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Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn

Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn

Titel: Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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einen winzigen Spalt, um
einen Blick in den dahinterliegenden Raum zu riskieren.
    Er hatte das, was er sah, eigentlich nicht anders erwartet. Im
Maschinenraum hielten sich drei Ursen auf. Sie waren deutlich in dem
diffusen Licht zu sehen, das von einigen schwachen Birnen
stammte.
    Die Ursen waren so sehr beschäftigt, daß sie den
Beobachter von draußen nicht bemerkten.
    Unauffällig zog Mahay die Tür wieder ins Schloß
und lief den Korridor entlang, in dem es nur eine einzige Tür
gab.
    Auch die ließ sich öffnen. Dahinter lag ein
verhältnismäßig großer Laderaum, der
stockdunkel war. In ihm gab es weder Luke noch Bullauge.
    Der Inder suchte die Menschen, die an Bord geschafft worden waren,
und die beiden Trödler, die nicht wieder zu dem Eselskarren
zurückkehrten.
    Hier unten – fand er sie…
    Mahay wäre fast über den ersten gestolpert. Nur einen
Schritt vom Eingang entfernt, lag ein längliches,
verschnürtes Paket am Boden. Ein in Planen eingehüllter
Mensch!
    Der Inder tastete nach der kleinen Taschenlampe, die er stets bei
sich trug. Sie war nur so groß wie sein kleiner Finger und
spendet minimales Licht. Doch es reichte, um sich einen Eindruck von
dem zu verschaffen, was er hier unten entdeckte.
    Der dünne Strahl wanderte lautlos über den am Boden
Liegenden.
    Der Lichtpunkt verharrte auf der bleichen Gesichtshaut eines
Mannes, der ihm direkt zu Füßen lag.
    Der Mann war bewußtlos. Er hatte die Augen geschlossen und
den Mund fest zugekniffen. Kaum merklich atmete er.
    Mechanisch zog Rani Mahay die Tür hinter sich zu.
    Die Luft war stickig und durchsetzt von Chloroformgeruch,
Schweiß und brackigem, faulendem Wasser.
    Im Licht der winzigen Taschenlampe zählte Mahay insgesamt
sieben Personen, die am Boden lagen. Nicht eng beisammen, der Raum
war groß genug, um weitere zehn Menschen bequem
aufzunehmen.
    Alle, die hier unten lagen, waren in Planen eingewickelt und
verschnürt. Nur die Köpfe waren frei…
    Mahay blickte in bleiche Gesichter, die seltsam maskenhaft
wirkten.
    Er entdeckte die drei Menschen wieder, die eingewickelt und
verschnürt von den beiden Trödlern zur ESMERALDA gebracht
worden waren. Er fand auch die beiden Trödler. Sie waren
bewußtlos und betäubt wie die anderen.
    Lauter fremde Menschen, bunt zusammengewürfelt vom Schicksal,
die eine Gemeinsamkeit verband: sie waren Opfer der Ursen.
    Aber nicht alle waren ihm unbekannt.
    Der Inder setzte vorsichtig seinen Fuß in den Raum zwischen
den am Boden liegenden Menschen.
    Hinten an der Wand lag ein Mann, den er nur zu gut kannte.
    Überrascht ging Mahay in die Hocke. Als der schmale Strahl
der winzigen Taschenlampe das Gesicht traf, öffneten sich
zitternd zwei Augen.
    Wut, Erschrecken und Ratlosigkeit spiegelten sich in ihnen.
    »Es ist kaum zu glauben«, stieß der Mann heiser
hervor. »Aber Sie haben wahrscheinlich überall Ihre Finger
im Spiel.«
    Der dies sagte, was Capitano Montez. Auch er befand sich in der
Gefangenschaft der fischgesichtigen Ursen.
     
    *
     
    Rani Mahay schüttelte den Kopf und legte den Finger an die
Lippen.
    »Psst, Capitano«, wisperte er. Sein Blick ging über
die anderen hinweg zur Tür, durch die er gekommen war. Er
lauschte. Einen Moment war es ihm gewesen, als hätte er ein
Geräusch wahrgenommen, das wie Schritte klang.
    Aber nein! Da war nichts… Seine überreizten Nerven
spielten ihm einen Streich.
    »Ich hatte mir gewünscht, daß wir uns mal wieder
begegnen«, fuhr Rani wispernd fort. Er hatte seinen Mund dem Ohr
des gefesselten Montez so weit genähert, daß seine Stimme
nur wie ein Hauch klang. »Daß es unter solchen
Umständen geschehen würde, konnte auch ich nicht ahnen,
Capitano. Ich habe – wie mit all den anderen Dingen, die sie mir
unterschieben wollen – nicht das geringste damit zu
tun.«
    »Wenn Sie nichts auf dem Kerbholz haben, dann frage ich mich,
weshalb Sie immer davonlaufen, wenn unsere Wege sich
kreuzen.«
    »Diesmal laufe ich nicht davon. Diesmal bin ich sogar
freiwillig gekommen. Ein Mißverständnis zieht oft das
andere nach sich. Wir hatten nicht genügend Gelegenheit uns
miteinander zu unterhalten. Vielleicht sollten wir das ganz schnell
nachholen. Allerdings nicht hier. Jedes Wort, das wir zusammen
sprechen – kann zuviel sein.«
    Montez sah ihn mit ungläubigem Blick an. Seine erste
Begegnung mit Mahay stand noch so deutlich vor seinem geistigen Auge,
daß er sich an jedes Detail erinnern konnte.
    In der Hotelpension San Christoban in Marbella hatten er und

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