Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers
die Flucht
ergreifen, Rani«, murrte er. »Kein Mensch vertraut uns mehr
sein Vehikel an.«
Der Inder erholte sich schnell von seinem Schreck. Er murmelte ein
benommenes »Danke«. Von Macabros war keine Spur mehr zu
sehen. Hellmark hatte seinen Doppelkörper sofort wieder
aufgelöst. Er wußte nicht, wie sehr seine Kräfte noch
gefordert würden.
Hellmark blickte sich um. Die schwarzen Äste befanden sich
noch immer in Bewegung, und in den Wipfeln rauschte und wisperte es,
als wäre die Luft von tausend Stimmen erfüllt.
Sie konnten weder nach rechts, noch nach links, noch nach hinten
ausweichen oder jenen Weg zurückgehen, den sie gekommen waren.
Die Bäume versperrten ihnen den Weg, und die harten, elastischen
Zweige und Äste, die durch die Luft wischten, wirkten wie
Peitschen, die von unsichtbaren Händen geführt wurden.
Nur eine Richtung war frei für sie: geradeaus!
Sie gingen den Weg, unter den wirbelnden, zischenden Peitschen,
die ihre Schultern und ihre Rücken trafen, und mehr als einmal
führte Björn das Schwert aus dem untergegangenen Lande
Xantilon mit sicherer Hand und schlug die schlangengleichen Äste
ab, die zuckend am Boden liegenblieben, ehe sie zu Schatten wurden,
die sich mit der Dunkelheit vermählten.
Die schmale Straße führte genau auf ein Tor, das weit
offenstand, dahinter lag ein ausgedehnter Park. Deutlich zu erkennen
war ein einstöckiges, verschachteltes Gebäude mit kleinen
beleuchteten Fenstern.
Das Ganze sah anheimelnd aus.
»Aber das ist es nicht«, bemerkte Björn, seine
Gedanken laut aussprechend. »Die Gemütlichkeit ist
vorgetäuscht, die Ruhe beängstigend!«
Er und Rani standen nebeneinander. Der Koloß von Bhutan
hatte seine Hand ruhig auf dem Hals der Tigerkatze liegen, die
angespannt und leicht geduckt einen halben Schritt über seine
Standortgrenze hinausragte.
Björn, auf das Schwert des Toten Gottes gestützt, wandte
nicht den Blick von dem Landhaus.
»Dieses Haus habe ich gesucht«, murmelte er. »Es
stand im Mittelpunkt dessen, was ich in der Kugel noch erkennen
konnte. Das Tor kommt mir vor wie ein weit aufgerissenes Maul, der
Park und das Haus dahinter wie ein Schlund, der uns aufnehmen
soll… der Augenblick der Konfrontation mit dem mächtigen
Magier ist gekommen. Rani. Ich habe mir die Begegnung anders
vorgestellt. Du kannst es dir noch überlegen, ob du mitkommen
willst. Das Risiko, von dort nicht mehr lebend herauszukommen, ist
groß. Ich kann nicht anders, ich muß hinein. Ich
muß wissen, warum Abraxas eine solche Macht verliehen bekam und
woher er sie holte. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich
in einem früheren Leben das alles schon mal erlebt, in
ähnlicher Form. Der Kampf gegen Zauberer, böse Mächte,
feuerspeiende Drachen, abtrünnige Priester und
Dämonen.«
Er fühlte die innere Unruhe und folgte der Stimme seines
Blutes. Mahay zögerte nicht eine einzige Sekunde.
Er gehörte an die Seite dieses Mannes. Auch in seinen Adern
floß das Blut der Menschen des alten Xantilon, die gegen das
Böse und gegen Unrecht gekämpft hatten, und von denen es
noch mehr auf der Welt gab, die überall verstreut lebten, die
man jedoch erst finden mußte.
Unheimliche Stille herrschte, als sie den Weg zum Haus gingen.
Es war, als ob sogar die Natur den Atem anhalte.
Es schien ihnen, daß sie von allen Seiten belauert
würden. Rani Mahay stellte fest, daß Chitra voller Unruhe
war und er seine Mühe hatte, sie unter Kontrolle zu halten.
Die Augen der Raubkatze glühten wild, und ihr Kopf war in
ständiger Bewegung.
Sie gingen schnurstracks auf den Eingang zu.
Björn war gespannte Aufmerksamkeit, Mahay nicht minder.
Über dem Eingang brannte eine schmiedeeiserne Lampe. Die
Tür stand weit offen.
»Nur nicht zögern, meine Herren«, sagte laut und
deutlich eine hallende Stimme von innen, und ein sarkastisches Lachen
folgte den Worten. »Wir haben hier schon auf Sie
gewartet.«
Echoartig hallten die Worte aus dem Haus, erfüllten die
stille, klare Luft und verebbten.
Björn ging voran, den Schwertgriff fest umfassend.
Was führte Abraxas im Schild? Warum hatte er diese Falle
aufgebaut?
Ein Zeichen von Schwäche oder von Stärke?
Björn Hellmark, der Feind der Dämonen und aller
finsteren Mächte aus dem Jenseits und dem Diesseits, stieg die
schmalen Treppen empor. Sein Blick fiel durch die weit geöffnete
Tür, durch den großen, mit alten Waffen, Bildern und
mannsgroßen Skulpturen verzierten Vorraum und in den
nachfolgenden großen
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