Macht (German Edition)
Kirche beträchtlich. Als es der Reformbewegung gelang, das Zölibat zu erzwingen, trennte sie die Priester nachdrücklicher von der übrigen Welt und regte ohne Zweifel ihren Machttrieb an, was die Askese in den meisten Fällen bewirkt. Die Reformbewegung erfüllte die führenden Kirchenmänner mit moralischer Begeisterung für eine Sache, an die jeder glaubte, diejenigen ausgenommen, welche aus der traditionellen Korruption Gewinn zogen, und als Hauptmittel zur Förderung dieser Sache verursachte jener Enthusiasmus eine große Erweiterung der päpstlichen Macht.
Von Propaganda abhängige Macht verlangt gewöhnlich, wie in diesem Fall, zu Anfang außerordentlichen Mut und Selbstaufopferung. Wenn man aber durch diese Eigenschaften erst einmal Achtung gewonnen hat, so können sie beiseite gelegt und die Achtung als Mittel zu weltlichem Aufstieg gebraucht werden. Mit der Zeit nimmt der Respekt ab, und die Vorteile, die er einem gesichert hat, werden verloren. Dieser Prozess erfordert manchmal nur wenige, manchmal Tausende von Jahren, aber im Wesen handelt es sich immer um dasselbe.
Gregor VII. war kein Pazifist. Seine Lieblingsworte waren: »Fluch dem Manne, der sein Schwert rein hält von Blut.« Aber er erklärte das als Verbot, sterblichen Menschen das Wort der Lehre vorzuenthalten, was die Richtigkeit seines Blicks hinsichtlich der Macht der Propaganda beweist.
Nikolaus Breakspear, der einzige Engländer, der je den Heiligen Stuhl einnahm (1154 bis 1159), zeigt die theologische Gewalt des Papstes in etwas anderer Beziehung. Arnold von Brescia, ein Schüler Abälards, predigte die Lehre, dass »Scholaren, die Güter haben, Bischöfe, die Ländereien besitzen, Mönche, die Reichtum ihr eigen nennen, nicht gerettet werden können«. Diese Lehre war natürlich nicht orthodox. St. Bernhard sagte von ihm: »Ein Mann, der weder isst noch trinkt, hungert und dürstet allein, gleich dem Teufel, nach dem Blut der Seelen.« St. Bernhard gab nichtsdestoweniger seine musterhafte Frömmigkeit zu, die ihn zu einem nützlichen Verbündeten für die Römer in ihrem Konflikt mit dem Papst und den Kardinälen machte – es war ihnen gelungen, diese im Jahre 1143 in die Verbannung zu treiben. Arnold unterstützte die wiederbelebte römische Republik, die in seiner Lehre eine moralische Sanktion suchte. Aber Hadrian IV. (Breakspear) zog Vorteil aus der Ermordung eines Kardinals und belegte Rom mit dem Kirchenbann für das Osterfest. Als Karfreitag herankam, befielen den Senat theologische Ängste, und er unterwarf sich auf widerliche Weise. Mit Hilfe des Kaisers Friedrich Barbarossa wurde Arnold gefangen. Man hing ihn auf, verbrannte seinen Körper und warf die Asche in den Tiber. So bewies man, dass Priester reich sein durften. Der Papst krönte den Kaiser in der Peterskirche, um ihn zu belohnen. Die kaiserlichen Truppen waren nützlich gewesen, nicht so nützlich allerdings wie der katholische Glaube, dem, mehr als jeglicher weltlichen Unterstützung, die Kirche sowohl Macht wie Reichtum verdankte.
Die Lehren des Arnold von Brescia waren geeignet, Papst und Kaiser miteinander zu versöhnen, denn jeder erkannte, dass beide für die errichtete Ordnung notwendig seien. Aber als man sich Arnolds entledigt hatte, brach der unvermeidliche Streit bald wieder aus. In dem langen Kriege, der folgte, hatte der Papst einen neuen Verbündeten, nämlich die lombardische Liga. Die Städte der Lombardei, Mailand an der Spitze, waren reich und dem Handel ergeben. Sie bildeten in jener Zeit einen Vortrupp in der wirtschaftlichen Entwicklung, eine Tatsache, die für Engländer in dem Namen »Lombard Street« festgehalten ist. Der Kaiser vertrat den Feudalismus, dem der bürgerliche Kapitalismus bereits feindlich gesinnt war. Obwohl die Kirche »Wucher« verbot, borgte der Papst. Er fand das Kapital der norditalienischen Bankiers so nützlich, dass theologische Strenge gemildert werden musste. Der Streit Barbarossas mit dem Papsttum, der etwa zwanzig Jahre währte, endete mit einem Rückzug, und es war vor allem den lombardischen Städten zuzuschreiben, dass der Kaiser aus ihm nicht siegreich hervorging.
In dem langen Kampf zwischen Papsttum und Kaiser Friedrich II. ist der schließliche Sieg des Papstes hauptsächlich zwei Ursachen zuzuschreiben: der Opposition der kommerziell gesinnten Städte Norditaliens, der Toskana wie der Lombardei, gegenüber dem Feudalsystem und der frommen Begeisterung, die die Franziskaner weckten. Der heilige Franziskus
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