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Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
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hatten, wenn sie zunächst ihre Kinder und dann ihre Enkel mit Schokolade oder dem Fernseher ruhigstellten, damit Papa seine Mittagsruhe halten konnte: Sie sorgten dafür, dass der Nachwuchs die Kommandozentrale nicht störte. Heute ist das nicht mehr der Patriarch, sondern der männlich geprägte Konzern. Und das Kinderverstecken ist die weibliche Entsprechung. Oder kennen Sie viele Väter, die in der Mittagspause, statt mit Kollegen zu essen, noch schnell die Karriere mit dem Kind vereinbaren und das weiße T-Shirt für das schulische Textilfarbenmalen am nächsten Tag besorgen? Oder solche, die die Sitzungspause nutzen, um statt zu networken einen Babysitter für den schulfreien Lehrerbildungstag organisieren?
    Nein – so was ist noch immer der Job von Müttern. Egal ob sie auch noch auswärts arbeiten oder nicht. Das ist schon daran ersichtlich, dass es in unserem Wortschatz berufstätige Väter gar nicht gibt.
    Berufstätige Mütter aber gibt es viele. Sie stellen sogar die große Mehrheit in der Schweiz. Laut den neuesten Zahlen des Bundesamtes für Statistik arbeiten vier von fünf Müttern heute zumindest Teilzeit. Wenn man sie auf das Phänomen der unsichtbaren Mutter anspricht, erzählen viele bereitwillig eine Anekdote.
    Manchmal sind es unfreiwillig komische Geschichten, die man zu hören bekommt. Geschichten wie diese:
    In den ersten Monaten des frühen Schwangerschaftsglücks besuchte eine der Macho-Mamas ein Motivationsseminar für Frauen. Sie war achtundzwanzig Jahre alt, hatte gerade ihr Studium beendet und versuchte, bei einer Regionalzeitung ein fixes Pensum zu ergattern, was damals schwierig war. Die Zeitungsbranche kränkelte. Organisiert hatte die Veranstaltung der Verlag, der die Regionalzeitung herausgab. Das Management machte sich Sorgen wegen des bröckelnden Abonnentenstamms, und es war bemerkt worden, dass der Frauenanteil in der Redaktion bei beschämenden (und geschätzten) drei Prozent lag. Wenn man als moderne Zeitung auch Frauen ansprechen wollte, kam man aber nicht darum herum, auch Frauen schreiben zu lassen. Also ließ man die wenigen Frauen auf der Redaktion antraben, damit sie den jungen Kolleginnen, die frei für das Blatt arbeiteten, etwas Mut machten.
    Es war eine schöne Veranstaltung, die Reden plätscherten dahin, garniert mit Slogans wie: Mehr Selbstbewusstsein! Sich nicht entmutigen lassen! Auch wenn Redaktionskollegen einen nicht ernst nehmen sollten! Sich nicht zu schade sein! Macho-Mama erfuhr wenig Neues und wenig Konkretes, aber sie glaubte auch nicht wirklich, dass die Schwierigkeit, eine Festanstellung zu bekommen, damit zu tun hatte, dass sie eine Frau war. Sondern eher damit, dass sie jung war und dass die alten Hasen die wenigen verfügbaren Stellen an Claqueure vergaben, von denen sie nichts zu befürchten hatten. Trotzdem war es schön, hier zu sein, auch wenn nur Frauen referierten, die in der Redaktion offensichtlich nicht ernst genommen wurden. Frauen für Frauen! Das vermittelte ihr das Gefühl, auch ein bisschen zu einem Netzwerk zu gehören.
    Eins der Referate wurde von einer gefeierten Theaterkritikerin gehalten, einer schönen Frau mit Pagenschnitt, roten Lippen und schläfrigen Lidern über stechend klaren Augen. Sie sprach vom Arbeitsalltag, der mühselig und selten erbaulich sei, aber ihre Maxime laute: Don’t cry, work! Diese Worte habe sie sich über den Schreibtisch gehängt. Und daran halte sie sich fest.
    Eine schöne Regel – nur leider die falsche für eine junge Frau wie Macho-Mama.
    Anschließend ans Motivationsseminar, beim Apero zum «Netzwerken», wie im Programmheft festgehalten war (ein Begriff, der damals gern im Zusammenhang mit der Frauenfrage verwendet wurde), suchte sie Auskunft bei einer der Referentinnen. Sie entdeckte eine aus der Personalabteilung, die die Tagung mit ihrem Vortrag eröffnet hatte, und fasste sich ein Herz.
    «Mein Name ist Macho-Mama, ich habe Ihr Referat gehört und habe eine Frage. Ich arbeite als Freie und möchte gern ein festes Pensum auf der Redaktion, aber ich habe keine Ahnung, wie ich das anstellen soll. Ach ja, und außerdem bin ich schwanger.»
    Das zögerliche Lächeln der Referentin tropfte von ihren Lippen ins Weißweinglas. «Schwanger. Hmmm», sagte sie. Sie sicherte mit einem Blick die Umgebung und neigte sich verschwörerisch zu Macho-Mama, um die Schätze ihrer jahrelangen Erfahrungen im Human-Resources-Bereich mit ihr zu teilen. «Nun, ich würde das zunächst niemandem sagen», meinte

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