Machen Sie Ihren Kopf fit für die Zukunft
Schlauch muss sich zusammenfalten. Was vorne war, ist jetzt oben
(Großhirn). Die Verwaltungsmodule des limbischen Systems liegen zusammengeknäuelt in der Mitte, die Technik befindet sich
unten im Hirnstamm. Nebenan liegt das Kleinhirn, eine Art Überwachungszentrale für die Koordination von Bewegungsmustern (zum
Beispiel Laufen, Greifen, Laute bilden), die von hier angestoßen werden. Doch auch das Großhirn bekommt im Laufe der Entwicklung
Zuwachs. Es ist neben der Außenwahrnehmung auch für die Sinneswahrnehmung innerhalb des eigenen Körpers zuständig und für
die Feinsteuerung der Hände (Gestik) sowie der Mund- und Kehlkopfregion (Sprache). Dadurch kann hier die menschliche Kommunikation
und deren Weiterentwicklung, das Denken stattfinden. Verstand und Bewusstsein benötigen nach der Geburt sehr viele Zellen
in der Großhirnrinde, die dafür schon im Mutterleib noch einmal stark anwachsen muss. Wie die zu große Pudelmütze der Rastamusiker
legt sie sich über das ganze Gebilde.
In unserem Gehirn sind bei der Geburt alle jemals benötigten Funktionen vorgesehen. Jede von ihnen wird durch entwicklungsgeschichtlich
alte und junge Elemente gleichzeitig möglich gemacht. Essen beispielsweise ist zum einen etwas ganz Biologisches: ein archaisches
oder reflexhaftes Verhalten, mit dem wir den Hunger nach Nährstoffen stillen. Es ist aber auch etwas höchst Emotionales: Wir
wählen Speisen nach unseren Vorlieben aus und erleben höchste Befriedigung im Genuss, der uns von den Verwaltungsabteilungen
unseres Hirns beschert wird. Schließlich können wir uns auch über das Essen unterhalten, können Speisefolgen planen, eine
Vorratshaltung organisieren und ökologisch sinnvoll einkaufen, wofür wir die Möglichkeiten unseres Großhirns nutzen.
Den Aufbau des Gehirns sehen Sie in Abbildung 1.
Abbildung 1 Aufbau des Gehirns (Schnitt durch die Mittellinie)
|22| Kommunikation im Netzwerk: Wie Nervenzellen miteinander sprechen
Das Gehirn ist wie ein Unternehmen. In der Aufbauphase werden viele neue Mitarbeiter eingestellt, damit man für alle Aufgaben
gut gerüstet ist. Erst nach einer Weile stellt sich heraus, wer tatsächlich gebraucht wird. Nur diese Mitarbeiter werden in
die tägliche Kommunikation einbezogen. Nach einer Phase überschießenden Zellwachstums im embryonalen Gehirn werden auch hier
anschließend in einem gnadenlosen Wettbewerb alle diejenigen Zellen aussortiert, die nicht genug von anderen angesprochen
werden. So entsteht aus einem wild durcheinanderkommunizierenden Haufen nach und nach eine arbeitsfähige Struktur. Nur die
Zellen, die Informationen austauschen, verbinden sich auch fest untereinander und bleiben dadurch erhalten.
Doch wie wird Information überhaupt von Zelle zu Zelle im Gehirn geordnet weitergegeben? Nervenzellen besitzen lange Fortsätze
(Axone) und kurze Verzweigungen (Dendriten). An den Enden befinden sich jeweils Kontaktstellen, die Synapsen. In den langen
Fortsätzen werden kleine elektrische Erregungen wie in einem Stromkabel sehr schnell auf andere, auch weit entfernte Nervenzellen
übertragen. Damit dieser »Strom« entsteht, braucht eine Zelle wiederum viele Impulse von anderen Zellen. An den Verbindungsstellen,
den Synapsen, schütten andere Zellen ihre Botenstoffe aus, die einen kleinen elektrischen Impuls in der Empfängerzelle erzeugen.
Erst wenn durch viele Inputs genug Aktivierung zusammenkommt, kann sich die Erregung zu einer bestimmten »kritischen« Größe
aufsummieren. Sonst bleibt die Zelle stumm. Sie feuert nicht.
Das Gehirn ist also ein Musterbeispiel in Teamkompetenz. Keine einzelne Zelle kann etwas bewirken und auch kein einziges Zellareal
allein. Nur wenn Zellen gemeinsam zur gleichen Zeit aktiv sind kann eine bestimmte Funktion entstehen. Das gilt auch für alle
Tugenden. Es gibt zum Beispiel kein Zentrum oder keine Gehirnhälfte für Kreativität. Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen,
dem |23| Gehirn bei der Arbeit, zumindest für einen kurzen Moment lang, zuzuschauen und die gleichzeitig aufscheinende Aktivität der
beteiligten, manchmal ziemlich weit voneinander entfernt liegenden Netzwerkteile zu erkennen.
Das Gehirn verfügt neben dem Gebot der Gleichzeitigkeit über einen zweiten Mechanismus, mit dem es eine gewisse Ordnung in
die Kommunikation bringt. Es besitzt verschiedene Botenstoffsysteme. |24| Einige Botenstoffe erregen die von ihnen angesprochenen Zellen, andere dämpfen sie.
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