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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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gekommen seien, weil Chinesen auch eine tonale Sprache sprechen. Insofern würden sie für das Lernen von Musik- bzw. Noten möglicherweise die gleichen Netzwerke einsetzen, wie beim Lernen von Sprache.

    Abbildung 17: Darstellung der Ergebnisse aus der Studie von Ho und Kollegen (2003) für die drei Lernzeitpunkte (t1, t2 und t3) und den verzögerten Abruf 10 und 30 Minuten nach dem letzten Lerndurchgang. Man erkennt, dass die Versuchspersonen mit Musiktraining deutlich bessere verbale Gedächtnisleistungen während des unmittelbaren und verzögerten Abrufs erzielten. Es konnte kein Unterschied hinsichtlich der visuellen Gedächtnisleistungen festgestellt werden. Die waagerechten Pfeile bezeichnen statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich der Gedächtnisleistung zwischen Musikern und Nichtmusikern.
    Im Rahmen ihrer Studie hat sie 37 Studenten der Universität Manitoba untersucht. Einundzwanzig von ihnen hatten keine bemerkenswert intensiven Musikerfahrungen. Diese Studenten hatten weniger als ein Jahr formalen Musikunterricht genossen. Die 16 anderen Studenten betrieben dagegen recht intensiv Musik. Sie hatten ihre Musikausbildung ungefähr mit dem sechsten Lebensjahr begonnen und ebenfalls den Abschluss
Grade VIII Level
des Royal Conservatory erzielt. Die beiden Versuchsgruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildung und der sozialen Schicht, der sie angehörten. Mit diesen Versuchspersonen veranstaltete die Nachwuchswissenschaftlerin eine Reihe von Gedächtnisexperimenten, in denen sie zeigen konnte, dass die Musiker in allen Gedächtnistests konsistent besser waren. Interessant war vor allem, dass die Musiker nicht nur in den verbalen Gedächtnistests besser als die Nichtmusiker waren, sondern auch in den visuellen Tests. Einerseits ist dies eine Bestätigung der Ergebnisse der chinesischen Kollegen, was die verbalen Gedächtnisleistungen betrifft, andererseits aber ein Widerspruch zu den Befunden bezüglich des visuellen Gedächtnisses. Bei den chinesischen Musikern konnte kein Vorteil für das visuelle Gedächtnis festgestellt werden, bei den Musikern aus Manitoba aber schon. Was bedeuten diese Befunde? Während wir beide vor dem Poster über diese Befunde diskutierten, gesellte sich Andrea Kilgour zu uns, deren Arbeit ich bereits erwähnt habe. Übereinstimmend erklären wir uns die Gedächtnisvorteile bei Musikern wie folgt:
    Das bessere verbale Gedächtnis hängt wahrscheinlich mit den geschulten Hörleistungen der Musiker zusammen. Musiker lernen, mit Tönen, Tonfolgen, Rhythmen und Melodien umzugehen. Sie müssen sie im Gedächtnis behalten und lernen, sie auch anderen Symbolen zuzuordnen. Typische Symbole sind Noten oder Handzeichen von Dirigenten.Des Weiteren müssen Töne auch in motorische Programme umgesetzt werden. Der Umgang mit den auditorischen Aspekten der Musik schult wahrscheinlich auch ein Funktionsmodul, welches für das verbale Gedächtnis von herausragender Bedeutung ist. Beim verbalen Gedächtnis nutzen wir auch phonologische Informationen, um uns Wörter einzuprägen. Hierbei werden die Wörter in ihre Laute umgewandelt, und wir sagen die Laute vor unserem geistigen Auge immer wieder auf. Wir merken dies sehr eindrücklich, wenn wir uns Telefonnummern merken sollen. Leise wiederholen wir die Nummern. Diesen Prozess, den die kognitiven Psychologen als phonologische Schleife bezeichnen, kann man ganz einfach stören. Machen Sie mal selbst die Probe. Lassen Sie sich einmal von einem Freund eine achtstellige Nummer auf einem Blatt Papier niederschreiben. Beginnen Sie diese Nummer zu lernen. Während Sie lernen, spricht Ihr Freund in regelmäßigen Abständen Wörter, die klanglich den Nummern sehr ähnlich sind. Wenn sie sich eine
Eins
merken wollen, spricht Ihr Freund das Wort
keins
, sollen Sie sich eine
Drei
merken, spricht Ihr Freund das Wort
Brei
. Sie werden feststellen, dass es Ihnen ungemein schwerfällt, die achtstellige Nummer auswendig zu lernen. Die ähnlich klingenden Wörter, die Ihr Freund spricht, stören offenbar das Memorieren der zu lernenden Zahlen. Die Lernleistung ist schlecht, sofern Sie es überhaupt schaffen, die Zahl zu lernen. Würde Ihnen Ihr Freund während des Lernens keine Wörter vorsprechen, sondern Bilder zeigen, würde das Ihren Lernprozess überhaupt nicht beeinflussen. Sie erkennen wahrscheinlich, worauf

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