Lustschreie
zurecht.
«Dabei wollte ich doch nur der bösen Schlange widerstehen und nicht in ihren Apfel beißen», gab Yvonne augenzwinkernd zurück, ohne auf Rudolfs schmollenden Gesichtsausdruck zu achten.
Als Esther ihrem Mann zärtlich ins Ohr biss, glätteten sich seine Gesichtszüge sofort wieder, und er legte seinen Arm um ihre Taille.
«Ich bin ganz froh, dass außer mir nicht allzu viele Frauen wissen, was du so zu bieten hast, mein Schatz», flötete sie zwischen zwei Bissen. «Ich könnte mich vor Konkurrentinnen gar nicht mehr retten …»
Yvonne glaubte ihr kein Wort. Esther hatte vor kurzem erst geklagt, dass Rudolf keinerlei Interesse an kleinen erotischen Experimenten zeigte, mit denen sie den Ehealltag aufzulockern versuchte. Seine technischen Fähigkeiten mochten ja befriedigend sein, aber es konnte schließlich nicht schaden, den Appetit im Vorfeld ein wenig anzuregen. Rudolf hielt jedoch seine geschlängelte Tätowierung bereits für den Gipfel der Frivolität. Na ja, wie sie ihre Freundin kannte, würde Esther nicht ruhen, bevor sie bekam, was sie wollte.
Yvonne ließ das turtelnde Paar stehen und sah sich suchend nach ihrer eigenen Begleitung um. Über die Experimentierfreude von Martin konnte sie sich nicht beschweren. Sie kannte ihren derzeitigen Partner erst seit einem halben Jahr, und die Nächte mit ihm ließen keinen Zweifel an seinen Künsten aufkommen, von denen sie vorher schon einiges gehört hatte. Hoffentlich konnte sie auf Dauer mit ihm mithalten. Sie musste sich eingestehen, dass Martin ihrem Körper auf eine Weise Lust zu bereiten wusste, die sie in fünfundzwanzig aktiven Jahren noch nicht erlebt hatte. Er überraschte sie zu gern mit kleinen Rollen, in die er schlüpfte, um immer wieder als ein anderer Liebhaber zu glänzen. Sie hatte schon alle Varianten von sanft über verspielt bis hart genossen und fragte sich, wann er – oder sie selbst – wohl an ihre Grenzen geraten würden.
Wie erwartet, hielt Martin gerade eines des Serviermädchen gefangen. Die Röte in ihrem Gesicht war noch von diesem Ende des Raumes zu erkennen, und Yvonne überlegte, welche obszönen Worte wohl ihre Wirkung entfaltet hatten. Sie schlenderte unbemerkt auf ihren Begleiter zu und kniff ihn so plötzlich in den Hintern, dass er einen kleinen Satz nach vorn machte und die Zitronenwasser-Schüssel der Serviererin zum Kippen brachte. Für einen Moment versuchte sie noch dagegenzusteuern, doch das warme Wasser schwappte bereits über den Rand und ergoss sich auf direktem Weg in ihr Dekolleté. Von dort rann es unter dem Blüschen und dem kurzen Rock hindurch und tropfte zwischen ihren Beinen hinab, bis es sich in einer Pfütze zu ihren Füßen wieder fand. Das Mädchen rührte sich nicht. Es sah entsetzt an sich hinunter und blickte dann den Verursacher dieser peinlichen Situation an, der jedoch ihren Blick nicht erwiderte. Stattdessen ruhten seine Augen verträumt auf der feuchten Bluse der jungen Frau. Der Stoff war transparent geworden, und jeder im Raum konnte deutlich die köstlichen Knöspchen darunter erkennen, die sich vor Schreck zusammengezogen hatten und nun dem Betrachter keck ihre Spitzen entgegenreckten. Mit einem Ruck löste sich die kleine Kellnerin aus ihrer Starre und verschwand mit leuchtendem Kopf in der Küche.
Als hätte sie nur auf ein Stichwort gewartet, läutete Hanne noch einmal mit ihrer Kristallglocke. Der kleine Vorfall war wie geschaffen, um nun den zweiten Gang des Abends zu beginnen. Sofort eilten die beiden Mietkellner herbei und öffneten synchron die deckenhohen Türen zum Esszimmer.
Der lang gezogene Raum war spärlich beleuchtet. Die Augen der Gäste mussten sich erst an das Dämmerlicht gewöhnen, bevor sie erkennen konnten, worin der zweite Gang des Essens bestand, oder vielmehr, worauf er serviert wurde.
Der meterlange Esstisch war mit japanischem Geschirr eingedeckt. Flache Teller mit abgerundeten Ecken schimmerten in mattem Weiß, Stäbchen aus glänzendem Ebenholz lagen quer auf ihnen, und jedes Gedeck war flankiert von Porzellangefäßen für Reis, Soßen und einem Becher, der bereits mit duftendem grünen Tee gefüllt war. In der Mitte des Tisches hatte das Personal die Speisen angerichtet. Es gab Sushi in jeder Farbe und Form, die die japanische Küche zu bieten hatte. Allerdings waren die Speisen nicht auf Platten präpariert. Sie bedeckten in bizarren Mustern den nackten Körper einer jungen Frau, die reglos auf dem Rücken
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