Macabros 032: Kreatur der Verdammnis
hatte nur ihr Bild gesehen. Sie war groß und
schön, und ihre Haut hatte einen bronzefarbenen Schimmer.
Die Frau lächelte.
»Und Sie sind – Björn Hellmark!« Ihre Stimme
klang angenehm dunkel. Ein flüchtiges Lächeln zuckte um
ihre schön geschwungenen Lippen, und Macabros stellte fest,
daß sie trotz dieses Lächelns nicht ganz glücklich
aussah. »Ich habe Sie sofort erkannt. Arson hat viel und oft von
Ihnen erzählt.«
Amina erkannte nicht, daß in Wirklichkeit nicht. Hellmark,
sondern dessen Zweitkörper vor ihr stand, und Macabros sah
keinen Grund, sie darauf hinzuweisen.
»Er hat es also geschafft! Sein großer Wunsch, Sie
– und den Jungen…« Hier zögerte er und
beobachtete genau die Reaktion seines Gegenüber.
»Ja, auch den Jungen«, nickte die schöne Amina,
»Taaro befindet sich im Zeitschiff.«
Sie bat ihn, vollends einzutreten. Der Duft eines feinen
Parfüms schlug ihm entgegen.
»Arson hat so gehofft, daß Sie und Ihre Freunde mit dem
Leben davonkommen, und er hat gleichzeitig davor Angst
gehabt.«
»Angst?« wiederholte Macabros, als hätte er nicht
richtig gehört.
»Wo sind Ihre Freunde letzt?« Amina reagierte mit einer
Gegenfrage, und die kam so schnell, als wolle sie ihm gar keine Zeit
lassen, über ihr Verhalten nachzudenken.
»Sie warten abseits. Wir wußten schließlich
nicht, ob der Angriff der Dämonen nicht auch das Schiff
getroffen hätte…«
»Eben das ist es, wovor Arson Angst hatte. Kommen Sie,
Björn, ich muß Ihnen etwas zeigen!«
Sie führte ihn in die Kommandozentrale. Im Innern der
silbernen Kugel fühlte man sich sofort heimisch.
Amina seufzte. »Arsons großer Wunsch ging in
Erfüllung – er hat uns wieder gefunden und hierher in
Sicherheit gebracht. Aber es scheint, als hätten es die
Dämonen darauf angelegt, unsere Freude nur in Entsetzen
umwandeln zu können. Als Arson mit uns hierher kam, Björn
– waren die wichtigsten Instrumente und Geräte
zerstört. Das Zeitschiff ist nur noch ein Wrack und nicht mehr
benutzbar.«
*
Es klang wie ein Urteil – und war eines!
»Wie war das nur möglich?« preßte Macabros
hervor. Er blickte auf die offene Schaltwand. Kabel und Drähte
waren dort in sinnverwirrender Anordnung verknüpft. Neue
Verbindungen waren geschaffen worden. Deutlich waren diese Stellen zu
erkennen. Kein Lämpchen glühte, kein Bildschirm befand sich
in Betrieb. »Dämonenwerk?«
»Nein, Menschenwerk. Arson glaubt, daß ein junger Mann
namens Kima, den er tot vor dem Zeitschiff fand, dafür
verantwortlich zu machen ist. Kima war sicher zu einem
Abhängigen geworden und wußte nicht mehr, was er tat.
Arson hat alles versucht, die Maschinerie wieder in Gang zu bringen.
Es war ihm nicht mal möglich, einen Rettungsruf abzusetzen.
Nicht nur die Elektronik ist hin, auch der gesamte Funkmechanismus.
Seit Monaten setzt er alles daran, eine Reparatur durchzuführen.
Vergebens! Das Schiff ist eine tote, leere Hülle und bietet uns
nur noch Schutz vor dem direkten Eindringen der Dämonen und vor
der Unbill des Wetters. Es taugt nicht mehr, seiner wahren Aufgabe
gerecht zu werden.« Amina atmete tief durch, und ihr Gesicht war
von Angst und Sorge gekennzeichnet. »Es tut mir leid. Sie das
wissen zu lassen, Björn. Aber – es sind die
Tatsachen.«
Er legte die Hand auf ihre Schulter. »Wie muß es Arson
erst zumute sein«, flüsterte er bedrückt.
»Umsonst – für euch alles umsonst. Wo ist der
Junge?«
»Er schläft. Er weiß nichts von alledem.«
»Wo befindet Arson sich?«
»In seiner Kabine. Auch er schläft. Aber es ist kein
gewöhnlicher Schlaf. Er hat ihn künstlich
herbeigeführt, um einen letzten Versuch zu wagen. Er wartet auf
den prophetischen Traum.«
*
Und er träumte den Traum, auf den er gewartet hatte.
Arson, der Mann mit der Silberhaut, lag da, als wäre alles
Leben aus seinem Körper gewichen. Er atmete kaum.
Hinter den geschlossenen Augen sah er die farbenprächtigen,
beeindruckenden Bilder. Und jedes Detail darin war wichtig.
Arson wußte sehr wohl seine normalen Träume von jenen
prophetischen zu unterscheiden, zu denen er fähig war, weil er
einst an einem verborgenen, geheim gehaltenen Ort den Schicksalsbaum
aufsuchte und sein Gelübde ablegte. Aminas und Taaros zuliebe
war er eine Verbindung eingegangen, die sich als gefährlich
erweisen konnte. Je öfter er auf die prophetischen Träume
zurückgriff, um einen Blick in die Geschehnisse zu gewinnen, die
unmittelbar vor ihm lagen, desto größer war
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