Macabros 067: Arson - Gefangen im Nichts
gen Himmel und peitschten durch die Luft,
auf der Suche nach neuen Opfern.
Innerhalb eines Augenblicks verwandelte sich die triste, bizarre
Steinwüste in einen wahren Dschungel aus raschelnden,
vertrockneten Zweigen, die wie wild um sich schlugen und wie
selbständige Lebewesen nach ihnen griffen.
Arnd Olin sah, wie Arson sich am Boden wälzte und verzweifelt
versuchte, dem Zugriff der schwarzen Lianen zu entkommen.
Doch da war jeder Handgriff umsonst. Er verschlang sich
förmlich im Gespinst der Zweige, wurde von Kopf bis Fuß
eingewickelt und dann auf das Loch gezerrt, dem er hatte entkommen
wollen.
Arnd Olin erging es nicht besser.
Wie Peitschenschnüre klatschten die Lianen auf seinen
Körper, rankten sich um seine Armgelenke, seine Schultern, um
seine Beine und rissen ihn über den steinigen Boden.
Die Luft um ihn war erfüllt mit Raunen und Rascheln, und er
konnte die nahen, bizarren Felsbrocken nicht mehr wahrnehmen, weil
die trockenen, rätselhaften Büsche so dicht standen,
daß sie ihm die Sicht nahmen.
Aus! schoß es fiebernd durch Olins Hirn.
Er würde die Erde, seine Welt, seine Frau und seine Tochter
nie wiedersehen… Es war ihm nicht mehr möglich, diesen
unheimlichen Ort zu verlassen, an den er gebannt worden war.
Auch er wurde über den Boden gerissen und spürte die
scharfkantigen Steine, die durch seine Kleidung drückten.
Er wurde genau in entgegengesetzter Richtung über den Boden
geschleift, auf einen anderen Tümpel zu, dessen Oberfläche
ebenfalls wieder flüssig geworden war. Sanft kräuselte sie
sich.
Es war unmöglich, mit noch so großer Kraftanstrengung,
auch nur eine der schwarzen Lianen durchzureißen und sich
dadurch mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen.
Alles schien so abzulaufen wie vorhin.
Nein. Da war etwas anders.
In der Zwischenzeit mußte irgendetwas geschehen sein, was
den Ablauf der Dinge nicht so vorantrieb, wie es im Fall der fremden
Frau gewesen war.
Hing das damit zusammen, daß Arson es geschafft hatte, einen
Blick unter die plangeschliffene Platte zu werfen?
Die Luft um ihn herum nahm plötzlich eine seltsame Farbe an.
Rotes Licht sickerte von irgendwoher, als ob die Sonne versinken
würde.
Aber hier gab es keine Sonne.
Da nahm er direkt vor sich das unheimliche Glimmen wahr, das den
nachtschwarzen Himmel langsam durchsetzte.
Vor ihn, den gesamten Horizont einnehmend, schob sich eine
gigantische, zerklüftete Kugel, die wie ein sich
aufblähender Ballon aussah und die Farbe von Blut hatte.
Die Welt, die Arson mit der Bezeichnung ›Zwischenwelt‹
versehen hatte, mußte in allergrößter Nähe
dieser ungewöhnlichen Kugel sein, die den Horizont einnahm und
schon zu einem Drittel den schwarzen Himmel über ihm
bedeckte.
Arnd Olin und der Mann mit der Silberhaut, dem dieses seltsame
Schauspiel ebenfalls nicht entging, meinten, aus allernächster
Nähe auf einen gigantischen Mond zu sehen, auf den die
›Zwischenwelt‹ langsam aber sicher zutrieb.
Was ging hier vor?
Er konnte sich nicht daran erinnern, in der Zeit seines Hierseins,
seiner Suche nach Erkenntnissen und einem Ausweg, jemals etwas
Ähnliches wahrgenommen zu haben.
Dieses riesige, mondähnliche Gebilde, übersät mit
gewaltigen Kratern, die von roten Schleiern bedeckt waren, wuchs und
nahm eine beängstigende Größe an.
Je gewaltiger dieser Riesenmond wurde, vor dessen Hintergrund jene
›Zwischenwelt‹ wie ein winziger Meteorit scheinen
mußte, desto mehr veränderte sich auch die Farbe der Luft,
die sie umgab.
Arnd Olin und Arson rechneten damit, wie zuvor das letzte Opfer,
ebenfalls in die grüne Flüssigkeit und dann in das Nichts
des Sargassomeeres gezogen zu werden.
Doch dies erfolgte nicht.
Mit dem Verfärben der Atmosphäre veränderte sich
die Gesetzmäßigkeit dieser Welt.
Die beiden Männer schwebten plötzlich vom Boden hoch,
als ob ein unsichtbares Kraftfeld sie emporhebe.
Wie welke Blätter wirbelten die beiden Männer durch die
Luft. Es wurde ihnen bewußt, daß sie sich mehrfach
überschlugen, was eigentlich vollkommen unlogisch war.
Doch dann begriffen sie, weshalb so etwas möglich war.
Nicht nur sie wirbelten durch die Luft, sondern auch Hunderte und
Aberhunderte von trockenen Büschen, die einfach von einer
unsichtbaren, gewaltigen Kraft aus dem Boden gerissen wurden.
Jene schwarzen Lianen, die sie umschlangen, hielten sie noch immer
fest, obwohl sie nicht mehr mit dem steinernen Boden in unmittelbarer
Nähe der grünen Tümpel verändert waren.
Die
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