Luzifers Hammer
Das Raumschiff nahm einen gewaltigen Anlauf in Richtung Kamera und wich ebenso plötzlich wieder zurück. Es scherte seitwärts aus, hielt fast an, machte erneut einen Vorstoß und wurde abgetrieben. »Und das soll nun ihr bester Pilot sein«, brummte Baker.
»Ich habe mich auch nicht gerade klug angestellt …«
»Quatsch. Wir hatten ein bewegliches Ziel, aber jetzt steht das Hammerlab da wie eine Eins.« Baker schaute noch einige Augenblicke zu, dann schüttelte er den Kopf. »Natürlich ist es nicht ihr Fehler. Die Steuersysteme sind schuld. Wir haben unseren Bordcomputer, und die haben keinen. Sie müssen von Hand steuern. Trotzdem ist es eine verdammte Schande.«
Rick Delantys dunkles Gesicht legte sich in Falten. »Ich weiß nicht, Johnny, ob ich das noch lange aushalte.«
Für die beiden war es wirklich eine Qual. Es kribbelte in den Fingern, und sie hätten am liebsten mit angepackt. Sie hatten dasselbe Gefühl wie ein Autofahrer, der untätig im Fond sitzen muß, während der Fahrer ungeschickt einparkt.
»Aber die haben das Manna«, sagte Baker. »Wann kriegen wir endlich was ab?« Sie tauchten wieder in die Dunkelheit. Die Unterhaltung mit Sojus war auf den offiziellen Nachrichtenaustausch beschränkt.
Als sie wieder ans Licht kamen, näherte sich das Sowjetschiff erneut.
»Allmählich wird’s ungemütlich«, sagte Delanty.
»Mund halten!« »Jawohl, Sir.«
»Ach, lassen Sie sich einsalzen!«
»Geht schlecht im Druckanzug.«
Sie beobachteten das Manöver. Endlich rief Jakow: »Wir vergeuden kostbaren Treibstoff. Ich beantrage Plan B.«
»Sojus, Roger, erbitte Beistand zur Durchführung von Plan B«, sagte Baker und schien sichtlich erleichtert. »Nun zeig mal den Kosmonauten, was ein echter Astronaut fertig bringt.«
Plan B galt offiziell als Notmaßnahme, doch die amerikanischen Missionsplaner hatten inoffiziell vorausgesagt, daß diese Maßnahme notwendig sein würde. In den USA war das Training so abgestimmt, als ob Plan B die gängige Betriebsart wäre.
Man hoffte zwar, daß sie über dem Atlantik nicht erforderlich sein würde – dennoch war sie fest eingeplant. Plan B war einfach: Sojus hatte sich selbst zu stabilisieren, und das Monstrum Apollo-Hammerlab mußte sich an die Sowjets heranpirschen.
Was Delanty zu fliegen hatte, war ein Raumschiff und ein großer, plumper, massiver Blechkanister. (Stellen Sie sich einen Flugzeugträger vor, der versucht, sich unter ein landendes Flugzeug zu schieben.) Aber er verfügte auch über das raffinierteste Computersystem der Welt, über Flugregler, von Meisterhand mit Tausenden von Stunden der Erfahrung ausgetüfelt, über Instrumente, die in Dutzenden von Labors entwickelt worden waren, in Labors, die sich auf die Herstellung von Präzisionsinstrumenten verstanden.
»Houston, Houston, Plan B läuft«, meldete Baker.
Jetzt schaute mir die ganze verdammte Welt dabei zu oder lauschte atemlos, dachte Rick Delanty. Und wenn ich das hier vermaßle …
Es war undenkbar. »Immer mit der Ruhe«, sagte Baker.
Er bietet mir nicht an, es selbst zu tun, dachte Delanty. Nun gut. Hier geht’s lang, haargenau wie im Simulator.
So war es auch. Erst ein Vorwärtsschub. Unmittelbar nach dem Kontakt alles überprüfen, dann ein kleiner Düsenimpuls, um die beiden Objekte zusammenzubringen. Hier noch einmal das mechanische Gefühl der Kontaktaufnahme und gleichzeitig das Aufleuchten der grünen Lampen auf dem Schaltbrett.
»Einklinken«, sagte Rick.
»Sojus, wir haben angekoppelt. Dockingsonde eingeklinkt«, rief Baker.
»Apollo, wir bestätigen. Wir sind angehängt.«
»Das Ding hier stinkt gewaltig, wenn mich nicht alles täuscht«, sagte Baker.
Sie schüttelten sich reihum förmlich die Hände, als sie in den großen Blechkanister hineinschwebten. Ein historischer Moment, meinten die Kommentatoren dort unten, aber Baker wollte partout keine historische Rede einfallen.
Obendrein gab es hier verdammt viel zu tun. Das hier war kein Theater, kein Austausch von Höflichkeiten im Weltraum zwischen Apollo und Sojus. Dies war eine Arbeitsmission mit einem haarigen Terminplan, der vielleicht niemals zu erfüllen war, selbst wenn man Glück hatte.
Und doch … Baker hatte das dringende Bedürfnis, zu lachen, und vielleicht hätte er es auch getan, wenn es hinterher nicht so zahlreicher Erklärungen bedurft hätte. Wie blendend sie alle aussahen – es war zum Auswachsen.
Gott segne uns, keiner ist wie wir. Leonilla Alexandrowna Malik sah schon verdammt
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