Macht Musik schlau?

Emotionen und Musik etwas ausführlicher besprechen.
    5.4
    Zusammenfassung und kritische Würdigung
    In diesem Kapitel habe ich den derzeitigen Wissensstand über die Einflüsse des passiven Musikhörens auf das Lernen von unterschiedlichen Inhalten zusammengefasst. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Bilanz über die oft geäußerte Euphorie und die auf vielen Internetseiten nachzulesende vermeintlich positive Wirkung des Musikhörens auf das Lernen im Lichte ernsthafter wissenschaftlicher Untersuchungen eher ernüchternd ausfällt. Das soll überhaupt nicht bedeuten, dass kein positiver Einfluss des passiven Musikhörens vorliegt, sondern es soll vielmehr festgehalten werden, dass die Wirkungen von passivem Hören viel differenzierter zu bewerten sind. Im Folgenden fasse ich die Befunde noch einmal übersichtlich zusammen.
    â–  Die von der Suggestopädie und verwandten Methoden propagierte Wirkung von passivem Musikhören auf das Lernen (vielfältiger Inhalte) hält keiner ernsthaften wissenschaftlichen Überprüfung stand. Insbesondere die Publikationen, welche in der der Suggestopädie nahestehenden Zeitschrift
Journal of the Society for Accelerative Learning and Teaching
veröffentlicht wurden, stellen eine sehr selektive Auswahl dar, welche den aktuellen Kenntnisstand nicht repräsentieren.
    â–     Auch die immer wieder propagierte Wirkung des passiven Hörens von Barockmusik auf das Lernen ist wissenschaftlich nicht bestätigt worden.
    â–     Die arbeitspsychologische Forschung hat positive
und
negative Einflüsse von Hintergrundmusik auf verschiedene arbeitsbezogene Leistungsmaße belegt:
    â–     Je schwieriger die Aufgabe, desto negativer wirkt die Hintergrundmusik auf die Leistung in der Primäraufgabe.
    â–     Kurze Phasen von Hintergrundmusik wirken stimmungsaufhellender und aktivierender und verbessern die Arbeitsleistung.
    â–     Die Persönlichkeit des Hörenden hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkung von Hintergrundmusik. Introvertierte Menschen werden stärker durch Hintergrundmusik gestört als extravertierte.
    â–     Die Wirkung von passivem Musikhören auf Rechen-, Lese- und Lernleistungen kann bei Erwachsenen nicht eindeutig belegt werden.
    â–     Die Wirkung des passiven Musikhörens auf Rechen-, Lese- und Lernleistungen hängt von einer Reihe anderer Faktoren wie Musikbildung, Erfahrung mit passivem Hören während des Lernens, Entspannung und emotionaler Wirkung der Musik ab.
    â–     Wichtig sind auch «Hörzugänge» zur Hintergrundmusik. Je nach gewähltem Hörzugang wird die Hintergrundmusik einen anderen Einfluss auf die Primärtätigkeit ausüben.
    â–     Folgende «Hörzugänge» werden vorgeschlagen: Assoziativ, kognitiv, körperlich, involviert und emotional.
    â–     Es zeigen sich allerdings immer wieder deutliche fördernde Effekte von Hintergrundmusik bei Kindern und bei Probanden mit intellektuellen Einschränkungen. So konnte z.B. gezeigt werden, dass Musikdarbietungen vor, während und nach dem Lernen durchaus Lern- und Gedächtnisleistungen bei kognitiv beeinträchtigten Probanden verbesserten. Diese fördernden Effekte waren bei unterschiedlichen Musikstücken (aus verschiedenen Genres) zu beobachten, unabhängig davon, ob die jeweilige Musik für die Lernenden unbekannt oder bekannt war.
    â–     Viele Einflüsse der Hintergrundmusik auf das Lernen und das Gedächtnis können mittels des theoretisch gut begründeten Modells des kontextabhängigenGedächtnisses erklärt werden. Im Rahmen dieses Modells hängt die Gedächtnisstärke einer gespeicherten Information davon ab, wie viele weitere Informationen mit dieser Information assoziiert sind. Auf diese Art und Weise kann Musik als Hinweisreiz für andere Informationen dienen. Musik kann auch den Kontext definieren, der mit der zu lernenden Information gekoppelt ist.
    â–     Die Wirkung des passiven Hörens von Hintergrundmusik kann auch im Zusammenhang mit begrenzten Verarbeitungsressourcen beschrieben werden. Im Rahmen dieser Modelle vollführt eine Person beim passiven Hören und gleichzeitiger Durchführung anderer Tätigkeiten eine Doppel- oder Mehrfachtätigkeit. Je nach Komplexität der Hauptaufgabe und der