Macabros 060: Dwahls Hirnpuppen greifen an
Mundwinkeln.
Hinter Hellmark schrien Menschen auf.
Sie lösten sich aus der Dunkelheit und den Nischen.
Astrid Reven und Charles Brighton! Sie waren beide Zeuge des
Gesprächs zwischen Björn und Dwahl geworden und hatten
offenbar mitbekommen, was erst kurz zuvor hier in dieser Höhle
gegen Dwahls Willen und doch von ihm selbst provoziert abgespielt
hatte. Sie flohen in die Höhle, hatten keinerlei Vorstellung
über ihre weitere Zukunft in dieser Welt und taten doch alles,
um ihr nacktes Leben zu retten und zu bewahren.
Der Gigant riß die Hand empor. Das alles ging blitzschnell.
Aber diesmal reagierte Hellmark eine Hundertstel-Sekunde schneller.
Der Armreif Velenas rutschte wie von selbst über sein Armgelenk.
Gleichzeitig eine kurze Drehung.
Er selbst merkte keine Veränderung. Mechanisch und
geistesgegenwärtig sprang er seitlich aus dem Gefahrenbereich,
um nicht unter der nach unten klatschenden Hand wie eine Fliege
zerquetscht zu werden.
Dwahls Gigantenhirnpuppe stutzte. Ihr Brüllen wandelte sich
um in ein enttäuschtes Knurren, das die Luft erzittern
ließ. Auf halber Höhe kam die gewaltige Klaue ruckartig
zum Halten.
Das Monster nahm das Wesen nicht mehr wahr, das es vernichten
wollte.
Björn Hellmark war unsichtbar! Ohne selbst wahrgenommen zu
werden, konnte er alles verfolgen und beobachten und war frei
beweglich.
Dwahl lag am Boden. Der Körper des Priesters dampfte.
»Töte… mich, Kaphoon-Björn«, bat er mit
schwacher Stimme. »Gegen die Hirnpuppen – kannst du…
nichts ausrichten. Sie sind geistgeborene Geschöpfe…
abhängig von dem veränderten Hirn ihres Erzeugers. Den
Erzeuger mußt du… vernichten… nicht die Brut. Die
vergeht von selbst!«
Hellmark kniete als Unsichtbarer neben dem Mann, der ihm seine
Freundschaft angeboten hatte und dessen Leib, Seele und Geist einer
vernichtenden Zerreißprobe ausgesetzt war.
Töten?
»Der Tod ist unerläßlich, wenn er als Freund
kommt, nicht mit Gewalt als Feind«, widersprach er. Hellmark
umfaßte Dwahls Schultern mit beiden Händen.
»Komm’ zu dir, Dwahl! Nicht weiter absacken, denke
bewußt… vernichte die Brut, die sich deines Körpers,
deiner Seele und deines Geistes bedient.«
»Es geht nicht… Kaphoon-Björn…«
»Hast du nicht selbst gesagt, daß du auch im Fieber
immer wieder versucht hast, deine Schwäche zu
besiegen?«
»Es ist mir nie vollständig gelungen…«
Es war noch bei Sinnen und schlug manchmal die Augen auf. Welch
Fieberglanz!
»Du konntest die Geister aus deinem Bewußtsein
zähmen. Sonst wäre früher das scheinbar Unvermeidliche
passiert.«
»Es ist schließlich… auch passiert… die
beiden Opfer… vergißt du sie ganz?… Die Opfer
›drüben‹, auf der anderen Seite der Welt…das war
kein Traum. Ich konnte die Hirnpuppen… nicht loswerden, nicht
auslöschen… ich konnte sie lediglich…
verdrängen… Molochos’ Wille hält mich wie mit
Stahlzangen umfaßt… er läßt mich nicht
los.«
Die Zeit drängte.
Die Hirnpuppen jagten peitschend durch die Höhlen. Sie
verfolgten die beiden Menschen, die nichts weiter zu verteidigen
hatten als ihr Leben.
Der Gigant brüllte und schlug um sich. Der Luftzug strich
über Hellmark hinweg.
Dwahls Körper war siedendheiß und dampfte. Der
schwarze, hauteng anliegende Anzug klebte auf seinem Leib.
Ein zweiter Gigant entstand, ein dritter. Die Monster wuchsen aus
dem Nichts. Dwahls schizophrener, von Molochos veränderter Geist
produzierte die Unheilbringer wie am Fließband. Dwahls
Bewußtsein war völlig außer Kontrolle geraten.
»Dwahl! Dwahl!« Hellmark rief immer und immer wieder den
Namen des Schwarzen Priesters, in der Hoffnung, ihn aus dem
hypnotischen Fieberschlaf herauszureißen. Die Hirnpuppen
umschwirrten ihn wie ein gewaltiger Mückenschwarm, die drei
Giganten stapften durch die Höhle, sie suchten ihn und begriffen
nicht, daß er vor Dwahl kniete und in die Gegenwart
zurückzurufen versuchte.
Ein gellender Aufschrei!
Er kam aus dem Hintergrund der Höhle.
Astrid Reven! Hellmarks Herz verkrampfte sich.
Gefahr! Die junge Mitarbeiterin war durch Dwahl von einem
furchtbaren Schicksal befreit worden, nur um jetzt auf qualvolle
Weise durch die Hirnpuppen getötet zu werden?!
»Du mußt… mich töten… du hast keine
andere Wahl. Damit vernichtest du die Gefahr und den Tod, der euch
alle bedroht. Nicht nur hier… auch in der Welt, in die ihr
ungehindert zurückgehen könnt. Zögere nicht
länger!«
Astrids Schreie. Sie hallten voller Panik
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