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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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Lesen der Partitur)
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oberer Teil des Scheitellappens
    (Lobulus parietalis superior)
Raumorientierung, räumliche Kontrolle der Motorik
    (immer aktiv beim Betätigen von Instrumenten; auch beim Lesen der Partitur)
13
mittlerer Schläfenlappen
    (Gyrus temporalis medius)
übergeordnete Wahrnehmungen, Zusammenführen von auditorischen und visuellen Informationen, Gedächtnisspeicher etc.
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Kleinhirn
Kontrolle automatisierter Handlungen, Wahrnehmung und Hervorbringung von Rhythmus, Zeitwahrnehmung
    Die Musikwahrnehmung greift im Gegensatz zur Sprachwahrnehmung vermehrt auf die Analyse von Frequenzinformationen zurück. Dies bedeutet, dass der rechtsseitige Hörkortex besser und effizienter Tonhöhen und Klangfarben analysieren kann, während der linksseitige Hörkortex die Analyse von zeitlichen Zusammenhängen akustischer Informationen besser bewerkstelligt. Wenn also ein einzelner Ton präsentiert wird, dann wird vor allem der rechtsseitige Hörkortex aktiv sein. Im Vordergrund stehen dann die Analyse der Grundfrequenz und der Obertonzusammensetzung. Ein anderes Aktivierungsmuster ergibt sich allerdings, wenn zwei Töne nacheinander präsentiert werden. Dann werden auch die zeitlichen Zusammenhänge der Töne wichtig, die vom linksseitigen Hörkortex wirksamer analysiert werden. Da die Wahrnehmung von Musik in der Regel die Analyse von zeitlichen
und
frequenzbezogenen Informationen erfordert, sind also bei normaler Musikwahrnehmung auch beide Hörareale (das rechte und linke) an der Analyse beteiligt.
    Einschränkend muss erwähnt werden, dass die meisten der oben dargestellten Befunde aus Studien stammen, die sich moderner bildgebender Verfahren bedient haben. Hierbei werden Durchblutungsmuster oder elektrische Aktivitäten des Gehirns im Zusammenhang mit der Musikwahrnehmung und -produktion registriert. Das bedeutet, dass Hirnaktivierungen simultan mit den Musikwahrnehmungs- und -produktionsprozessen gemessen werden. Dies ist also eine korrelative Methode, welche die Hirnaktivierung während der Bearbeitung der Musikfunktionenerfasst. Solche korrelativen Befunde lassen jedoch keine Rückschlüsse auf Kausalzusammenhänge zu. Das bedeutet, dass einige der gemessenen Hirnaktivierungen möglicherweise gar nicht wichtig sind, um die entsprechenden psychischen Prozesse durchzuführen. Diese Aktivierungen könnten nur zufällig auftreten oder nur unbedeutend oder nebensächlich. Eigentlich müsste man die einzelnen Hirngebiete systematisch ausschalten oder erregen, um zu schauen, welche Musikverarbeitungen jeweils beeinflusst würden. Eine Möglichkeit, solche oder ähnliche Funktions-Gehirn-Zusammenhänge herauszuarbeiten, bietet das Naturexperiment der Hirnläsion. So tragisch Hirnläsionen für den Betroffenen auch sind, so können sie doch bei sorgfältiger Analyse des Schädigungsortes und der ausgefallenen psychischen Funktionen wichtige Einblicke in Funktions-Gehirn-Zusammenhänge liefern. Eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit hat die bis zum heutigen Zeitpunkt publizierten Befunde über Amusien und die ihnen zugrunde liegenden Hirnstörungen zusammengefasst (Stewart, von Kriegstein, Warren und Griffiths, 2006). Die britische Arbeitsgruppe um die Neuropsychologin Lauren Stewart konnte belegen, dass die Wahrnehmung elementarer Musikelemente wie Tonintervalle, Tonmuster, Tonstruktur, Klangfarbe, zeitliche Intervalle und Rhythmus wesentlich von der Integrität des gesamten auditorischen Kortex (aber auch anderer Hirngebiete) abhängt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ein klares Rechts-links-Muster, im Sinne einer stärkeren Beteiligung des rechtsseitigen Hörkortex an der Analyse dieser Musikaspekte, nicht wirklich bestätigt werden konnte. Lediglich für die Wahrnehmung von Tonintervallen, Tonmustern und Klangfarben ist der rechtsseitige Hörkortex etwas wichtiger, was sich darin zeigt, dass Patienten mit Hirnstörungen im rechtsseitigen Hörkortex etwas häufiger Ausfälle für die Wahrnehmung dieser Musikaspekte zeigen. Auffallend ist vielmehr, dass beide Seiten des Hörkortex an allen Analysen beteiligt sind. Man muss also von einer Netzwerkanalyse bei der Musikwahrnehmung ausgehen, an der weite Teile des gesamten Hörkortex beider Hemisphären beteiligt sind. Dieses Netzwerk umfasst je nach Musikerfahrung, Schwierigkeit des gehörten oder gespielten Musikstückes

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