Macabros 118: Sternenschloß des toten Gottes
der Bettdecke.
»Heh, du Schlafmütze…«
Da bewegte Bobby leicht die Augenlider.
»Was ist denn… los?« fragte er verschlafen.
»Ich bin da, Bobby. Zaneroth ist gekommen… Jetzt
können wir alles das ausführen, was wir uns vorgenommen
haben.«
Bobby Failman hörte die Stimme wie durch Watte, drehte dann
den Kopf, rieb sich die Augen und öffnete sie.
Da sah er Zaneroth!
*
Die Frau war kurz nach dem Zubettgehen in einen tiefen, traumlosen
Schlaf gefallen.
Einschlafprobleme kannte Susan Failman nicht. Der Tag forderte
viel von ihr, da kam abends der Schlaf von selbst.
Ein ungewohntes Geräusch weckte sie unerwartet und ließ
sie zusammenzucken.
Die Schlafzimmertür quietschte leise. Jemand stand zwischen
Tür und Angel.
»Wer ist da?« fragte die Frau erschrocken. Ihre Hand
zuckte zum Lichtschalter.
Da hörte sie auch schon eine vertraute Stimme.
»Keine Angst, Mam. Ich bin’s…«
»Bobby?« Der aufflammende Lichtschein blendete sie, und
Susan mußte einen Moment die Augen schließen. »Was
willst du denn hier?« Da merkte sie, daß etwas nicht
stimmte. »Wie kommst du denn hierher… mit dem Gips?
Das ist doch ganz ungewöhnlich! Bobby, ist was
passiert?«
Susan Failman richtete sich vollends auf, sprang aus dem Bett und
wollte zur Tür gehen. Auf halbem Weg blieb sie jedoch stehen,
als würde sie von einer unsichtbaren Hand festgehalten.
»B-o-b-b-y…«, ihre Stimme klang wie ein Hauch.
»Etwas ganz Tolles ist passiert!« überfiel sie die
fröhliche Stimme ihres Sohnes. »Der Gips, Mam, er hat mir
den Gips abgenommen!«
Die Frau glaubte sich verhört zu haben. »Wer hat dir den
Gips abgenommen?« Ihr Blick ging zu Bobbys Bein.
»Zaneroth… Er ist einfach phantastisch. Was der alles
kann!«
Sie hörte nur mit halbem Ohr hin. Es interessierte sie weit
mehr, was sie mit ihren eigenen Augen wahrnahm.
Tatsächlich!
Die plumpe Gipshülle mit all den Namen und Zeichnungen darauf
war verschwunden!
Bobby hielt den aufgeschnittenen Gips in der Hand und schwenkte
ihn wie eine Trophäe.
Wie in Trance kam Susan Failman näher und wußte nicht,
ob sie wachte oder träumte.
Sie berührte den Gips.
»Wie hast du das gemacht?« fragte sie tonlos. »Du
weißt, wie wichtig dieser Schutz noch für dich ist…
Du darfst nicht ohne Gips gehen… deine Knochen sind
gefährdet, sie brechen wie Glas…«
»Nein, das alles stimmt nicht mehr«, fiel er ihr ins
Wort. Und dann tat er etwas, was sie zu Tode erschreckte.
Er hüpfte von einem Bein aufs andere. Und das Bein, das seit
Wochen in Gips lag, war elastisch und beweglich! Bobby zog es nicht
nach, und es hinderte ihn trotz der langen Ruheperiode nicht im
geringsten…
Er lief wie ein Wiesel durchs Zimmer, machte Kniebeugen und
bewegte sich mit einer Freiheit und Sicherheit, als hätte er
sein Leben lang keine Rücksicht auf seine besondere
Gefährdung nehmen müssen.
Ich träume, hämmerte es fiebernd hinter Susan Failmans
Schläfen, so etwas gibt es nicht… Bobby mit seinem
Geschwätz von diesem Zaneroth, oder wie der Bursche auch immer
heißen mochte… Mit dieser angekündigten
Wunderheilung… Jetzt träume ich schon davon…
Aber dann siegte ihre Vernunft.
Was sie sah, konnte nicht sein…
Das war eindeutig ein Traum!
So stand sie da, begann plötzlich zu lachen, lief Bobby
durchs ganze Haus nach und vergaß den Gips, der aufgeschnitten
im Schlafzimmer lag.
Eine Viertelstunde später hatte Bobby genug und rannte von
selbst wieder in sein Zimmer. Er war außer Atem, aber
glücklich.
»Zaneroth ist ein toller Kerl, nicht wahr?«
»Ja, das muß er wohl sein. Wenn er mit einem
Küchenmesser einen harten Gips aufschneiden kann, für den
man im Krankenhaus eine kleine Motorsäge braucht – dann
muß er schon gewaltige Kräfte haben…«
Sie meinte es im Scherz.
»Er brauchte dazu nicht mal ein Messer«, berichtete
Bobby seiner Mutter. »Er ist mit seiner Hand darüber
hinweggefahren, und der Gips platzte von allein auf…«
»Mhm«, machte Susan Failman nur, und sie bewunderte ihre
eigene Phantasie, denn schließlich waren es in diesem Traum
ihre eigenen Gedanken, die sie zu verantworten hatte.
»Diesen Teufelskerl möchte ich auch mal kennenlernen. Wo
steckt er denn?«
Bobby sah sich um. »Heh, Zaneroth?« rief er und wartete
auf eine Antwort. Dann zuckte er die Achseln.
»Du mußt schon entschuldigen, Mam. Er hat so seine
Eigenarten. Er kommt und geht, wann er will… Offenbar will er
nicht, daß du ihn siehst.«
»Ja, das
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