Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
starrte nach oben und kniff die Augen zusammen.
Warum sah sie nichts?
Doch wenigstens hätte sie die Wände, das Dach oder
zumindest die Ränder des Schachtes sehen müssen, in den sie
gestürzt war.
Aber absolute Schwärze hüllte sie ein.
Claudia schluckte.
Eine furchtbare Ahnung überfiel sie.
Der Schacht über ihr war geschlossen! Sie war von der Umwelt
abgesperrt…
Siedendheiß pulste das Blut durch ihren Körper, ihr
Herz pochte wie rasend und sie hörte die lauten
Schläge.
Peter, schoß es ihr durch den Kopf. Warum suchte er nicht
nach ihr.
Da kam ihr eine furchtbare Idee.
Vielleicht hatte er schon gesucht, aber sie nicht gefunden.
Sie hatte sich nach ihrem Sturz in die Tiefe nicht bemerkbar
machen können.
Vielleicht sucht Peter sie woanders? Sie war bewußtlos
gewesen.
Sie kam taumelnd in die Höhe. Ihr Schädel brummte noch
stärker. Vorsichtig tastete sie nach der schmerzenden Stelle an
ihrer Schläfe. Sie war aufgeschlagen. Das Blut klebte an ihren
Finger.
»Peeeeteeeer! Peeeeteeeer!« Sie rief laut und
langgezogen den Namen ihres Mannes.
Als ihre Stimme verhallt war, lauschte sie in der Hoffnung, ein
Geräusch zu vernehmen, das die Annäherung ihres Mannes
signalisierte.
Sie wartet vergebens!
Panik überfiel die junge Frau und sie mußte daran
denken, daß diese Falle eventuell ihr Schicksal besiegelte.
Claudia Lickert tastet die Wände ihres unfreiwilligen
Gefängnisses ab.
Es war etwa zwei auf zwei Meter groß. In einer Wand fand sie
einen Durchlaß.
Sie tastete sich vorsichtig weiter und bedauerte, kein Streichholz
und keine Taschenlampe dabei zu haben, um sich zu vergewissern, wie
es um sie herum aussah.
Die Dunkelheit machte alles doppelt schwer.
Die Gefangene befand sich in einer Art Stollen. Aber genau sagen
konnte sie das nicht. Sie war ganz auf ihr Gefühl und ihre
Intuition angewiesen.
Langsam schob sie sich vorwärts, um nicht noch mal eine
Überraschung zu erleben.
Claudia Lickert hielt sich immer dicht an der Stollenwand.
Plötzlich ragte eine senkrechte Mauer vor ihr auf.
Aus! Dies war eine Sackgasse!
Sekundenlang schloß die junge Frau die Augen und versuchte
der erneut aufsteigenden und sich verstärkenden Panik Herr zu
werden. Sie durfte jetzt nicht versagen!
Sie atmete tief durch. Die Luft hier unten war besonders
sauerstoffreich und Claudia Lickert bemerkte das leichte, ansteigende
Schwindelgefühl, das von ihr Besitz ergriff.
Sie stützte sich ab. Der Schwindelanfall verflog.
Was tun? hämmerte es in ihrem Bewußtsein…
Peter würde sicher nichts unversucht lassen, sie zu suchen.
Schließlich war sie nicht allein hierher gekommen.
Dieser Gedanke gab ihr neuen Mut und die nötige Ruhe.
Sie ging an der vor ihr aufsteigenden Wand entlang, um
festzustellen, wie breit der Stollen war und ob es vielleicht nicht
doch einen Gang gab, der weiter unter die Mühle führte und
von dort eventuell in einen Keller mündete, von dem aus es
möglich war, ins Freie zu gelangen.
Sie hielt den Atem an, als sie erkannte, daß die Querwand
nicht kerzengerade zur anderen Seite des Stollens weiterführte,
sondern einen Bogen machte.
Sie folgte dem Knick.
Claudia Lickerts Aufmerksamkeit entging es nicht, daß der
Bogen sehr scharf war und die Form eines Hufeisens hatte.
Nach der langgezogenen Kurve ging es weiter.
Und sie glaubte ihren Augen nicht trauen zu dürfen, als sie
in der Dunkelheit vor sich schwachen Lichtschein wahrnahm.
Peter, schoß es ihr durch den Kopf…
Offenbar war er durch die Mühle in den Keller gekommen und
suchte im Lampen- oder Kerzenlicht nach ihr. Die Anspannung und
Nervosität, unter der sie die ganze Zeit gelitten hatte, fielen
schlagartig von ihr ab.
Nun wurde doch noch alles gut.
»Peter!« rief sie froh. »Hier! Im Stollen. Ich bin
im Stollen!«
Sie lief schneller und erwartete, daß das Licht ihr
entgegengetragen würde.
Doch es war nicht der Fall.
Hatte Peter sie nicht gehört?
Das konnte sie sich kaum vorstellen. Hier unten hörte man
doch jedes Geräusch.
Sie fand jedoch sofort eine Erklärung dafür.
Vielleicht war Peter weiter weg, in einem anderen Raum der
Mühle und suchte dort nach ihr. Vielleicht hatte er da vorn
seine Kerze oder eine andere Lichtquelle abgestellt.
Claudia Lickert eilte durch den Stollen.
Aber das Licht kam nicht unmittelbar von dem ovalförmigen
Ende des Stollens her, in den der Gang mündete.
Genau gegenüber lag eine Tür. Die war nur angelehnt und
das Licht, das durch den breiten Türspalt fiel,
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