Macabros 121: Höllenmarionetten

heraus und ließ
ihn wissen, daß ein junges Mädchen, auf das die
Beschreibung passe, das Panoptikum nicht verlassen habe.
    »Aber ich glaube, daß vorhin jemand herausgekommen
ist«, fügte sie hinzu. »Jetzt fällt es mir wieder
ein. Da vorn rechts hat vorhin eine junge Dame gestanden. Auf sie
könnte Ihre Beschreibung passen, Mister.«
    »Wo ist sie denn hingegangen?«
    »Keine Ahnung. Bei dem Menschengewimmel habe ich nicht darauf
geachtet. Auf einmal war sie weg… Aber wenn sie Sie wirklich
liebt, kommt sie bestimmt zurück«, fügte sie
scherzhaft hinzu.
    »Ja, das hoffe ich doch«, versuchte auch Mahay das Ganze
von der heiteren Seite zu nehmen, obwohl ihm nicht danach zumute
war.
    Dieses stillschweigende Verschwinden paßte einfach nicht zu
Danielle.
    Er machte noch mal die Runde.
    Die Besucher des Rummelplatzes verliefen sich langsam. In den
Budenstraßen wurde es ruhiger. Einige Schausteller schlossen
bereits ihre Stände.
    Der Inder ging bis zum äußersten Ende des Platzes, wo
die Achterbahn ihre letzte Runde drehte.
    Nahe an der Umzäunung erblickte er noch mal den jungen
Amerikaner, der vorhin um Feuer gebeten hatte.
    Der Mann stand bei einer Gruppe junger Leute, die mit ihren
Motorrädern kamen. Vier andere junge Burschen, von denen der
älteste höchstens fünfundzwanzig war, steckten die
Köpfe zusammen, als würden sie einen Plan aushecken.
    Auf den dunkelglänzenden Lederjacken, die sie trugen, prangte
ein sprungbereiter Tiger, dessen Krallen eindeutig
sichelförmige, rasiermesserscharfe Dolche waren. Offenbar
gehörte die Gruppe dem gleichen Motorrad-Club an, der sich durch
dieses Emblem zu erkennen gab.
    Rani Mahay tauchte in der Dunkelheit zwischen zwei geschlossenen
Karussells unter und versetzte sich nach Marlos.
    Er hoffte, daß Danielle dort inzwischen angekommen war.
Vorstellen konnte er es sich allerdings nicht.
    Sie war auch nicht da.
    Wenig später zog er den großen blonden Mann ins
Vertrauen, der von dem Felsen mit dem Aussehen eines
überdimensionalen Totenkopfes kam.
    »Danielle ist verschwunden, Björn«, sagte der Inder
und berichtete, was sich zuletzt zugetragen hatte.
    Hellmark, der Herr der unsichtbaren Insel Marlos, hörte dem
Freund aufmerksam zu.
    »Das klingt nicht gut, Rani«, sagte er
schließlich. »Sieht geradeso aus, als wäre Danielle
jemand in die Finger gelaufen, dem sie besser nicht begegnet
wäre.«
    Sie wußten beide, was er damit meinte.
    Rha-Ta-N’my war Danielles Todfeindin. Obwohl die
Französin durch ihre Hexenkräfte recht gut imstande war,
sich zu schützen – schien sie diesmal vom Unheil
überrascht worden zu sein…
    »Wir sehen uns das Panoptikum noch mal gemeinsam und in aller
Ruhe an«, murmelte Björn. »Und die Beobachtung, die
Jim dort gemacht hat, nehmen wir ebenfalls als gegeben hin.
Vielleicht hat sie ganz und gar nichts mit Danielles Verschwinden zu
tun. Wer weiß…«
     
    *
     
    Sie standen noch dort, als auf dem großen Platz längst
Ruhe eingekehrt war.
    Vier Angehörige des Motorrad-Clubs und Roger Hanton, der Mann
in Blue Jeans und rotkariertem Hemd.
    »Ich hab’ was entdeckt, das wir gut verhökern
könnten«, entwickelte Hanton seinen Plan. »Ihr sorgt
für den Abtransport, ich für die Ware. Das Ganze geht
fifty-fifty.«
    Beifälliges Nicken.
    »Okay, wenn wir uns also handelseinig sind, dann noch mal zu
den Einzelheiten: ich schaffe allein vier der Wachsfiguren raus, und
ihr fahrt sie an die angegebene Adresse. Vulkins’
Antiquitäten-Shop befindet sich in der Fell Street. Dort ist der
Haupteingang. Der für Lieferanten liegt in der Webster Street.
Das Tor steht offen.«
    »Und du meinst, daß Vulkins an Wachsfiguren
interessiert ist?« fragte ein Bursche, der ein wahrer
Muskelprotz war und stämmige Arme und Beine hatte. »Kann
mir nicht vorstellen, wie er die an den Mann bringen will.«
    »Das ist nicht unsere Sorge«, maulte Hanton. »Ich
hab’ mit ihm die Lieferung heute nacht vereinbart, und die Sache
geht klar. Für jede kassier ich fünftausend.«
    Der Dicke pfiff leise durch die Zähne.
    »Warum nimmst du dann nicht mehr mit?«
    »Vier Stück reichen. Ich soll die interessantesten
heraussuchen. Die Typen stehen fest. Vulkins hat sie selbst
betrachtet und mir angegeben. Er hat einen Kunden, der will vier
Stück. Irgendein Sonderling, der verrückt nach so etwas
ist. Ich selbst war während der letzten vier Tage mehrfach in
dem Kabinett und habe einige Vorbereitungen getroffen. Eine
Rückwand ist präpariert. Ich brauche