Macabros 060: Dwahls Hirnpuppen greifen an
daß der
Rücken des Inders mit klaffenden Wunden übersät war.
Die Verletzungen sahen aus wie Schnabelhiebe, als ob riesige
Vögel versucht hätten, ihm das Fleisch von den Rippen zu
hacken.
Wie kamen diese frischen Wunden zustande?
Es schien, als hätte Mahay die Gedanken des Freundes
erraten.
»Die Hirnpuppen, Björn… nimm dich in acht vor den
Hirnpuppen… sie sind hinter mir her, sie wollen nicht, daß
ich Dwahl finde… niemand soll ihn finden… sie werden immer
mehr. Man traut sich nicht mehr einzuschlafen aus Angst – sie
kommen und kriechen wie Würmer in deinen
Körper…«
*
Er wollte noch mehr sagen, aber seine Kräfte verließen
ihn. Er schien sich in Sicherheit zu wiegen und in seinem fiebrigen
Zustand zu begreifen, daß ihm in Hellmarks Nähe nichts
mehr passieren konnte, daß Hellmark den Weg in die vertraute
Welt kannte.
Mahays Kräfte versagten, sein überstrapazierter
Organismus forderte sein Recht.
In Björns Kopf rasten die Gedanken wie ein immer schneller
sich drehendes Karussell.
Hirnpuppen? Dwahl? Wie war Rani an die Informationen gekommen?
Welch rätselhaftes Geschehen hatte sich hier in der
jüngsten Vergangenheit dieser seltsamen Dimension
abgespielt?
Fragen über Fragen – und keine Antworten.
Er trug den vor Schwäche und Fieber ermatteten Freund
zurück in die Bucht der Leichenpilze und steuerte auf den
sogenannten »Elefantenfuß« zu, wie jenes
merkwürdige Gebilde von ihnen bezeichnet worden war, das wie ein
Mittelding zwischen einem knorrigen Baumstamm und einem gewachsenen
Felsen aussah. Von hier aus gelangte er direkt in das unterseeische
Reich Oceanus’. Hellmark verdoppelte sich, und Macabros
übernahm den kranken Inder. Ein Gedankenimpuls – im
nächsten Moment war Macabros und mit ihm Rani Mahay
verschwunden.
Nur wenige Minuten später wunderte sich ein gewisser Dr.
Rogan, in Pompano, runde zweihundert Kilometer südlich Miami,
daß zu vorgeschrittener Stunde seine Haustürklingel
ging.
Dr. Dick Rogan hatte eine kleine Arztpraxis am Rand der Stadt.
Absichtlich hatte Hellmark in Gedanken einen Ort gewählt, der
etwas abseits vom großen Getriebe lag.
Es war ein Uhr nachts.
Rogan war nach dem ersten Klingelzeichen sofort hellwach.
Beim zweiten Klingelzeichen war er bereits an der Tür.
»Ja, bitte?« fragte er gewohnheitsgemäß.
Schließlich konnte man nie wissen, wer nachts auf anderer Leute
Klingelknöpfe drückte. Es brauchten nicht immer Patienten
zu sein, die dringender Hilfe bedurften. »Wer ist da?«
»Mein Name ist Hellmark. Bitte öffnen Sie, Doc. Ich habe
einen Verletzten, er braucht dringend Hilfe.«
Rogan zog den Riegel zurück und öffnete. Im Lichtschein
vor dem Haus stand ein blonder sportlich aussehender Mann, der etwas
von einem Wikinger an sich hatte. Auf den Armen lag ein Mann,
kahlköpfig, trotz seines deutlich von Schwäche
gekennzeichneten Körpers ein wahrer Riese, breitschultrig und
muskulös. Der Mann war ein Inder.
»Was ist los? Was hat er?« Rogan fragte zunächst
nicht nach dem Namen und der Herkunft seiner nächtlichen
Störenfriede. Er ließ Hellmark sofort in den
Behandlungsraum. Macabros legte Rani auf die mit einem Gummilaken
überzogene Liege. Der Inder bekam davon nichts mit.
»Sein Name ist Rani Mahay, Doc. Wir befinden uns auf einer
Expedition ganz eigenwilliger Art. Ich kann Ihnen darüber nichts
erzählen. Sie würden die Geschichte doch für reichlich
phantastisch halten. Die Hintergründe dürften Sie auch nur
am Rande interessieren. Sehen Sie sich das an!«
Rani lag auf der Seite. Als Dr. Rogan die Wunden sah, wurde er
blaß, und alles, was er sagen und fragen wollte, wurde
unwichtig. »Wie ist denn das passiert?« fragte Dick Rogan
leise.
Macabros zuckte die Achseln. Der Arzt konnte nicht ahnen,
daß dieser Mann, mit dem er sich unterhielt, so etwas wie ein
Geist war, daß dieser Körper aus einer feinstofflichen,
ätherischen Substanz bestand und nicht aus Fleisch und Blut.
»Die Verletzungen hat er sich nicht auf dieser Seite der Welt
geholt, Doc. Glauben Sie an übernatürliche
Ereignisse?«
»Ich weiß nicht…«
»Ich sprach vorhin von einer nicht alltäglichen
Expedition. Wenn man auf dieser Seite der Welt forscht, hat man
wenigstens noch die Aussicht, von seinem Gesprächspartner
ernstgenommen zu werden. Haben Sie jemals in Ihrem Leben einen Roman
von H.G. Wells gelesen? Vielleicht kennen Sie ›Die
Zeitmaschine‹?«
»Ich kenne jeden Roman von Wells. Als Junge habe ich
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