Mach mir die Wüstenwühlmaus: Heißer Sex erhält die Liebe (German Edition)
ich mir das Liebesleben vieler Paare ansehe, stelle ich fest, dass sie eine Version des Hasenfußrennens spielen, bei dem jeder Partner eine andere Art von Sex will (meistens bevorzugt der eine konventionellen partnerfokussierten Sex und der andere hätte gern mehr Abwechslung und hat Lust auf Rollenspiele). Allzu häufig stecken sie in einer taktischen Falle fest; beide Partner liegen an entgegengesetzten Enden des Bettes, bis einer nachgibt und das Paar auf die Art und Weise miteinander schläft, die der andere Partner will. Meistens übernimmt derjenige, der am wenigsten an Sex interessiert ist, die Kontrolle, da er oder sie den Sexpoker immer gewinnen wird. Es gibt noch eine andere Version, bei der der am stärksten am Sex interessierte Partner den anderen, zum Beispiel nach einer Affäre, mit Erfolg zu mehr Sex erpresst aus der Angst heraus, ihn oder sie wieder zu verlieren. Obwohl dies für eine der Parteien vielleicht zu einem positiven Ergebnis führt, untergräbt es langfristig die Gesundheit der Beziehung, und es verlieren alle.
Das andere Spiel heißt Kampf der Geschlechter. Das klassische Szenario ist diesmal ein Paar, bei dem der eine ins Kino gehen möchte, während der andere zu einer Sportveranstaltung will. In gewisser Hinsicht ist dieses Spiel wie das Hasenfußrennen. Doch hier besteht der Haken darin, dass sie ein Paar sind und der eine es lieber hätte, wenn der andere mit ihm kommt, anstatt allein zu der von ihm favorisierten Veranstaltung zu gehen. In der Variante, die die Spieltheoretiker als die » perfekte« Version des Spiels bezeichnen, spricht das Paar über die Alternativen. In der » unvollständigen« Version gibt es keine Diskussion, und jeder Partner hofft, dass der andere die von ihm favorisierte Wahl vorschlagen wird.
In seinem Buch Schere, Stein, Papier – Spieltheorie im Alltag (Spektrum Akademischer Verlag 2010) bringt Len Fisher ein persönliches Beispiel dieses Dilemmas. Er ist Australier und seine Frau Britin, also verbringen sie ihre Zeit gleich häufig in beiden Ländern und können den Sommer zweimal genießen. Doch Len ist lieber in Australien, während seine Frau Wendy sich lieber in Großbritannien aufhält; und so bittet jeder von beiden den anderen darum, etwas mehr Zeit in der Heimat zu verbringen. Viele Paare befinden sich beim Sex in diesem » Kampf der Geschlechter«-Dilemma. Beide Partner ziehen bei der vom anderen favorisierten Art von Sex zufrieden mit – also besteht die Wahl zwischen zwei annehmbaren Ergebnissen –, aber trotzdem würden sie lieber Sex auf ihre Art machen. Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, wie kommen Sie aus dieser potenziellen Sackgasse wieder heraus? (Hoffentlich können Sie in Ihrer Beziehung über Ihr Liebesleben sprechen – sodass Sie es eher mit der » perfekten« als mit der » unvollständigen« Version des Spiels zu tun haben.)
Die Fishers versuchten, angesichts ihres Dilemmas eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen, und beschlossen, dass Len etwas früher nach Australien reisen und auch noch eine Weile länger bleiben würde, nachdem Wendy wieder nach Großbritannien zurückgekehrt war. Er bekam eine Menge Arbeit erledigt, aber er konnte die Zeit, in der sie getrennt waren, nicht genießen. Inzwischen musste Wendy allein dafür sorgen, dass ihr Haus in Großbritannien während ihrer Abwesenheit gesichert war. Daher beschloss Len, ihr gemeinsames Problem zu lösen, indem er die Strategie des israelisch-amerikanischen Spieltheoretikers Robert Aumann übernahm, der 2005 für seinen Beitrag zum besseren Verständnis von Konflikt und Kooperation den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen bekommen hatte. Seine Lösung für den Krieg der Geschlechter ist simpel: Beide Parteien einigen sich darauf, den Zufall über das Ergebnis entscheiden zu lassen. Zum Beispiel, indem sie Karten abheben, eine Münze werfen oder » Schere, Stein, Papier« spielen. Also wird das alljährliche Dilemma der Fishers gelöst, indem sie eine Münze werfen. Ist es Kopf, bleibt Len in England und reist zur selben Zeit nach Australien wie seine Frau. Ist es Zahl, geht Wendy früher mit Len nach Australien.
Doch es gibt noch einen anderen Weg zum Ziel, einen, der auf das neutrale Ergebnis des Hasenfußrennens (bei dem beide Parteien zur Seite treten) zurückgreift. Ich bezeichne ihn als » Geben und Empfangen«.
Geben und Empfangen
Viele Paare bleiben in sehr eng gefassten Rollen stecken. Dem traditionellen Verständnis nach » besorgt« der
Weitere Kostenlose Bücher