Macabros 034: Galeere des Grauens
wußte niemand.
Und noch mehr beschäftigte ihn und zeigte ihm, wie
zerbrechlich Zufall und Schicksal sein konnten. Was wäre
passiert, wäre er statt Lavan ein anderer gewesen?
»Wir können es nur erraten«, sagte Amana. »Die
Figuren des Schicksals sind in diesem Fall für uns auf eine
günstige Position geschoben worden. Im anderen Fall wären
die Kaythen Dämonen geblieben, und die göttlichen
Kräfte, die einst die gesamte Welt hier beeinflußten,
wären niemals wieder freigesetzt worden. Du hast als Lavan die
Oberhand gewonnen, du hast Ganthur-Vo keine Chance mehr gelassen. Das
war euer – und unser Glück. Wir wollen nicht darüber
nachdenken, was sein könnte, wärt ihr – zufällig
– in andere Hollen geschlüpft.«
Björn hörte das und mußte dabei unwillkürlich
noch an etwas anderes denken.
Außer dem Schicksal, den Göttern und den
abtrünnigen Priestern hatte noch jemand eingegriffen: Al Nafuur,
sein großer, unsichtbarer Freund.
Ohne seine Hilfe wäre das alles ganz anders ausgegangen.
Er mußte an die Mitteilung denken, die er im Schlaf erhielt,
als er überzeugt davon war, eine Person namens Hellmark nur zu
träumen. Er mußte daran denken, daß der Kopf der
Cavhs-Statue allen Gesetzen zum Trotz in die entgegengesetzte
Richtung rutschte, damit sein Arm frei wurde und er das Auge des
Schwarzen Manja aus dem Versteck holen konnte.
Sie begriffen immer mehr. Sie hatten die Kaythen aus einer Art
geistiger Gefangenschaft zurückgeholt und eine neue Zeit brach
hier an, von der noch niemand zu sagen wußte, was sie alles
brachte.
Sicher aber war eines: durch Lavan-Hellmarks Eingreifen – war
Molochos und seinen Schergen etwas genommen worden. Würden sie
das einfach so dahinnehmen?
Björn und Rani, die die Dämonen kannten, bezweifelten
das.
Sie hatten eine Schlacht gewonnen, aber noch keinen Krieg.
Hier auf der Insel hatten sie alles, was sie zum Leben brauchten.
Das war schon etwas. Die größte Sorge aber konnte ihnen
auch Amana nicht abnehmen. Es gab keine Möglichkeit, diese
jenseitige Parallelweit zu verlassen.
»Unsere Besten werden sich mit diesem Problem befassen«,
tröstete Amana sie. »Solange seid ihr Gast in dieser Burg,
auf dieser Insel. Ich bin sicher, daß sich eine
Möglichkeit finden wird. Aber wann – das kann ich euch
nicht sagen.«
*
May Jefferson stellte die Pappbecher und die Sandwiches auf den
Küchentisch und näherten sich dann wie von einem Magnet
angezogen der Kellertreppe.
Von hier oben aus sah sie Dyan Santville, der an der Tür
lehnte und bleich und erschreckt auf den toten Judge starrte. Er
machte einen Schritt hinein in den unheimlichen Kellerraum. Wie eine
Marionette kam May Jefferson nach unten.
Die Anwaltswitwe näherte sich wie betäubt der Tür
und atmete tief durch. Sie wollte etwas sagen, von dem
schwarzgekleideten Fremden, der Judge ermordete, aber ihre Stimme
versagte ihr den Dienst.
Langsam drehte sie den Kopf und blickte um den
Türpfosten.
Sie war erfüllt von Angst und Neugier und einem Gefühl
stumpf er Gleichgültigkeit, so daß sie fürchtete, den
Verstand zu verlieren.
Da tauchte ein Schatten vor ihr auf.
May schrie.
Dyan Santville stand vor ihr. Auch er, weiß wie eine
Kalkwand.
»Kommen Sie, Misses Jefferson, das ist nichts für
Sie…«
»Was… ist… passiert?« stotterte sie. »Was
ist mit Ed Gilmore? Wo ist der schwarze – Mann?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nicht
gesehen.«
»Aber er war da. Ich habe… ihn beobachtet… wie er
Ihrem… Assistenten das Beil… in die Brust
schlug…!« Sie schluchzte.
Er brachte sie nach oben, rief einen Arzt an, telefonierte mit
seiner Dienststelle und berichtete vom Tod seines Assistenten Judge
und Ed Gilmores.
»Eine komische Geschichte«, berichtete er, und May
Jefferson nahm seine Stimme wie durch eine Wattewand wahr. »Das
gleiche wie bei dem Anwalt… sie sind beide kohlschwarz… und
man hat sie totgeschlagen… mit einem Beil. Gilmore lag unter
einem Spielbrett, das so groß wie eine Tischtennisplatte ist,
Bill… gleiche Verletzung sie bei Judge. Das Merkwürdige:
niemand ist offenbar im Haus, niemand ist mit Gewalt eingedrungen.
Wir hätten da etwas sehen müssen, wir haben die ganze Nacht
auf der Lauer gelegen. Neben Gilmore habe ich eine Tonfigur gefunden,
die er offenbar in einem Wutanfall zerschlagen hat. Der Raum ist
übersät mit Papieren und Akten. Wir werden das alles
sichten. Schick’ mir noch ein paar Leute her, Bill! Ach ja, und
da ist noch
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