Macabros 034: Galeere des Grauens
Zimmer
einschloß. Die Nerven, sagte ich mir. Es sind nur die
Nerven… Ich hatte den Wunsch, mit anderen Menschen über
das, was hier geschehen ist, zu sprechen. Aber ich sagte es nicht mal
Captain Santville…«
»Warum nicht?«
»Aus Angst, er könnte mich auslachen.«
Ed Gilmore erhob sich. Er bot May Jefferson eine Zigarette an,
steckte sich selbst eine zwischen die Lippen und flammte die
Stäbchen an.
»Ich werde Ihnen helfen, May. Zeigen Sie mir, wovor Sie Angst
hatten! Alles, was Sie belastet, werde ich Ihnen abnehmen.«
»Die Tonfigur… man darf sie nicht
berühren.«
»Dann werde ich einen Stock nehmen und sie damit zu Boden
schleudern – wenn Sie das wollen.«
May Jefferson sah ihn groß an. Er stand genau vor ihr, mit
dem Rücken zu dem großen Fenster.
Draußen dämmerte es.
Da wurden die Augen der jungen Witwe unnatürlich
groß.
»Ed!« schrie sie plötzlich. »Da – am
Fenster…!«
Er wirbelte herum und sah gerade noch einen Schatten zur Seite hin
davon huschen.
»Da draußen ist jemand, der uns die ganze Zeit
über beobachtet hat.«
Gilmore riß seine Waffe heraus, lief zur Terrasse und zog
die Glastür zur Seite.
Er lief in den Garten, durchsuchte sämtliche Hecken und
Sträucher, das Gerätehaus in der Nähe des
Swimmingpools und nahm sich alle dunklen Ecken vor, die eventuell als
Versteck hätten dienen können.
Er durchkämmte den ganzen Garten. Doch ohne Erfolg.
Ed Gilmore fand niemand und kehrte ins Haus zurück.
*
»Offenbar haben wir uns beide getäuscht«, meinte
er.
May Jefferson war blaß. »Nein! Ich habe es ganz
deutlich gesehen!«
Sie war ängstlich und wurde erst ruhiger, als sie zu zweit
durchs Haus gegangen waren und sämtliche Fenster und Türen
überprüft hatten. Alles war fest verschlossen.
Dann erst holte sie die Schlüssel aus einer verschlossenen
Schreibtischlade und ging Ed Gilmore in den Keller voran.
Hier unten lag der Raum, den Percy Jefferson seit über einem
Jahr ständig benutzte und von dem seine Frau nicht zu sagen
vermochte, was sich hinter dessen Tür befand.
*
Er flog durch die Luft und gab dabei seinem Körper einen
Ruck, daß er sich blitzschnell um seine eigene Achse drehte und
nicht mit dem Gesicht, sondern mit dem Rücken in dem
blühenden Gebüsch landete. Unter dem dichten Blattwerk
zischte und raschelte es.
Lavans Herzschlag stockte: ein Wildschlangen-Nest! Es befand sich
genau unter dem Busch. Lavan war ein erfahrener Kämpfer und
wendig. Nicht umsonst hatte ihn sein Fürst mit dieser geheimen
und äußerst gefahrvollen Mission betraut. Wenn einer es
schaffen konnte, dann Lavan. Er war ein Einzelkämpfer, der der
Unbeweglichkeit und dem Aufwand eines großen Heeres vorzuziehen
war.
Unter ihm ringelten sich die Schlangen – vor ihm waren die
drei Dämonischen, die blitzschnell näherkamen.
Lavan, der Abenteurer, war es gewohnt, schnell zu reagieren.
Aber die Schlangen, das wußte er, waren noch schneller.
Zischend stiegen die dunkelgrünen, armdicken Leiber neben ihm
empor. Er kam nicht mehr dazu, das Schwert zu greifen und sich zum
Kampf zu stellen. Die glitschigen Körper schnellten auf ihn
zu.
Wildschlangen waren nicht giftig. Die Gefahr, die von ihnen
ausging, lag in ihrer Kraft. Diese Viecher schienen nur aus
Muskelfleisch zu bestehen. Sie umschlangen ihre Gegner und
erdrückten sie, und es gab kein Beispiel dafür, daß
ein Mensch, der jemals in ihre Gewalt geriet, sich wieder befreit
hatte.
Zack… zack… ging es. Da legten sich die grünen
Leiber wie Zangen um seine Oberarme, eine dritte Schlange um seinen
Leib.
Pfeifend entwich die Luft aus Lavans Lungen.
Er spannte seine Muskeln an. Das Blut rauschte in seinen Ohren,
sein Herz schlug wie rasend.
Er wurde wie von einer Riesenfaust emporgerissen und kam auf die
Beine, ohne daß er es selbst wollte. Die sich aufrichtenden,
grünen Muskelstränge hatten die Kontrolle über seinen
Körper gewonnen.
Verzweifelt bemühte er sich, wenigstens einen seiner Arme
freizubekommen, um sein Schwert doch noch ziehen zu können.
Seine Muskeln spannten sich, Schweiß bedeckte sein
Gesicht.
Vergebens waren seine Anstrengungen.
Er war hilflos wie ein Neugeborenes. Schwankend stand er auf den
Beinen. Die drei Wildschlangen beherrschten ihn. Er merkte, wie die
Kraft in seinen Armen wich, wie seine Muskeln erlahmten. Vor seinen
Augen entstand wirbelnder Nebel, und er hatte Mühe, den Schleier
noch mit seinen Blicken zu durchbohren.
Er taumelte, konnte aber
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