Macho-Mamas
die nicht nur zeigten, was sie konnten, sondern auch, was sie hatten. Und die sich einen Deut drum scherten, ob die Generation Schwarzer ebendies verurteilte. «Ich hatte geglaubt», schreibt Walters in ihrem jüngsten Buch Living Dolls , «dass gesetzliche Gleichstellung genügt, um den altmodischen Sexismus in unserer Kultur auszumerzen. Ich bin heute bereit zuzugeben, dass ich damit falschlag. Wir leben in einer Zeit, in der sich die Puppen aus den Spielwarenregalen selbständig gemacht und das Leben von Mädchen und Frauen erobert haben.»
Und wir leben in einer Zeit, muss man hinzufügen, in der Frauen freiwillig am Sexismus mitarbeiten: Deutsche Mütter lassen ihre pubertierenden, halbnackten Töchter öffentlich vorführen und von Heidi Klum als Abendunterhaltung demütigen. Schweizer Politikerinnen (der eher konservativen FDP!) werben oben ohne mit einem Zensurbalken über der Brust für die Frauenliste ihrer Partei, und Feministinnen in aller Welt gehen als «Schlampen» gekleidet auf die Straße. Der weibliche Körper ist zum Instrument verkommen, das für jeden Zweck eingesetzt wird.
Wer Kritik an nackter Haut übt, gerät heute sofort unter Prüderieverdacht – die Höchststrafe im Kreis aufgeklärter Zeitgenossen. Das Wort Sexismus ist derart uncool in einer Zeit, in der Pole Dance als sportliche Selbstverwirklichung gehandelt wird und «geile Schlampe» als Kompliment. Aber auf den Begriff können wir nicht verzichten – solange die Sichtbarkeit der Mütter ein wesentliches Problem darstellt.
Denn das Mutterwerden folgt denselben Regeln wie das Zur-Frau-Werden. Die Sichtbarkeit ist der Initiationsritus, der die Frau auf die Rolle der Mutter reduziert – lange, bevor sie überhaupt Mutter wird. Wie der weibliche Teenager zur Frau wird durch das, was sie zu zeigen hat, wird auch die Frau zur Mutter durch das, was sie zu zeigen hat: die tätige Gebärmutter, den sich wölbenden Bauch.
Wie gut die Zuschreibung von außen weiterhin funktioniert, erlebte die andere Macho-Mama, als sie ihre Chefin über ihre zweite Schwangerschaft informierte. Es geschah unmittelbar nach einer Blattkritik. Eigentlich wollte sie bis zum Ende des vierten Monats warten, wenn kein Abgang mehr zu befürchten sein würde – eine Schwangerschaft zu beichten, die eventuell nicht mit einem Baby endet, ist etwa so klug, wie dem Chef mitzuteilen, dass man sich bei der Konkurrenz umschaut. Doch an diesem Morgen schien ihr der Zeitpunkt ideal: Der externe Blattkritiker hatte ihre Titelgeschichte ausgiebig diskutiert und die Reisegeschichte, die sie ebenfalls geschrieben hatte, gelobt. Ein Beweis, wie ihr schien, dass die Qualität ihrer Arbeit trotz Teilzeit und Tochter nicht gelitten hatte. Das müsste in der Waagschale doch etwas Gewicht haben und die Umstände, die sie verursachte, ein wenig ausgleichen.
Während sich Redakteure und der Kritiker über das Thema Lifestyle beugten, suchte sie in Gedanken nach der Strategie für das perfekte Geständnis. Vergebens. Die Schwangerschaft führt im Arbeitsleben stets zu einem kommunikativen Dilemma: Ein vertrauliches Gespräch, das zum privaten Thema passen würde, schien ihr unangemessen, weil es gleichzeitig um ihre berufliche Zukunft ging. «Wir freuen uns wahnsinnig auf das Baby, haben aber noch keine Ahnung, wie wir die Betreuung organisieren.» Das entsprach zwar der Wahrheit, aber die Wahrheit war zu riskant. Eine rein geschäftliche Information wiederum würde der unberechenbaren Natur einer Schwangerschaft nicht gerecht: «Ich werde am 9. Oktober niederkommen und sechzehn Wochen regulären Mutterschaftsurlaub beziehen. Meine Vertretung werde ich umfassend einarbeiten, so dass der temporäre Ausfall keine negativen Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis haben wird.» Das klang lächerlich, immerhin ging es um ihr Kind.
Schließlich entschied sich Macho-Mama für eine kurze Variante dazwischen. Eine Schwangerschaft war schließlich keine Krankheit und keine Staatsaffäre, für die sie sich entschuldigen musste. Sie sprach sich selbst Mut zu und marschierte am Nachmittag guter Dinge ins Chefbüro. Auch die Chefin war durch die morgendliche Blattkritik bester Laune und strahlte über das ganze Gesicht. Der Zeitpunkt für die Beichte hätte besser nicht sein können.
«Ich bin schwanger.»
«Gratuliere!», freute sich die Chefin und schüttelte ihr die Hand. Das Lächeln in ihrem Gesicht war noch etwas breiter geworden.
Zumindest schien das der Macho-Mama so, die jede
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