Lustige Streiche mit Hanni und Nanni
Gegenteil. Sie war völlig ungeniert. Mit ihren Klassenkameradinnen ging sie um, als ob sie schon seit Jahren in der Schule wäre. Sofort begann sie ein Gespräch. Ihre Aussprache war recht gut, auch wenn sie manchmal seltsame Wendungen gebrauchte.
Claudine berichtete auch von der Klosterschule, jedoch etwas anders als Mamsell.
„Wisst ihr, es sind ein paar dumme Sachen passiert. Eines Tages zum Beispiel ist die Naturkundelehrerin auf einen Baum gestiegen, um ein paar seltene Schwämme herunterzuholen, die dort wuchsen“, erklärte Claudine mit ihrem lustigen französischen Akzent. „Ich kam gerade vorbei und habe mir die Leiter ausgeliehen. An diesem Tag fiel dann der Naturkundeunterricht aus!“
„Meine Güte! Du willst doch damit nicht sagen, dass du die Lehrerin einfach auf dem Baum hast sitzen lassen?“, fragte Bobby erstaunt. „Du hast vielleicht Nerven! Kein Wunder, dass du hierherkommen solltest. In Lindenhof kannst du dir solche Dinge nicht erlauben!“
„Nein?“, fragte Claudine. „Das ist aber schade. Na, es wird trotzdem ganz gemütlich werden. Es tut mir leid, dass ich nicht rechtzeitig hier sein konnte, aber ich habe eine Maser gehabt.“ Eine Maser - so sagte sie, genau wie ihre Tante.
Die Mädchen kicherten. Alle mochten Claudine, mit Ausnahme von Angela. Selbst die sonst so eingebildete Bettina hörte interessiert zu, wenn die kleine Französin sprach. Elli war von der Neuen genauso begeistert wie die anderen.
„Ich weiß gar nicht, was dir an dieser Claudine so besonders gefällt!“, sagte Angela zu Elli. „Wirklich, du überraschst mich.“
„Nun, ich mag ihre Stimme und ihre lustige Art. Und ich muss immer lachen, wenn sie mit den Händen redet - genau wie Mamsell. Findest du nicht, Angela, dass sie sehr unterhaltsam ist?“
Angela fand das ganz und gar nicht; außerdem ärgerte sie sich, dass Elli anderer Meinung war. Mit kühlen Augen betrachtete sie ihre Freundin und wandte sich beleidigt ab.
Elli versuchte Angela zu versöhnen. Sie rannte ihr nach, nahm ihre Hand und schmeichelte ihr ein bisschen. Schließlich bequemte sich Angela zu einem freundlichen Lächeln.
Jetzt war Elli wieder glücklich. „Glaub mir, um diese Claudine werde ich mich nicht weiter kümmern“, versicherte sie. „Sie ist gewiss nur ein gewöhnliches kleines Mädchen.“
„Nicht so gewöhnlich wie Carlotta“, sagte Angela boshaft. Das gefiel Elli nun wieder gar nicht. Sie konnte Carlotta gut leiden, weil sie so aufrichtig, zuverlässig und freimütig war - und außerdem immer lustig. Sogar ihre aufbrausende Art gefiel Elli. Carlotta war für sie das natürlichste, ungezwungenste Mädchen der ganzen Klasse. Und so wie Elli dachten die meisten.
Claudine gewöhnte sich rasch in Lindenhof ein. Sie hatte sich einen Platz weit hinten im Klassenzimmer gesucht. Im Gemeinschaftsraum fand sie schnell ein großes Fach und ergriff Besitz davon. Darin verstaute sie ihre Bücher und Handarbeitssachen, vor allem aber einen riesigen Kuchen, den sie mitgebracht hatte. Den verteilte sie großzügig. Nur Angela weigerte sich, ein Stück zu nehmen. Da lehnte auch Elli ab, um Angela nicht wieder zu kränken.
Zuerst fanden die Mädchen Claudine sehr lustig, aber allmählich entdeckten sie ein paar merkwürdige Gewohnheiten bei ihr. Sie schrieb alle Aufgaben ab. Niemals machte sie ihre Hausaufgaben selbst. Es kümmerte sie auch gar nicht, dass sie oft Fehler abschrieb, so zum Beispiel aus Mariannes Heft.
„Und sie macht gar kein Geheimnis daraus, dass sie abschreibt“, sagte Hanni erstaunt. „Als wäre es ganz selbstverständlich!“
„Wir müssen einmal mit ihr reden“, meinte Nanni. „Es kann ja sein, dass sie sich nichts dabei denkt.“
Claudine war überrascht, als Ruth Hofer, die Klassensprecherin, davon anfing.
„Du kannst doch nicht dauernd von uns abschreiben“, sagte Ruth. „Du musst selber etwas tun. Schließlich ist es ungerecht, dass wir uns anstrengen und du dir auf unsere Kosten eine gute Zeit machst. Außerdem ist es dumm, gerade von Marianne abzuschreiben. Sie macht doch so viele Fehler. Frau Ellis wird es sicher bald merken - und das kann für dich sehr unangenehm werden.“
„Du meinst also, es sei besser, von Hilda abzuschreiben?“, fragte Claudine mit ernstem Gesicht. Ruth seufzte.
„Claudine, du sollst überhaupt nicht abschreiben! Von niemandem. Du sollst deine Hausaufgaben selber machen. Du musst dich daran gewöhnen zu arbeiten, wenn du dich hier wohlfühlen
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