Macabros 108: Haus der grausamen Druiden
ein Insekt zwischen Maschen und Fäden, die sich
einem bizarren, fremdartigen Himmel gleich über eine triste,
bedrohlich aussehende Landschaft spannten.
Sie bot ein urzeitliches, unheimliches Bild mit all den gewaltigen
Schluchten und Bergen. Es schien, als würden dort in den dunklen
Nischen und unter Felsenvorsprüngen Riesen lauern und nur darauf
warten, daß jemand vorbeikäme, den sie erschrecken oder
gefangennehmen konnten…
Seit Wochen, Monaten schon hing er über dieser Landschaft.
Seit einigen Tagen erst konnte er sie Stunde für Stunde
Wahrnehmen. Er war mit seinen Blicken in dieser fremdartigen Welt
spazierengegangen und kannte jede Erhebung, jede Nische, jeden
Schatten. Er war wie ein Vogel, der in höchsten Höhen
schwebte, ohne sich allerdings bewegen zu können. Er hing in den
Netzen des Ewigkeits-Gefängnisses fest.
Doch er war nicht allein.
Carminia Brado, die Frau, die er liebte, mußte das gleiche
Schicksal wie er tragen. Sie war zusammen mit ihm in die Falle
getappt, die Molochos geschickt und heimtückisch aufgebaut
hatte.
Doch im Gegensatz zu ihm – hielt Carminia die Augen
geschlossen. Sie befand sich in einem Zustand zwischen Wachen und
Träumen. Sie wußte in jeder Sekunde ihres Lebens, in
welcher Situation sie sich befand, und sie begriff auch, daß
sie nichts daran ändern konnte.
Björn Hellmark – er war der Gefangene des Netzes –
betrachtete die schöne Frau an seiner Seite zärtlich und
sorgenvoll.
Er versuchte mit seiner Linken ihre Hand zu erreichen, die ihm
entgegengestreckt war. Doch ein winziger Millimeter fehlte. So sehr
er sich auch bemühte, er konnte diesen winzigen Zwischenraum
nicht überbrücken, konnte die Frau, die er liebte, nicht
berühren.
Molochos war grausam. Er hatte ihnen ein furchtbares Schicksal
zugedacht, ein Schicksal, das ewig währen sollte.
Hier im Ewigkeits-Gefängnis, im Schreckenszentrum
Rha-Ta-N’mys, war er einer solchen Tat fähig.
Hier war er der Herrscher, hier bestimmten seine Gesetze den
Ablauf der Dinge.
Und die absolute Unfreiheit der Menschen – im Leben wie im
Tod – war das Ziel des Dämonenfürsten.
Er wollte seine Macht beweisen, gerade jenen Menschen
gegenüber, die er in seinen Krallen hielt.
Molochos war in dieser Minute nicht anwesend und ahnte nicht,
daß dieser Mann, den er haßte, neue Hoffnung hegte.
Hoffnung, die Whiss, ein kleines, koboldartiges Geschöpf, in
sein Leben gebracht hatte.
Durch Whiss war es möglich gewesen, daß heimlich
Besucher in das Ewigkeits-Gefängnis geschleust wurden.
Rani Mahay, der treue Freund, Danielle de Barteaulieé, Jim
der Guuf, und Pepe, Hellmarks Adoptivsohn, waren als
»Besucher« eingedrungen.
Mit Whiss’ Hilfe und des unbeschreiblichen Psi-Feldes im
Zwischenreich geschahen Dinge, die an Wunder grenzten.
Es war bereits alles in allen Einzelheiten durchgesprochen und in
Gedanken durchexerziert.
Nur eine Schwierigkeit gab es noch: Carminia.
Solange ihr unnatürlicher Schlaf noch währte, konnte die
Befreiungsaktion nicht starten.
Nur Molochos konnte ihr Erwachen herbeiführen.
Die Chancen, daß er es tat, standen gut.
Bei seiner letzten Stippvisite im Ewigkeits-Gefängnis hatte
er triumphierend verkündet, daß er dicht davorstand, sein
Ziel zu erreichen.
Zu diesem Zeitpunkt schien die Eroberung und Inbesitznahme der
Alptraumstadt der toten Dämonen Apokalypta unmittelbar
bevorzustehen oder fast abgeschlossen zu sein.
Triumph für Molochos bedeutete eine weitere Schwächung
jener, die ihn bekämpfen und zu Boden ringen wollten. Dies
wiederum zog hinter sich her, die Feinde am errungenen Sieg teilhaben
zu lassen und damit zu demütigen.
Die Schwäche Molochos’ wollten sie sich zunutze machen.
In dem Augenblick, da er sich dazu entschloß, seinen –
vermeintlichen – Sieg zu verkünden, war es notwendig, auch
Carminia Brado zu wecken.
Dies war eine Hoffnung und eine Erwartung, die alle hegten, die in
Whiss’ Plan eingeweiht worden waren.
Es war ein möglicher Schritt, dem unter Umständen noch
ein weiterer folgte.
Je nachdem in welcher Stimmung und Laune Molochos sich befand,
konnte es sein, daß er seine beiden Gefangenen sogar in die
Alptraumstadt Gigantopolis mitnahm, um seine beiden Todfeinde –
Björn Hellmark und Carminia Brado – an Ort und Stelle
seinen dämonischen Schergen und Helfershelfern vorzustellen und
die Angst und das Grauen seiner Gefangenen noch zu steigern.
Gigantopolis nämlich war ein Instrument, mit dem Molochos, der
Dämonenfürst,
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