Luzifer
er selbst Platz. Rechts neben ihm saß Mandra Korab.
Glenda Perkins hatte bisher nichts gesagt. Sie hockte auf der Kante, die Beine dicht zusammengelegt, die Hände gefaltet. Auch ihr war anzusehen, unter welch immensem Druck sie stand. Sie machte sich Vorwürfe, nur sprach sie diese nicht aus, doch in ihren Augen war davon zu lesen.
»Wie wollen Sie vorgehen?« Mit relativ ruhiger Stimme stellte Sir James Powell die Frage.
Suko schaute über den Gral hinweg. »Ich muß an das Urböse herankommen.«
»An Luzifer selbst?«
»Das wäre am besten, Sir, aber ich möchte es gern über einen anderen Weg versuchen.«
»Welchen?«
»Die Königin von Saba!«
Sie alle bekamen eine Gänsehaut, als Suko den Namen ausgesprochen hatte. Sir James schüttelte den Kopf. »Wie ist das möglich? Die Königin von Saba ist nicht das Urböse.«
»Aber sie kennt es.«
»Sie kann nicht gelebt haben — als Lilith…«
»Sir, sie weiß Bescheid. Sie muß es, denn Salomos Geist hat es John Sinclair gesagt, als wir vor ihrem Grab in der Wüste standen.«
»Darauf verlassen Sie sich, Suko?«
Der Inspektor holte tief Atem. »Sir, Sie haben es nicht erlebt. Es waren Minuten, die keiner von uns je vergessen wird. Ich möchte nicht von einem erhabenen Augenblick sprechen, obwohl es stimmt. Wir haben Dinge gesehen und gehört, die kann man einfach nicht beschreiben. Wir besitzen den Gral, aber wir wissen zu wenig. Die Templer haben mehr über ihn gewußt, besonders Hector de Valois, dem es damals gelungen ist, das Tor zum Jenseits zu schließen, das John unglücklicherweise öffnete.«
»Was hat das mit dem Gral zu tun?«
»Eben weil wir zuwenig darüber wissen und uns nur in Andeutungen ergehen können, müssen wir ihn locken. Von Salomo ist bekannt, daß er und die Königin von Saba einen sehr intensiven Kontakt gehabt haben. Es existieren alte Überlieferungen, die besagen, daß die Königin und der Gral einen Gegenpol zu dem zu ihrer Zeit schon vorhandenen Urbösen gebildet haben. Und dieses Urböse setzte sich zusammen aus Lilith und ihrem männlichen Gegenpol Luzifer. Die Legende des Grals wurde nicht nur einmal geschrieben, es gibt verschiedene Versionen, und sie können mit denen der Königin identisch sein. Auch sie wird von den verschiedenen Religionen anders gesehen, eines aber ist sicher. Die Köngin von Saba gehört zu den Personen, die John Sinclair positiv gegenüberstehen. Sie sind, sie müssen eigentlich Freunde sein. Und Freunde helfen sich untereinander. John und Jane befinden sich in Luzifers Klauen und in Liliths Fängen. Sie hat Johns Kreuz manipuliert. Wenn es eine Verbindung zwischen Lilith und der Königin gibt, könnte sie sich auch auf das Kreuz ausweiten und damit zu John Sinclair hin.«
Sir James nickte.
Mandra Korab flüsterte: »Das ist irgendwie einleuchtend, ich gebe es gern zu.«
»Das meine ich auch.«
»Sind Sie denn sicher, daß Sie es schaffen können?« erkundigte sich Sir James.
»Was ist schon sicher, Sir? Es ist ein Versuch, eine Chance, ein Hoffen. Wirallc gehen wohl davon aus, daß sich John in Lebensgefahr befindet. Wenn ein Mensch unter diesem ungeheuren Druck steht, dann werden Kräfte oder Energien frei, die man kaum beschreiben kann. Sie sind jedenfalls vorhanden, und ich hoffe, daß sie durch den Gral, der ja zu ihm gehört, verstärkt werden können. Daß wir diejenigen aus dem Schlaf reißen können, die sich als seine Helfer bezeichnen.«
»Den Seher?«
»Ja.« Suko nickte heftig. »Ihn meine ich.«
»Niemand weiß genau, wer der Seher ist«, meldete sich Glenda.
»Das ist in diesen Augenblicken unwichtig, Mädchen. Es zählt nur, daß sich der Seher auch zeigt, egal, aus welchen Personen oder Geistern ersieh zusammensetzt.«
»Und das über die Königin von Saba?«
»Vielleicht.«
Sir James ballte die Hand zur Faust und streckte den Arm über dem Tisch aus. »Dann versuchen Sie es, Suko. Tun Sie uns allen den Gefallen! Gehen Sie aufs Ganze.«
»Sir, ich werde mich bemühen!«
Alle wußten, was sich der Inspektor vorgenommen hatte. Es war eine ungemein schwere, fast unlösbare Aufgabe, die nur dann erfüllt werden konnte, wenn John Sinclair unbewußt mitspielte. Wenn Energien frei wurden, die sich durch das Kreuz und durch die Existenz der Königin noch einmal verstärkten.
Suko beugte sich vor. Er legte seine Hände um die Kugel der toten Wahrsagerin Tanith und konzentrierte sich auf Ereignisse und Personen, die irgendwo zeitlos waren…
***
Das Rad drehte sich
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