, wie er zuvor gekommen ist.
«Du, Jaques», beginne ich und wünschte, ich beherrschte die Kunst, auf Knopfdruck in Ohnmacht zu fallen. «Das mit dem Zimmer, das ist so …» Ja, Maja, was ist mit dem Zimmer, na?
Zum ersten Mal in meinem Leben fällt mir nichts ein. Also sage ich wahrheitsgemäß: «Da können wir nicht hin. Ich habe nämlich Besuch.» Jaques wirkt irritiert, das kann ich am Flackern seiner Augen sehen. «Mein Bruder ist auch hier, weil seine Freundin ihn verlassen hat. Es geht ihm sehr, sehr schlecht!»
«Mais oui!», entgegnet Jaques, sichtlich um Fassung bemüht. «Wie sagen wir Franzosen so schön: Liebeskummer is schlimmer als Zahnschmerz. Dagegen ilft am besten Alko’ol. Ruf ihn an und wir ge’en an die Bar. Und wenn er ist total betrunken, wir legen ihn in Bett!»
«Aber das ändert doch nichts an der Situation», entgegne ich kraftlos, aber um Logik bemüht. «Dann ist der arme Kerl zwar betrunken und vielleicht ein bisschen fröhlicher, aber ich teile mir dann immer noch ein Zimmer mit ihm!»
Jaques runzelt die Stirn. Gegen dieses Argument ist selbst sein französischer Charme machtlos. Doch der Barchef ist ein Mann mit Ideen – und ein Mann der Tat: «Also frage isch nach freie Zimmer», verkündet er und strebt auch schon Richtung Rezeption. Ich folge ihm und schicke gedanklich eine Petition an den Weihnachtsmann: Bitte vergiss, wie gemein ich noch bis vor kurzem über dich gedacht habe, und mach, dass es auf der ganzen Insel kein freies Zimmer mehr gibt!
«Ich bedaure zutiefst, aber wir sind komplett ausgebucht», informiert die freundliche Mitarbeiterin uns und sieht Jaques mitleidig über den knallroten Weihnachtsstern mit Lamettadeko hinweg an. «Und soweit ich weiß, ist das auch auf der ganzen Insel so.» Halleluja! Es gibt den Weihnachtsmann! Es gibt ihn wirklich!
«Dann musst du wohl wieder heimfahren», sage ich leise und ziehe Jaques vom Tresen Richtung Bibliothek.
Grundsätzlich hätte ich ja überhaupt nichts gegen ein romantisches Intermezzo mit ihm einzuwenden, aber zum einen hatte ich heute schon Sex, und zum anderen lautet mein Motto immer noch: Alles zu seiner Zeit! Und mit Jaques möchte ich mich definitiv lieber in Hamburg amüsieren als hier. HINTER dem Tresen wirkt er nämlich eindeutig erotischer als DAVOR.
«Ja, das muss ich dann wohl», antwortet Jaques geknickt.
Huch, sollten seine Gefühle für mich etwa wirklich echt sein? «Komm, ich bring dich zur Bahn», biete ich an. «Ich gehe nur noch schnell nach oben, sage Andreas, dass es noch einen Moment dauert, und du kannst ja währenddessen fragen, wann der nächste Zug fährt!»
Bin ich konstruktiv oder bin ich konstruktiv?
Im Zimmer treffe ich auf einen sichtlich genervten Andreas. «Wo warst du denn so lange? Das Essen ist mittlerweile kalt. Hättest du nicht anrufen können?»
Ich denke: Moment mal, mein Lieber! Wir hatten zwar gerade ganz ordentlichen Sex, aber das gibt dir noch lange nicht das Recht, dich aufzuspielen wie mein Ehemann. Außerdem möchte ich auch gar keinen Ehemann, der sich so aufspielt. Das ist nur einer von vielen Gründen,
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