Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn
sieben Augen…
Erregung packte ihn.
Es war ihm prophezeit, daß er sieben Augen des schwarzen
Manja finden müsse, um ein großes Geheimnis Molochos’
zu lösen. Drei der faustgroßen Rubine befanden sich in
seinem Besitz. In seiner Trophäensammlung in der
Geisterhöhle auf Marlos wurden sie aufbewahrt.
Wenn er auf Anhieb vier weitere Manjaaugen erringen könnte,
wäre dies ein gewaltiger Schritt vorwärts. Dann
nämlich hielt er einen Schlüssel in der Hand, der Molochos,
dem Dämonenfürsten, Kraft und Ansehen kosten
würde.
Aber – was war das?
Während sein Aufnahmevermögen weiter eingeschränkt
wurde, entging ihm jedoch nicht die dunkle, offensichtlich
später ausgebesserte Mulde direkt in der Mitte der untersten
Stufe zum Thron.
Dort schimmerte es nicht rot. Hier fehlte etwas. Das Auge des
schwarzen Manja – das erste Siegel, von dem im Zusammenhang mit
der rätselhaften Insel Kh’or Shan die Rede gewesen war?
Dann nahm er überhaupt nichts mehr wahr. Sein Organismus
versagte ihm den Dienst.
Reglos blieb Björn Hellmark an der untersten Treppe zum Thron
liegen.
Um Carminia Brados spielte ein triumphierendes Lächeln.
Sie erhob sich. Wie eine Königin schritt sie eine Treppe nach
der anderen nach unten. Das wallende, durchsichtige, königsblaue
Gewand raschelte leise bei jedem Schritt.
Carminia Brado ging so weit nach unten, daß sie ihren
rechten Fuß auf Hellmarks zusammengesunkenen Körper setzen
konnte.
»Welch ein Sieg«, murmelte sie. »Kaphoon, der
Namenlose, Kaphoon, der Sohn des Toten Gottes – in meinem Reich!
Wer hätte gedacht, daß ich Rha-Ta-N’my und Molochos
jemals dieses großartige Opfer darbringen
könnte…« Triumphierend blickte sie sich in der Runde
um.
Dann nickte sie kaum merklich. »Schafft ihn weg! In den
Tempel. Ich möchte sehen wie Sequus reagiert, wenn er wieder
erwacht.«
Die mit den Kugeln versehenen Schnüre um Hellmarks
Körper wurden strammgezogen. Fünf Feuermenschen aus
Kh’or Shan schleiften ihn wie eine Last über den Boden. Sie
näherten sich dem riesigen, aufgerissenen Maul des Tempels, der
in Form eines Schädels gestaltet war.
Von ihrem Thron aus blickte Carminia Brado, die sich Loana genannt
hatte, den Untertanen nach, die ihren Befehl ausführten.
Björn Hellmark und die Feuermenschen verschwanden in der
wallenden Düsternis.
Was von der Anwesenheit dieses Mannes noch zeugte, war das
einmalige, kostbare Schwert, das in der magischen Flamme eines
Schmiedes auf Xantilon einst gearbeitet wurde.
»Legt das Schwert zu meinen Füßen!
Es ist das Zeichen dafür, daß das Ende des Sohnes des
Toten Gottes gekommen ist.« Carminia Brado sagte es laut und
klar. Ihre Stimme hallte durch den großen, mysteriösen
Vorraum des Tempels.
Vier Feuermenschen waren notwendig, um das Schwert, das für
Kaphoons Hand geschmiedet worden war, aufzunehmen und auf die oberste
Stufe zu legen, wie die Herrscherin es angegeben hatte.
Loana – Carminia nahm ihren Platz auf dem Thron wieder ein
und konnte den Blick nicht wenden von dem funkelnden, geschaffenen
Griff der Waffe, die es nur einmal auf der Welt gab.
Dann gab sie ihren Feuermenschen das Zeichen, den Thron wieder in
den Tempel zurückzubringen, aus dem sie gekommen war.
Das Gesicht der schönen Brasilianerin war wie aus Stein
gemeißelt.
Sie wirkte nachdenklich, beinahe entrückt. Sie wußte
nichts mehr von Marlos, nichts mehr von Björn Hellmark, nichts
mehr von Pepe und den Freunden, die auf der unsichtbaren Insel
zurückgeblieben waren, von der sie sich durch einen
Gedankensprung gelöst hatte.
Sie wußte nur noch eins: Ich bin Loana, die Herrscherin der
Feuermenschen! Und Sequus ist mein Gebieter. Er kennt die geheimsten
Gedanken Rha-Ta-N’mys, der zu Ehren wir diesen Tempel errichtet
haben.
Es schien, als hätte Carminia Brado niemals etwas anderes
gedacht und getan…
*
Rani Mahay hockte atemlos in der Dunkelheit und informierte sich
über seine neue Umgebung.
Hier auf dem Schiff gab es zahlreiche Versteckmöglichkeiten,
was ihm zugute kam.
Ebenfalls die Tatsache natürlich, daß die zwielichtigen
Gestalten, die die ESMERALDA in ihrem Besitz hatten, im wahrsten Sinn
des Wortes die Helligkeit fürchten mußten. Es gab nicht
die geringste Beleuchtung an Bord. Und trotzdem schien der Steuermann
genau zu wissen, wohin er das alte Fischerboot zu lenken hatte.
Geduckt löste sich der Inder von der Innenseite der Bootswand
und lief lautlos wie eine Katze Richtung mittschiffs, wo
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