Macabros 029: Marabur - Herr der Wahnsinnshallen
verkrampfte Hände und
zogen sich langsam in die Höhe.
Auf der anderen Seite des Sandhügels lauerte jemand.
*
Thomas R. Slayton klappte die Unterschriftmappe zu und reichte sie
an die neben dem wuchtigen Schreibtisch stehende Sekretärin.
»Ist das alles für heute, Miss Lawfield?«
»Ja, Mister Slayton.«
Der Bankier nickte. »Fein, dann hätten wir es ja wieder
mal geschafft. Bringen sie die Post noch auf den Weg!«
Er warf einen schnellen Blick auf die Uhr, während Miss
Lawfield lautlos wie ein Schatten im Vorzimmer verschwand.
Slayton legte Wert darauf, gerade montags pünktlich aus dem
Büro zu kommen. Einmal in der Woche fand ein Bridgeabend statt.
Abwechselnd gingen diese Zusammenkünfte mal bei diesem, mal bei
jenem Freund über die Bühne.
Diese Abende mochte er sehr. Sie entspannten ihn. Daran waren
nicht nur die Kartenspiele schuld. So richtige Bridgeabende waren das
eigentlich gar nicht mehr, zu denen sie sich trafen. Das war nur
anfangs der Fall gewesen.
Jetzt hatten die Abende, zu denen sich jeweils sieben Leute
trafen, mehr Clubcharakter. Der jeweilige Gastgeber sorgte für
eine gute Mahlzeit, für gute Getränke und für
Unterhaltung. In den sich dabei entwickelnden Gesprächen wurde
politisiert, wurden die neuesten Witze weitergereicht und über
die letzte Entwicklung auf dem Geld- und Devisenmarkt gesprochen. Es
gab kein Thema, das man ausnahm. Man redete auch über die Frauen
– und manchmal nahmen auch Frauen an diesen Herrenabenden teil.
Doch es handelte sich dabei grundsätzlich nicht um die Ehefrauen
der fünf gestandenen Männer. Zwei aus der Gruppe waren
ohnehin unverheiratet. Und wenn die Reihe an diesen Gastgebern war,
wurden die Bridgeabende stets besonders amüsant. Da hatte man
schon Hostessen und Call-Girls eingeladen.
Striptease-Tänzerinnen und andere Unterhalterinnen, und niemand
war bisher auf den Gedanken gekommen, daß die Bridgeabende im
Haus der beiden Junggesellen eine ganz andere Atmosphäre hatten,
als wenn ein verheirateter Gastgeber an der Reihe war und die
betroffenen Ehefrauen – wenn auch abwesend – unvermutet
auftauchen konnten.
Thomas R. Slayton war neunundvierzig Jahre alt. Er war Bankier der
»Union Bank« und hatte diesen Posten seit Jahren inne.
Slayton, ein jovialer Mann mit glattgescheiteltem Haar,
Brillenträger, stets gutrasiert und nach einem dezenten, nicht
gerade billigen Männer-Eau-de-Cologne duftend, war allseits
beliebt. Als hiesiger Filialleiter stand er im hohen Ansehen bei
seinen Vorgesetzten, seine eigenen Untergebenen wiederum mochten ihn
wegen seiner menschlichen Art.
Slayton ordnete alles fein säuberlich auf seinem
Schreibtisch, warf einen flüchtigen Blick in den Terminkalender
für den morgigen Tag und war mit der Aufteilung zufrieden. Seine
Sekretärin belegte die nach den Bridgeabenden folgenden
Dienstage nie so sehr wie die anderen Tage. Das hatte sich bestens
eingespielt.
Der Kalender auf seinem Schreibtisch zeigte den 6. Januar.
Ein klarer, viel zu milder Wintertag ging zu Ende.
Slayton stand noch eine Weile versonnen hinter der Panoramascheibe
seines im dreizehnten Stockwerks liegenden Büros und starrte
über das markante Häusermeer New Yorks.
Dann ging er zum Lift und ließ sich nach unten tragen. Vor
dem Bankgebäude standen schon der chromblitzende Ford und sein
Chauffeur bereit, der bei seiner Annäherung die Tür
aufriß und ihn freundlich begrüßte.
Danach setzte sich der Chauffeur hinter das Steuer und startete
den Wagen, ohne ein Wort zu verlieren.
Die Club-Abende wiederholten sich in einem ganz bestimmten
Rhythmus. John, der Chauffeur, kannte die einzelnen Ziele. Nur wenn
sich unverhofft etwas änderte, weil ein Mitglied des
Bridge-Clubs plötzlich umdisponieren mußte, änderte
sich etwas im Rhythmus. Aber das teilte ihm Thomas R. Slayton dann
schon mit.
Der Bankier lehnte sich wohlig zurück und entspannte
sich.
Der heutige Abend sollte bei Jeff Mills stattfinden. Mills war
Junggeselle und wohnte in einem kleinen Haus rund vierzig Meilen
außerhalb der Riesenstadt. Er verdiente sich als Manager die
nötigen Brötchen und vermittelte Künstler von Funk und
Fernsehen für Auftritte bei Vereinen, im Privatbereich, zu
Modenschauen und ähnlichem. Mills hielt sich normalerweise sonst
auch länger in seinem New Yorker Büro auf, doch an den
obligaten Montagen kehrte er seinem Domizil stets früher den
Rücken.
Slayton mußte sich im stillen eingestehen, daß Jeff
Mills stets die besten Einfalle
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