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Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Titel: Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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gezogen hatte.
    Davon konnte sich auch die Polizei überzeugen, die zwanzig
Minuten nach Anforderung eintraf. Die beiden Beamten hörten sich
die komische Geschichte an und konnten sich ebensowenig einen Reim
darauf machen wie die Kolleginnen Liane Martens, die
Geschäftsinhaberin und die beiden Zeugen.
    »Menschen können sich nicht in Luft auflösen«,
war der Kommentar eines der Uniformierten.
    Sie schauten in jeder Ecke nach, fragten nach jeder Tür, die
es gab, und kamen zu dem Schluß, daß jegliche
Erklärung für das plötzliche Verschwinden der jungen
Verkäuferin fehlte.
    Der Vorfall führte zu einer Schlagzeile in der Nachtausgabe,
die am frühen Abend den Frankfurtern auf der Straße, an
den Kiosken und im Hauptbahnhof angeboten wurden.
    Die druckfrische Farbe verschmierte noch unter den Fingern der
Leser, die die Zeitung in die Hand bekamen.
    ›Junge Verkäuferin löst sich in Luft auf!‹
    Und darunter: ›Wer hat Liane Martens gesehen?‹
    Das mysteriöse Ereignis sollte nur der Auftakt zu weit
Schlimmerem sein. Doch davon ahnte in der Mainmetropole an diesem
kühlen Maitag niemand etwas.
     
    *
     
    Als die grauen Dämpfe träge, in den trostlosen,
stumpfroten Himmel stiegen, wußte er: ich bin zu Hause. Dies
ist meine Heimat. Ich bin Mirakel. Ich habe nur geträumt vom
Leben eines Mannes, der sich Frank Morell nennt, in Frankfurt wohnt
und als Konstrukteur in einer kleinen Firma tätig ist.
    Er stand mitten auf der Straße. Mächtige Platten
breiteten sich unter seinen Füßen aus. Der Untergrund war
schwarz-braun und darunter flirrte und schimmerte es, als bahne ein
riesiger unterirdischer Fluß sich seinen Weg durch das
kristallene Gestein.
    Doch er wußte, daß dieser Eindruck täuschte. Es
gab keine Flüsse mehr. Schon lange waren die letzten Quellen
versiegt. Auch die Quellen des Lichtes, aus denen sie die Kraft
schöpften, waren nicht mehr stark genug, das Volk noch zu
nähren, den hochentwickelten Organismus mit kosmobiologischer
Kraft aufzufüllen.
    Tödliche Stille lastete über dem Ort, an dem er
stand.
    Hinter den fernen Nebeln erblickte er die Umrisse der sterbenden,
unter glimmernder, riesiger Sonne liegenden Stadt.
    Tala-Mar.
    Hier lebten die Freunde, die Eltern… hier hatten sie gelebt,
verbesserte er sich selbst in Gedanken.
    Er würde keine lebende Seele mehr finden. Er war als einziger
heimgekehrt.
    Warum?
    Er wußte es nicht – und blickte an sich herab. Sein
Körper war umhüllt von einem rubinroten, eng anliegenden
Gewand, das ihn wie eine zweite Haut umhüllte. Er trug hohe,
goldschimmernde und weiche Stiefel, in denen sein Schritt federnd und
leicht erfolgte. Seine Hände waren umschlossen von langen
Stulpenhandschuhen, die ebenfalls goldfarben waren.
    Auf seiner linken Brustseite befand sich ein Symbol, das sich hell
und strahlend von dem roten, geschmeidigen Stoff abhob. Dort prangte
das Abbild eines handtellergroßen Kristalls, der aus einer
flachen Scheibe, die man in der Mitte geteilt hatte,
herausgeschnitten zu sein schien. Sieben hell flammende
Strahlenbündel stachen wie Dornen aus dem geheimnisvollen
Kristall.
    Das war das Zeichen der Dykten, denen er angehörte, jener
Rasse, die aus dem Kosmos ihre Kraft schöpfte, für die es
keine Ernährungs- und Entwicklungsprobleme mehr gab, die den
Höhepunkt der kosmischen Erkenntnis erreicht hatte, weil sie die
Verbindung zum reinsten Geist des Universums fand.
    Und doch waren Glück, Frieden und Freude zerstört
worden. Tala-Mar selbst legte Zeugnis ab davon, daß die
Verbindung zu jener Geisteskraft abgerissen war.
    Die Welt lag im Sterben. Eine kosmische Katastrophe löschte
sie aus.
    Aber war das wirklich die ganze Wahrheit?
    Während er so da stand und die ferne Stadt als Silhouette
wahrnahm, hörte er das trockene Knistern. Es hörte sich an,
als ob Glas zerspringe.
    Er richtete den Blick nach links, woher die Geräusche
kamen.
    Neue Risse zeigten sich in den gigantischen Platten, und die Fugen
zwischen ihnen verschoben sich.
    Unwillkürlich ging ein Ruck durch den Körper des Mannes
mit der rubinroten Kleidung, und seine Muskeln spannten sich.
    Dumpfes Knirschen erscholl aus der glosenden Tiefe unter seinen
Füßen. Mehrere Fugen dehnten sich so weit auseinander,
daß regelrechte Abgründe entstanden, in denen ein
ausgewachsener Mensch ohne Schwierigkeiten hätte versinken
können.
    Mensch? Wie kam er auf Mensch? Er war doch ein Dykte…
    Mirakel ging drei Schritte vor. Dumpf und hohl klang es unter
seinen Füßen,

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