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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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sofort, ich bin gleich wieder da.«
    »Sie gehen nirgendwo hin.«
    »Bitte, ich muss …«
    »Wer ist Ihr Auftraggeber, Frau Roos?« Er streckte den Kopf vor. In seinen blauen, wässrigen Augen war nichts als Kälte. Patrizia sprach in seine Augen.
    »Die Detektei Liebergesell.«
    »Wo sitzt diese Detektei?«
    »In … in München. Am Sendlinger …«
    »Wen spionieren Sie aus?«
    »Niemand. Ich muss, bitte, ich …«
    »Die eine Antwort, dann dürfen Sie gehen.«
    »Einen Mann.« Sie kniff die Beine zusammen. Sie kam sich vor wie ein eingeschüchtertes, lächerliches Mädchen. Aber ihre Gedanken waren nicht mehr gefroren. »Einen Ehemann, der soll hier im Hotel das Wochenende mit seiner Geliebten verbringen. Ein Zahnarzt aus München.«
    »Sein Name?«
    Patrizia sah ihn an, als wollte sie ihm signalisieren, dass sie den Namen nicht preisgeben dürfe. Dabei kramte sie nach einer Idee.
    Geiger verschränkte die Hände hinter dem Rücken und hob das Kinn. »Ich kenne alle meine Gäste. Den Namen, Frau Roos.«
    Vor lauter Verkrampfung rang sie wieder nach Luft. Dann pustete sie mit vorgeschobener Unterlippe zu ihrer Ponyfrisur hinauf und strich sich hastig übers Gesicht. »Der Mann …« Sie presste viel Überzeugung in ihre Stimme. »Der Mann heißt Gabelsberg.«
    Geiger schien eine ähnliche Antwort erwartet zu haben, jedenfalls ließ er Patrizia den Namen kaum zu Ende aussprechen. »Wohnt hier nicht. Hat nie hier gewohnt. Sie haben sich geirrt. Oder Sie lügen mich an.«
    »Ich lüge nicht. Seine Frau hat uns beauftragt, ihn zu überwachen. Unsere Informationen haben darauf hingedeutet, dass er das Wochenende im Hotel Geiger am See verbringt.«
    »Ihre Informationen.«
    Patrizia blickte zur Tür, auffällig, damit der Mann sie endlich gehen ließ.
    »Und deswegen die Verkleidung.«
    »Ja.«
    »Lächerlich. Damit verdienen Sie Ihr Geld?«
    »Ich arbeite noch in einer Bar.«
    »In welcher?«
    »Im Grizzleys. In München. Ich muss echt dringend …«
    »Was tun wir jetzt?«
    »Ich habe mich getäuscht, es tut mir leid. Woher hätte ich wissen sollen, dass Sie eine geheime Tagung haben, bei der alles abgesperrt ist? Die Bar war offen, und ich habe gehofft, den Herrn … den Gabelsberg mit seiner Geliebten erwischen zu können …«
    »Die Tagung ist nicht geheim, sie findet nur hinter verschlossenen Türen statt. Und hier ist auch nichts abgesperrt. Sie hören mir nicht zu, Frau Roos, das beleidigt mich.«
    »Ich wollte Sie nicht beleidigen.« Übelkeit stieg in ihr auf. Der Mann vor ihr presste die Lippen aufeinander, eine abweisende, unberechenbare, Gewalt ausstrahlende Gestalt in ländlichem Gewand.
    Minuten, so schien es Patrizia, vergingen in polarer Lautlosigkeit. Dann wandte Geiger sich mit einem Ruck um und ging, ohne seinen Gast noch einmal anzusehen, zum Schreibtisch zurück.
    »Auf Wiedersehen, Frau Roos«, sagte er. »Die Toiletten sind im Flur links.«
    Beinahe hätte sie sich für die Auskunft bedankt. Beinahe wäre sie losgerannt. Im letzten Moment besann sie sich und ging einigermaßen langsam zur Tür, wenn auch mit fliehendem Atem und erhitzt von Ungeduld. Sie riss die Tür auf und schloss sie im Flur mit einem dumpfen Geräusch – anders als die übervorsichtige Hausangestellte. Dann stürzte sie zu den Toiletten und knallte die Kabinentür zu und gab einen tiefen Seufzer der Erleichterung von sich.
    Nach außen hin unerschüttert saß Geiger an seinem Schreibtisch und telefonierte.
    »Frau Burg, Sie müssen bitte in meinem Büro einen Fleck aufwischen. Und außerdem würde ich Sie bitten …«

23
    B eim Händewaschen fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, in der Toilettenkabine ihr Handy einzuschalten. Ihre Nervosität, mit der sie nicht umgehen konnte, und das Gefühl der Beklemmung, das immer stärker wurde, je länger sie sich in dem unheimlichen Büro aufhielt, hatten sie vorübergehend jeder Vernunft beraubt. Wie sie auf den Namen ihres ehemaligen Lehrers gekommen und ihr trotz der klaustrophobischen Situation noch eine Ausrede eingefallen war, wunderte sie. Das kalte Wasser, das sie sich über dem Waschbecken ins Gesicht schlug, löste nur unwesentlich Erleichterung bei ihr aus.
    Vermutlich machte Edith sich längst Sorgen um sie. Allein, um zu erfahren, wie spät es war, musste sie das Handy einschalten, denn sie hatte keine Uhr. Dann hörte sie wieder die Stimme des Mannes auf seinem Thronstuhl und erschrak. Und wer war der andere Mann, der dürre im Rollkragenpullover, der sie

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