Luzifers Heiliger (Die Londoner Drakulia Vampire #2) (German Edition)
und zusammengefalteten Papieren. Seine Notizen. Seine Hoffnung.
Von irgendwo aus einem der Zimmer des Hauses drang weibliches Gekreische an sein Ohr. Gekicher und ein leises Kreischen. Er wusste, worum es da ging, und das Geräusch erzürnte ihn noch mehr. Wütend griff er nach seinem dicksten Mantel, verließ raschen Schritts sein Arbeitszimmer und rief nach seiner Kutsche und dem Kutscher.
Zur Hölle mit dem Sonnenschein, er musste ihnen entkommen.
Angelica war vor zwei Wochen wohlbehalten zurückgekehrt. Voss hatte sie genau nach Plan aus Moldavis Krallen befreit. Aber Chas weigerte sich, einen so teuflischen Vampir wie Voss – ganz besonders einer mit einem solchen sexuellen Appetit – in die Nähe seiner Schwester zu lassen, und hatte die beiden in Paris abgefangen und Angelica nach London zurückgebracht, wo die Hochzeitsvorbereitungen für ihre ältere Schwester schon munter im Gange waren.
Und jetzt, nach seiner Unterredung mit Voss, wusste Dimitri, dass er noch einmal so viel Aufregung über sich ergehen lassen musste, denn Voss hatte seine Absichten hinsichtlich Angelicas klar geäußert. Und da er nun nicht mehr an Luzifer gekettet war, gab es keinen Grund, warum Chas ihre Vermählung noch verbieten könnte. Der Viscount war vermögend und Spross einer alten aristokratischen Familie. Und er war ein Sterblicher.
Voss hatte doch tatsächlich sein Hemd vor Dimitris Augen in dessen Arbeitszimmer abgelegt, um ihm zu zeigen, dass das Luziferzeichen an seiner Schulter spurlos verschwunden war.
Als er ihn gefragt hatte, wie er das fertiggebracht hatte, wie er sich des Teufelsmals entledigt hatte, antwortete Voss lediglich, er habe sich geändert.
Geändert.
Rasch kletterte Dimitri in die Kutsche und achtete nicht sonderlich darauf, sich vor den Sonnenstrahlen zu schützen, trotz des Mantels, den er bei sich trug. Ein plötzliches Brennen huschte ihm über das Gesicht und über eine unbehandschuhte Hand und das Handgelenk, und der Schmerz war ihm eine willkommene Abwechslung.
Das kleine Geschäft für antiquarische Bücher schien noch unauffälliger als sonst, dort, wo der riesige Alkoven, der Lennings Gerberei als Eingang diente, sich vorschob, und hinter dem die kleine Tür im Halbschatten regelrecht verschwand.
Einmal drinnen angelangt blieb Dimitri stehen und wartete darauf, dass die altvertraute Gelassenheit wieder zu ihm zurückkehren möge. Als er den Geruch alter Bücher und abgegriffenen Leders tief eingeatmet hatte, trat er in die Schatten zwischen den langen Buchregalreihen und wartete.
Es verstrich nicht viel Zeit, bis Wayren erschein. Diesmal hielt sie kein Buch in Händen, obwohl sie ihre Brillengläser trug.
„Dimitri von Corvindale, ich habe fast mit deiner Rückkehr gerechnet.“ Sie schaute ihn direkt an, und urplötzlich fragte er sich, welcher Irrsinn ihn hierher geführt hatte. Sie wusste von nichts, was ihm helfen könnte.
Für einen Moment war er sprachlos, und Zorn und Verwirrung zerfraßen ihm fast die Eingeweide.
Wayren reckte den Kopf zur Seite, in etwa wie ein neugieriger Spatz, und beobachtete ihn. „Ich habe etwas erworben, was du vielleicht interessant finden wirst, und ich habe es für dich aufbewahrt.“ Sie ging zu einem der Buchregale neben ihr und zog dort zielsicher ein gebundenes Büchlein zwischen zwei wesentlich dickeren Bänden hervor und reichte es ihm.
Dimitri nahm das schmale Büchlein entgegen, das nicht dicker als hundert Seiten sein konnte, und machte sich nicht einmal die Mühe, seinen Widerwillen zu verbergen. „ La Belle et la Bête ? Was ist das – ein Märchen?“
Sie lächelte nachsichtig. „In der Tat. Gabrielle-Suzanne de Villeneuve erzählt recht kurzweilige Geschichten.“
Er runzelte die Stirn. „Ich verstehe nicht, wie ein Märchen mir in irgendeiner Weise dienlich sein kann.“
„Und doch befasst du dich mit der Faustlegende?“, wand sie taktvoll ein. „Du musst gewisse Züge von dir selbst in der Figur von Dr. Faustus wiedererkennen. Vielleicht wirst du in der Geschichte über die Schöne und das Biest von Madame de Villeneuve einige andere Bezüge herstellen können.“
Dimitri nahm das Heftchen und steckte es in die Innentasche seines Mantels, er wollte die Frau schließlich nicht kränken. „Nun gut. Setz es dann auf meine Rechnung, was auch immer es kosten mag.“
Hinter ihren Brillengläsern beobachtete sie ihn weiterhin nachdenklich. „Kann ich noch irgendwie anders zu Diensten sein?“
Geduldig
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