macht Urlaub
ein Chiaroscuro zu blicken schien auf eine Studie in Licht und Schatten mit dem Titel »Szene aus Arabien, fünfzehntes Jahrhundert«. Das lag daran, daß ihr plötzliches Erscheinen jegliche Bewegung hatte erstarren lassen. Und sie erkannte, daß sie sich mit der Zahl der Entführer getäuscht hatte. Zwei standen aufrecht in fast theatralischer Pose in ihren eleganten, gestreiften Gewändern und Kaffiyehs und mit den Dolchen in ihren Gürteln. Einer hielt eine Peitsche, der andere eine Pistole. Beide standen im Halbschatten der Laterne, die mit dem Glanz einer Goldmünze strahlte und deutlich jeden Stein der alten Wand über ihnen beleuchtete, während sie nur leicht über die Gesichter der beiden Männer streifte, ehe der goldene Schein in der Dunkelheit hinter ihnen schwand. Plötzlich löste sich das Bild auf, und Mrs. Pollifax fand sich im zwanzigsten Jahrhundert wieder. Die beiden Männer bewegten sich, und der dritte, der mit nacktem Oberkörper und gespreizten Armen und Beinen auf dem Boden festgebunden war, drehte mühsam den Kopf und sagte matt: »Et tu, Herzogin?«
17
In Jordanien war bald Mitternacht, in Langley, Virginia, dagegen Spätnachmittag. Carstairs saß an seinem Schreibtisch und wurde immer ungeduldiger. Er hatte eine Direktverbindung zum CIA-Büro in Amman, und im Lauf des Tages hatte er immer wieder mit Hugh Rawlings gesprochen. Bei einer Tasse Kaffee bemühte er sich jetzt, die Puzzlestücke der Nachrichten zusammenzusetzen, die er nach und nach von ihm erhalten hatte und von denen nicht eine zufriedenstellend war.
Er hatte das Gefühl, daß Rawlings allmählich verzweifelte. Der Geheimdienst in Jordanien hielt sich sehr zurück, wenn es darum ging, Informationen mit einem Land auszutauschen, dessen Hilfe es annahm. Diese Abhängigkeit machte es in den Augen seiner arabischen Nachbarn verdächtig. Es war natürlich eine Frage des Stolzes und durchaus verständlich, aber eben aus diesem Grund erfuhr Rawlings lediglich Bruchstücke von Nachrichten, und viele davon waren widersprüchlich. Bei seinem ersten Anruf an diesem Tag hatte Rawlings ihm mit geteilt, er habe von der Polizei erfahren, daß Mrs. Pollifax und Farrell nicht zu dem erwarteten Zeitpunkt in ihr Hotel zurückgekehr t waren und daß Jidoor Tours befragt wurde, wohin ihr Fremdenführer sie gebracht hatte.
Andererseits hatte Rawlings eine Stunde später von der Abwehr gehört, daß alles völlig unter Kontrolle sei; der geheimnisvolle Schlüssel sei vom Sicherheitsdienst des Palasts identifiziert worden - von welcher Tür oder welchem Safe er war, blieb natürlich streng geheim, und Vorsichtsmaßnahmen würden getroffen, das zu schützen, was er öffnen und schließen konnte. Im Augenblick analysierten Sachverständige die Karte oder das Diagramm, um hinter Slamans Pläne für den 30. Oktober zu kommen. Die Abwehr hatte Rawlings versichert, daß alles in Ordnung sei.
Bei einem dritten Anruf berichtete der frustrierte Rawlings, daß laut Polizei die Familie eines Juseff Jidoor besucht worden war und er zu seiner Überraschung erfahren hatte, daß es sich bei Jidoor Tours um ein Einmannunternehmen handelte. Die Mutter des Fremdenführers konnte jedoch Auskunft darüber geben, wohin Juseff seine Klienten gebracht hatte: Sie waren in den Süden gefahren, in die Wüste, um Juseffs Großvater, einen Scheich, zu besuchen. Die Polizei bereitete gerade, wie Rawlings weiterberichtet hatte, eine große Suchaktion vor, um festzustellen, wo genau sich der Scheich und sein Lager in diesem Monat in der Wüste befanden. Für kurze Zeit schien das Glück ihnen hold zu sein, als sie entdeckten, daß ein junger Angehöriger der Kriminalpolizei namens Mifleh Jidoor, Juseffs
- oder Josefs, wie er sich von seinen Kunden nennen ließ Bruder war und vielleicht präziser auf der Karte zeigen könnte, wo sich sein Großvater momentan aufhielt. Aber bedauerlicherweise hatten sie ihn noch nicht finden können. Der letzte Anruf Rawlings hatte entmutigt geklungen. »Ich habe mich nochmals an den Geheimdienst gewandt«, sagte er. »Sie waren diesmal mitteilsamer. Niemand weiß, wo Suhair Slaman ist - in Amsterdam jedenfalls ganz bestimmt nicht -, aber sie gehen Meldungen nach, daß vor zwei Tagen mehrere Männer im Dunkeln die Grenze von Syrien überquerten. Eine Beduinenfamilie hat sie gesehen.« Gereizt fügte er hinzu: »Und das trotz der verstärkten Grenzpatrouille!«
»Es ist eine lange Grenze«, gab Carstairs zu bedenken. »Was ist mit der roten
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