Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)
Einzelschicksal, sie kennzeichnet die Phase des Karriereendes vieler professioneller Tänzer und Sportler, die nie etwas anderes getan haben und später keine Orientierung außerhalb der gewohnten, lebensstabilisierenden Gemeinschaft finden.
Im Spiegel erscheint in dieser Zeit ein Artikel über das spezifische Ausbildungsvakuum von Berufstänzern und berufenen Tänzern wie Heather Jurgensen und findet in Riga eine Leserin, eine Professorin, die ihr daraufhin einen Studienplatz an der dortigen Kunstakademie anbietet, auch wenn ihr die Master-Qualifikation dafür fehlt.
Sie ist Amerikanerin und muss zunächst auf dem Globus nach der lettischen Hauptstadt suchen. Dann packt sie ihre Sachen und ihren Sohn, beginnt ein Studium in einer fremden Welt und findet eine neue Gruppe, zu der sie sich zugehörig fühlt, auch wenn ihre Kommilitonen gerade erst von der Schule kommen und viele Jahre jünger sind als sie.
Häufig erfordert die Ankunft im neuen Lebensabschnitt einen Umweg, eine Zeit der Klärung, eine Windung, die nicht sofort als Entwicklungsstufe erkennbar ist. Im Rückblick wird diese Phase oft als wertvoll beschrieben, auch in der Verklärung nach deren Überwindung.
Peter Kabel ist nach Indien gegangen. Er folgte keinem Ruf, erwartete kein herzliches Willkommen. Er wollte einfach Abstand nach dem Zusammenbruch seiner Lebensleistung, aufreibenden strafrechtlichen Auseinandersetzungen und der ungewollten Trennung von seiner damaligen Lebensgefährtin. Beim Roten Kreuz und »den üblich verdächtigen« Hilfsorganisationen hat er versucht, eine Aufgabe und neuen Sinn zu finden. »Aber man konnte mich nicht gebrauchen mit vierzig«, erzählt er von den deprimierenden Erfahrungen seiner engagierten Aufstehversuche.
Weil er sich schon lange intensiv mit Yoga beschäftigte, wählte er Indien aus für seine Katharsis. Nicht um Tempelanlagen anzuschauen, bekräftigt er seine existentielle Not: »Ich wollte mich unbedingt wieder in irgendetwas einfädeln.« In einem Ayurveda-Camp trifft er einen Yoga-Lehrer, der ihn zu einer Missionsstation schickt, tausende Kilometer entfernt. Er fuhr hin, aber der verantwortliche Vater Dominic war gerade auf Mission, wurde jedoch ein paar Tage später zurückerwartet. »Ich habe einfach ausgeharrt«, sagt er, gefühlt eine lange Zeit. Eine anspruchsvolle Übung für einen, der es gewohnt war, sich mit seiner Aktionsgeschwindigkeit permanent selbst zu überholen.
Vater Dominic hatte auch keine Verwendung für ihn, empfahl ihn aber einer Bekannten, die gerade ein kleines Unternehmen gegründet hatte und nun krank geworden war. Die Frau müsse operiert werden, »das war das Einzige, was ich wusste«. Er ist dann ins kalte Wasser gesprungen und hat das Unternehmen ein paar Monate gemanagt. »So, wie ich es gelernt hatte, das war in jeder Hinsicht herausfordernd«, schildert er selbstzufrieden, und zum ersten Mal in unseren Gesprächen lässt er ungebremste Fröhlichkeit zu.
Er habe nicht viel an Zuhause gedacht in diesen Monaten. An seinen Sohn natürlich. Aber nicht mehr an die Akten, durch die er sich ein Jahr gewühlt hatte, um die Vorwürfe des Betruges zu entkräften, nach dem schlimmsten unter den vielen schlimmen Tagen. Dem 7. September 2001. Er ist am frühen Morgen schon zu einem Termin unterwegs, als seine Putzfrau anruft. Es seien Menschen draußen, die hineinwollen. Sie hatte Angst, verrammelte die Tür, bis er an seinem Haus ankam, vor dem ihn zwei Mannschaftswagen der Polizei und eine Armada der Staatsanwaltschaft empfingen. »Eine Hausdurchsuchung, Menschen mit Pistolen, die in meine Privatheit eindrangen, gleichzeitig in meine Büros und mein Ferienhaus, das war unvorstellbar«, reiht er die Schrecken dieses Tages aneinander, die ein bis heute unaufgelöstes Trauma hinterlassen haben. Der absolute Tiefpunkt.
Zeitungsgeschichten gab es dazu: »zusammenphantasiert, wirklich hässlich.« Ehemalige Mitarbeiter hätten Geld dafür bekommen, dass sie sagen, »ich sei ein Schweinehund«. Die Versteigerung der Designermöbel aus der Insolvenzmasse wurde darin beschrieben, um ein prätentiöses Bild zu zeichnen. Sie brauchten nunmal eine Menge Tische, als Kabel New Media unaufhaltsam prosperierte. Schneller als herkömmliche geliefert werden konnten. Also habe er welche anfertigen lassen. Zweckmäßig. Seiner sei der gleiche gewesen wie der aller Mitarbeiter. Aber das taugte wohl nicht zur Bebilderung des fulminanten Absturzes eines New-Economy-Stars.
Er will zurück zu den
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