Macabros 099: Die Seelenfresser von Lemuria
zu spritzen. »Die Dame ist wieder
da…«
»Danke, Tom«, nickte McKensey. Er wußte, wer damit
gemeint war.
Die Imbißstube in der 17. Straße war zu ihrem
Treffpunkt geworden.
Nach dem mysteriösen Verschwinden jener vierzehn namhaften
Bürger aus New York war Carminia Brado, wie sie sich ihm
vorgestellt hatte, an ihn herangetreten. Sie war eine Mitarbeiterin
Richard Patricks, jenes Verlegers, der ›Amazing Tales‹
herausbrachte und versuchte, Geheimnisse und Rätsel zu
lösen, die zum Alltag in dieser Welt gehörten, und die doch
keiner wahrhaben wollte. Bei einem solchen Versuch mußte es ihn
schließlich erwischt haben. McKensey, der selbst schon den
einen oder anderen Artikel für ›Amazing Tales‹
verfaßt hatte, wußte, daß Patrick mit seinen
Studien einen Finger in eine offene Wunde legte.
Entkleidete man alle Sensationsmeldungen, die durch die
Regenbogenpresse geisterten, so blieb immer noch ein harter Kern
übrig, der nachdenklich stimmte. Beim Versuch, alle diese
Meldungen in Bausch und Bogen zu verdammen, war McKensey selbst
fündig geworden und seitdem bereit, viele Dinge mit anderen
Augen zu betrachten.
So war er einer der letzten gewesen, die Richard Patrick lebend
gesehen hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte auch Patrick schon eine
Ahnung, daß der Tod an dem indischen Guru Shoam mehr als eine
Routinesache für die Mordkommission und Captain Muller werden
würde.
Patrick hatte als einer der ersten etwas erkannt, was zu diesem
Zeitpunkt noch niemand ahnte.
Dies hatte ihm bei der ersten Begegnung auch Carminia Brado
mitgeteilt. Sie wußte von der Botschaft an Björn und dem
Versuch Richard Patricks, noch auf die unsichtbare Insel Marlos zu
flüchten. Davon wiederum ahnte McKensey nichts. Jene besondere
Verbindung, die es zwischen Patrick und seinen Freunden gab, war ihm
unbekannt…
Der hagere Mann begrüßte die schöne Brasilianerin
mit Handschlag und freute sich, sie zu sehen.
»Und wenn’s in New York noch so grau und trübe ist,
Carminia. Wenn ich Sie sehe, hab’ ich das Gefühl, die Sonne
geht auf… Sie trinken bereits einen Kaffee, besonders
heiß, besonders schwarz und ohne Sahne, wie ich sehe. Ich
hoffe, Sie mußten nicht zu lange auf mich warten?«
»Ich bin seit fünf Minuten hier.«
»Dann werden wir noch gemeinsam frühstücken,
wunderbar…« McKensey setzte sich der schwarzhaarigen
Schönen gegenüber. Die Tür neben der verglasten Theke
ging auf. ›Uncle Tom‹ brachte eine riesige Pfanne. Darin
dampfte es.
»Eier mit in Knoblauch gebackenen Krabben, Mister
McKensey«, strahlte der Neger. »Eine Delikatesse! Sie wird
Ihnen schmecken…«
Drei Minuten später war der Tisch prallvoll mit allem
Möglichem. Es gab verschiedene Brotsorten, Honig, Marmelade,
Wurst- und Käseaufschnitt, um Carminia Brados Appetit zu
stillen.
McKensey aß an diesem Morgen sehr hastig und nur die
Hälfte. Er wollte es sich nicht anmerken lassen, daß er es
eilig hatte, aber es war unübersehbar.
»Sie haben nicht mit mir gerechnet«, lächelte
Carminia. »Ich mach’s auch ganz kurz…«
»Nehmen Sie sich Zeit«, unterbrach er sie. »Ich bin
etwas nervös. Zugegeben!«
»Es wird seinen Grund haben.«
»Ja. Ich würde am liebsten das Frühstück mit
Ihnen auf eine Stunde ausdehnen – und nicht innerhalb von zehn
Minuten alles hinunterschlingen müssen. Uncle Tom schaut schon
ganz komisch. Er denkt, daß es mir nicht schmeckt.«
»Es gibt also Neuigkeiten?« Carminia Brado schob ihren
Teller zurück und leerte ihre Kaffeetasse. »Dann komme ich,
wie mir scheint, gerade zum richtigen Zeitpunkt. Hat sich Harrison
noch mal gemeldet? Wissen Sie etwas darüber? Oder ist im Fall,
der uns alle, die wir mit Richard Patrick zu tun haben, etwas ganz
anderes hinzugekommen?«
»Wie man’s nimmt… ich erhielt noch heute nacht
einen Tip aus dem Police-Headquarters. Von einem guten Freund, auf
dessen Informationen hundertprozentiger Verlaß ist. Einer der
Verschwundenen soll sich in der 38. Straße bei seiner Schwester
gemeldet haben. Es handelt sich um den Makler Bill Jeffers. Captain
Muller hat die Stimme am Telefon selbst gehört. Ich habe in der
Nacht noch versucht, Dona Jeffers anzurufen, um ein Gespräch mit
ihr unter vier Augen herbeizuführen. Sie hat nicht abgehoben.
Verständlich, daß das Ganze sie sehr mitgenommen hat.
Als ich keine Verbindung erhielt, überlegte ich schon, ob
Dona Jeffers überhaupt in der Wohnung zurückgeblieben ist.
Ich will nachher noch einen zweiten Versuch
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