Luzifers Hammer
Ich verspreche dir, daß die Leute in diesem Tal überleben und als zivilisierte Menschen aus dieser Katastrophe hervorgehen werden.« Dann lachte er. »Jetzt muß ich wohl. Zeit zum Zubettgehen. Morgen gibt es allerhand zu tun.«
»In Ordnung.«
»Du brauchst nicht auf mich zu warten. Ich komme schon zurecht. Alsdann.« Sie gab ihm einen Kuß und ging. Arthur Jellison trank sein Glas aus und schenkte der Whiskyflasche einen langen Blick.
Dann saß er da und starrte in die leere Feuerstelle.
Ihm stand die Möglichkeit vor Augen, eine neue Zivilisation aufzubauen, aus all den Trümmern, die Luzifers Hammer hinterlassen hatte. Ein Rettungswerk. In den alten Küstenstädten war eine Menge zu retten und zu bergen. Das Wasser konnte nicht alles zerstört haben. Man konnte nach neuen Ölquellen bohren, die Eisenbahnstrecken ließen sich reparieren. Auch der Regen würde nicht ewig dauern.
Wir können wieder aufbauen, und diesmal wollen wir’s richtig machen. Wir werden diese kleine, verdammte Erdkugel verlassen, wir werden die menschliche Zivilisation ins Sonnensystem hinaustragen, selbst hin zu anderen Sternen, damit es nicht mehr passieren kann, daß wir alle umkommen.
Sicher können wir das. Aber wie können wir so lange leben, um mit dem Wiederaufbau zu beginnen? Das Nächstliegende zuerst, und jetzt gilt es, dieses Tal zu organisieren. Keiner hilft uns. Wir müssen uns selbst helfen. Gesetz und Ordnung ist nur das allein, was wir fertig bringen, und die einzige Sicherheit, die wir Maureen, Charlotte und Jennifer bieten können, ist das, was wir auf die Beine stellen. Ich war es gewöhnt, Verantwortung für die Bevölkerung der USA und insbesondere für die Leute in Kalifornien zu tragen. Jetzt nicht mehr. Jetzt geht es um meine Familie, und ich frage mich, wie ich sie schützen kann. Das heißt, daß ich mir überlegen muß, wie ich diese Ranch halten kann, und wahrscheinlich wird mir das ohne Hilfe nicht möglich sein. Doch wer soll mir helfen? George Christopher als erster. George hat eine Menge Freunde. Unter uns läßt sich alles regeln.
Arthur Jellison stand auf und blies die Petroleumlampe aus.
In der plötzlichen Dunkelheit waren das Rauschen des Regens und der Donner noch deutlicher zu vernehmen. Sein Weg zum Schlafzimmer war von Blitzen erhellt. Unter Al Hardys Zimmertür war ein Lichtstreifen. Das Licht ging aus, sobald er hörte, daß der Senator zu Bett ging.
DAS ASYL
Gott gab das ganze Erdenrund
dem Menschen wohl zu lieben,
doch ist das Menschenherz zu eng,
ihm ist nicht viel geblieben.
Rudyard Kipling
Harvey Randall wurde durch Rufe geweckt. Irgend jemand schrie ihn an.
»Harvey! Hilfe!«
Loretta? Er setzte sich plötzlich auf und stieß sich den Kopf an irgend etwas. Er war im Auto eingeschlafen, und dies war nicht Lorettas Stimme. Einen Augenblick war er verwirrt. Was war nun ein Alptraum, was die Wirklichkeit?
»Harvey!« Die kreischende Stimme war Wirklichkeit, und … ach Gott, Loretta war tot.
Es regnete, doch um den Wagen herum ging es einigermaßen.
Er öffnete die Tür und blinzelte in die Dämmerung. Seine Armbanduhr zeigt 6-00 – war es nun Abend oder Morgen?
Das Auto parkte unter einem Notdach, das lediglich von ein paar Pfählen gehalten wurde. Marie Vance stand am anderen Ende, und Joanna hatte ihr Gewehr auf sie gerichtet. Mark schimpfte, und Marie rief nach Harvey.
Das alles erschien irgendwie sinnlos. Dämmerung, Regen, heulender Wind, die schreiende Frau und Mark, der Joanna etwas zurief, die immer noch das Gewehr in der Hand hielt – Traum oder Wirklichkeit? Er raffte sich auf und ging auf die anderen zu. »Was ist los, Mark?«
Mark drehte sich um und erblickte ihn. Ein Lächeln erhellte sein Gesicht. Aber das Lächeln verblaßte wie Harveys Traum, es war nur ein Traum gewesen …
»Harvey! Sag’s ihm!«
Marie hüpfte wie eine Puppe, und Harvey blickte sie erstaunt an, als sie es wieder tat. Sie sah aus, als kämpfte sie gegen einen unsichtbaren Feind an. Dann, ganz plötzlich, war sie still, und ihre Stimme klang fast ruhig. »Harvey Randall, es war höchste Zeit, daß du wach wirst«, sagte sie. »Oder machst du dir keine Sorgen um deinen Sohn? Du hast Loretta begraben, jetzt denk einmal über Andy nach.«
Er hörte sich selbst sprechen. »Was soll das alles?«
Beide sprachen gleichzeitig. Und da sich Harvey mitteilen wollte, wählte er einen scharfen Ton, der jede andere Regung übertönte. »Eins nach dem anderen! Bitte, Mark. Laß sie
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