Luzifers Hammer
dann wieder Joanna.
»Donnerwetter, das ist der schnellste Kostümwechsel, den ich je erlebt habe. Ich glaube, sie kann uns nützen.«
»Kommt drauf an, wofür«, sagte Marie geradeheraus. »Wer seid ihr beiden, und was ist eigentlich mit Harvey los?« Dabei fuhr sie fort, ihre Schuhe zuzuschnüren. »Seine Frau wurde ermordet. Irgendeine Bande hat in ihrem Haus eingebrochen«, sagte Mark. »Hören Sie mal, wo sind Sie mit Ihrem Cadillac rumgekurvt? Ist Ihr Mann bei Andy Randall?«
»Ja, natürlich«, sagte Marie. »Andy und Burt sind dort oben. Mit Gordie.« Sie band ihre Schnürsenkel fest und stand auf.
»Arme Loretta. Sie – ach, verdammt noch mal! Würden Sie mir Ihren Namen verraten?«
»Ich heiße Mark. Und das ist Joanna. Ich habe für Harv gearbeitet …«
»Ja«, sagte Marie. Sie hatte bereits von Mark gehört. »Hallo. Sie bleiben also bei Harvey?« »Sicher …«
»Dann wollen wir gehen. Legen Sie bitte dieses Bündel in den Wagen. Ich komme gleich nach.«
Hart wie Kruppstahl, dachte Mark. Das kälteste Biest, das ich je gesehen habe. Er nahm die Decke, die mit Kleidung und sonstigen Gegenständen vollgestopft war. Marie brachte einen Koffer aus Kunststoff, eine Art Schrankkoffer, der dazu diente, Kleider aufzuhängen, wenn sie im Flugzeug transportiert wurden. Im Auto war wenig Platz, aber sie achtete drauf, den Koffer richtig aufzustellen, wobei sie alle Falten sorgfältig glättete.
»Was ist da drin?« fragte Mark.
»Alles Sachen, die ich brauche. Jetzt bin ich fertig.«
»Können Sie Harveys Wagen fahren?«
»Auf den Straßen ja«, sagte Marie. »Ich kann zwar nur auf Straßen fahren, aber ich kann mit einer Knüppelschaltung umgehen.«
»Gut. Sie fahren. Der Wagen ist für Joanna zu groß.«
»Ich werd’s schon hinkriegen.«
»Sicher, Jo, aber du brauchst es nicht«, sagte Mark. »Laß Miz …«
»Marie.«
»Laß Miz Marie …«
Sie lachte hart. »Nur Marie. Und ich fahre. Haben Sie Landkarten? Ich besitze keine einzige brauchbare Karte. Ich weiß, daß die Jungs da irgendwo oben in der südlichen Ecke des Sequoia National Park sind, aber ich weiß nicht genau, wie man hinkommt.«
In ihren Hosen und ihrem Wollhemd, in ihrer dünnen Nylonjacke, die sie im Haus angezogen hatte, in ihren Wanderstiefeln sah sie schmäler aus, als Mark sie in Erinnerung hatte, und irgendwie weniger kompetent. Mark hatte keine Zeit, sich zu fragen, warum es so war.
Sie wird sich behaupten müssen, dachte Mark. »Ich mache mit dem Motorrad die Vorhut. Joanna wird mit dem Gewehr vorn im Wagen sitzen. Ich denke, wir müssen Harv in den Fond verfrachten. Vielleicht kommt sein Geist wieder auf Touren, wenn er erst etwas geschlafen hat. Himmel, ich habe noch nie einen Burschen gesehen, der auf einmal so weich wurde. Es ist, als hätte er selbst seine Frau umgebracht.« Mark sah, wie sich Maries Augen langsam weiteten. Zum Teufel damit, dachte er.
Er ging zu seinem Motorrad und betätigte den Kickstarter.
Sie fuhren rückwärts raus und wandten sich wieder nach Norden. Die Straße war wie leergefegt. Mark fragte sich, wo es nun hingehen sollte. Er konnte natürlich Harv fragen, aber er wußte nicht, ob er Bescheid wußte, und wenn, wie sollte er das erkennen? Warum, zum Kuckuck, war er so niedergeschlagen?
Sie war ja kaum mehr das, was man als Ehefrau bezeichnen konnte. Sie war in letzter Zeit nirgendwo mehr mit Harv hingegangen. Sie sah zwar gut aus, aber von Gemeinschaft keine Spur. Warum war er so sehr am Boden zerschmettert. Hätte er, Mark, Joanna begraben müssen, so wäre ihm dies nicht gerade leicht gefallen, aber es hätte ihn gewiß nicht niedergeschmettert.
Er hätte weitergelebt und vielleicht beim nächsten Drink ein Glas in Erinnerung an sie geleert – und auch Harv war immer ein zäher Bursche gewesen.
Mark blickte auf die Uhr. Es war ziemlich spät und höchste Zeit, möglichst schnell voranzukommen durch diese Gegend und durch das, was von Burbank und San Fernando Valley übriggeblieben war. Wie? Sofern die Autobahnen nicht hinüber waren, würden sie verstopft sein, und das war wenig erfreulich.
Er dachte über andere Möglichkeiten nach und wünschte sich, daß Harveys Kopf wieder funktionierte. Doch darauf konnte er kaum hoffen, und ihm, Mark, oblag es nun, die Führung zu übernehmen. Als sie Mulholland erreicht hatten, bog er links ab.
Hinter ihm ertönte die Hupe. Marie hatte an der Kreuzung gehalten. »Da geht’s nicht lang!« rief sie.
»Sicher doch. Los,
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