Macho-Mamas
sie und nickte bekräftigend.
«Aha. Ja. Danke», sagte Macho-Mama und freute sich über den guten Rat. Sie würde sich gleich morgen eine ganze Kollektion Spanx-Wäsche besorgen, um den wachsenden Bauch zu kaschieren!
Manchmal sind es unfreiwillig entlarvende Geschichten wie diese:
Zwei Jahre nach der Geburt ihres ersten Sohnes und nach vielen Bewerbungsschreiben fasste die dreiunddreißigjährige kaufmännische Angestellte namens Helene sich ein Herz: Sie ging zum Personalberater. Sie ahnte zwar schon, dass ihr Kind schuld an ihrer blitzartigen Verwandlung von einer umworbenen Arbeitskraft zu einer chancenlosen Bittstellerin war. Doch so richtig glauben konnte sie es nicht. Helene war weder blauäugig noch zurückhaltend. Sie hatte fünf Jahre als Anwaltsassistentin gearbeitet und am Ende das gesamte Backoffice geleitet, sie hatte die Matur gemacht, sprach zwei Fremdsprachen fließend und hatte exzellente Arbeitszeugnisse vorzuweisen. Dann hatte sie zwei Jahre Babypause gemacht, die sie mit ihrer Familie in London verbracht hatte, und wollte nun eine Arbeit, die ihren Fähigkeiten entsprach.
Der Personalberater beugte sich über ihren Lebenslauf, räusperte sich, musterte seine Klientin und sagte: «Mit Einbußen müssen Sie natürlich rechnen. Sie waren schließlich zwei Jahre lang weg vom Fenster.» Ansonsten sei sie sehr gut vermittelbar. Weg vom Fenster: Das ist Personalberatersprech für Babypause. Und noch etwas riet der erfahrene Mann: Helene hatte den Namen und das Geburtsdatum ihres Sohnes in ihr Curriculum geschrieben. Damit kommuniziere sie zu viel Mutter und zu wenig Professionalität. «‹Ein Kind› – und höchstens noch das Alter.»
Helene folgte der Empfehlung, machte aus ihrem Sohn ein namen- und altersloses Kind, verwandelte die Londoner Babypause in einen Sprachaufenthalt und setzte ihre Ansprüche etwas herab. Kurz darauf fand sie eine Teilzeitanstellung von siebzig Prozent, die nicht ganz so qualifiziert und nicht ganz so lukrativ war wie ihre letzte Arbeit.
Wie Helene geht es unzähligen Frauen. Jede vierte Frau ist laut des statistischen Berichts zur Beschäftigung in der Schweiz vom Oktober 2011 in ihrem Job mutmaßlich «überqualifiziert». «Erheblich überqualifiziert» sind Frauen fast dreimal häufiger als Männer. Noch immer verdienen Frauen gut tausend Franken, rund achtzehn Prozent, weniger im Durchschnitt. Zwar schlüsselt der Bericht die Zahlen nicht in kinderlose Frauen und Mütter auf, was wohl erhellend wäre, aber Forschungsergebnisse belegen unsere Vermutung, dass es die Mütter sind, die den Bärenanteil der Lohnlücken und Qualifikationsüberschüsse ausmachen: Seit einigen Jahren untersuchen Arbeitsmarktpsychologen, etwa die Schweizer Professorin Bettina Wiese, die Auswirkungen von Babypausen auf Karriere und Psyche von Frauen. Das Fazit: Eine längere Auszeit hat negative Folgen auf das Gehalt und auf die Wahrscheinlichkeit, befördert zu werden, vor allem bei höher qualifizierten Frauen. Die Psychologin hat vierundsechzig Personalmanager befragt, wie lange die Elternzeit für weibliche Führungskräfte dauern dürfe, ohne dass sie sich negativ auf die Karriere auswirke. Das Verdikt: höchstens ein Jahr.
Das Karrierekorsett, in das Mütter steigen müssen, um nicht ein ganzes Berufsleben lang dafür zu bezahlen, dass sie ein Kind geboren haben, ist eng geschnürt. In gewissen Branchen so eng, dass eine Frau, ist sie erst mal Mutter, gar nicht mehr hineinkommt. Und das bringt uns zur letzten Beispielgeschichte. Sie spielt in der Finanzbranche und ist so alarmierend, dass der Autor Joris Luyendijk vom Guardian seiner Informantin, die ihm die Geschichte vergangenen Herbst erzählte, volle Anonymität zusichern musste. Er erzählte sie in seinem Blog, auf dem er Frauen in Spitzenpositionen in der Finanz- und in der Medienbranche nach Arbeitsbedingungen und frauenfeindlichen Erfahrungen befragt hat. Die Antworten waren weder anklagend noch verbittert. Man müsse Golf spielen, sich der Herrenrunde anpassen, auch was den Humor angehe, gaben die Befragten zu Protokoll. Man müsse Tag für Tag gewillt sein, alle anderen zu überflügeln und dürfe dabei Männer in mächtigen Positionen nicht schlecht aussehen lassen.
Alles Aufstiegsregeln, die wohl auch für Männer gelten. Bis auf die Aussage dieser Investmentberaterin Ende zwanzig: Wer ein Kind kriegt, ist draußen. «In diesem Beruf kann man nicht pausieren und dann wiedereinsteigen, wenn man ein Kind bekommt.
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