Macht Vakuum
die nicht selbst bestimmen können, wie sie regiert werden. In jeder Generation werden wir aufs Neue daran erinnert, dass autoritäre Regierungen verwundbar sind. Sie können jahre- oder sogar jahrzehntelang die Illusion der Stabilität aufrechterhalten. Aber wenn sie fallen, kann sich der Zusammenbruch, wie wir 1989 überall in Osteuropa und 2011 in Nordafrika gesehen haben, mit erstaunlicher Geschwindigkeit vollziehen. Die Demokratien der Schwellenländer werden in ihrer gegenwärtigen Form mit viel größerer Wahrscheinlichkeit überdauern, aber selbst in Indien, Brasilien und der Türkei werden die Institutionen in den kommenden Jahren einem schweren Härtetest unterzogen werden, wenn die G-Null Probleme verursacht, die die noch in der Entwicklung begriffenen Volkswirtschaften dieser Länder erschüttern.
Trotz dieser Schwächen anderer Länder und trotz der grundlegenden Stärken Amerikas wird der Entscheidungsspielraum Washingtons durch die G-Null eingeschränkt werden. Die unmittelbarste Frage, die sich den amerikanischen Entscheidungsträgern stellt, wird darin bestehen, wie sie die Unterstützung der eigenen Bevölkerung für den Schutz der vitalen außenpolitischen Interessen der USA aufrechterhalten können, obwohl das internationale Ansehen des Landes gelitten hat. Die intensive Konzentration der amerikanischen Politik auf die Staatsschulden und die langen Kriege in Afghanistan und im Irak haben in der amerikanischen Öffentlichkeit das Verlangen nach einer scharfen Reduktion der amerikanischen Rolle in der Welt stärker werden lassen, als es seit der Zeit vor dem Angriff auf Pearl Harbor je gewesen ist. Bei einer Umfrage über »langfristige politische Prioritäten«, die das Pew Research Center im Mai 2011 durchführte, waren die einzigen Ziele, die von einer Mehrheit der Befragten bejaht wurden, die Sicherung der Arbeitsplätze, der Schutz der USA vor terroristischen Angriffen und die Reduktion der US-amerikanischen Abhängigkeit von importierter Energie. Der Anteil, der »eine Reduktion der amerikanischen Verpflichtungen in Übersee« befürwortete, war von 26 Prozent im September 2001 auf 46 Prozent im Mai 2011 gestiegen. Die »Förderung der Demokratie« im Ausland wurde nur von 13 Prozent der Befragten befürwortet, und fast die Hälfte fand richtig, dass »sich die Vereinigten Staaten, was die Außenpolitik betrifft, um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollten«. 2
Auch Washingtons Verbündete in der Nato werden den USA bei den Verteidigungslasten nicht helfen. In dem Jahrzehnt nach den terroristischen Angriffen am 11. September sanken die europäischen Verteidigungsausgaben um 15 Prozent, und wegen der Haushaltskrisen in mehreren europäischen Ländern drohen sie in den nächsten Jahren sogar noch stärker zu sinken. Die globale ökonomische Volatilität und die zunehmende Intensität regionaler Konflikte, insbesondere in Asien und im Nahen Osten, werden die Begeisterung der amerikanischen Wähler und der amerikanischen Verbündeten für kostspielige Interventionen im Ausland sicherlich noch weiter dämpfen. Das sind eine Menge Widerstände, die Politiker überwinden müssen, wenn sie sich gegen einen neuen Isolationismus aussprechen, aber genau das ist notwendig, wenn sich Amerika auf die Post-G-Null-Welt vorbereiten soll.
Lehren aus dem Kapitel Gewinner und Verlierer
Wenn so viele Faktoren das Selbstvertrauen der USA belasten, wie können sie dann die Wiederbelebung für die Post-G-Null-Welt leisten? Die besten Antworten auf diese Frage finden sich in den Voraussagen, die in diesem Buch in Bezug auf Gewinner und Verlierer der G-Null-Ära gemacht wurden. Gleichgültig, ob es sich um Länder oder Unternehmen handelt, haben Verlierer die Tendenz, sich gegen die Veränderungen in ihrer Welt zu wehren oder diese zu ignorieren. Sie operieren in einer Wunschwelt, leben über ihre Verhältnisse und weigern sich, Kosten zu teilen oder die Regeln anderer Instanzen zu akzeptieren. Gewinner akzeptieren die Welt, wie sie ist. Sie nehmen keine Rücksicht auf ihre eigene Eitelkeit, lernen aus ihren Fehlern, passen sich an neue Umstände an, führen wenn möglich Innovationen durch, schließen Partnerschaften wenn nötig und schöpfen ihre zentralen Stärken aus.
Nicht eitel zu sein bedeutet einzusehen, dass die Lösungen, die Amerika aufzwingt, nicht immer die besten sind. Nicht jedes Entwicklungsland ist reif für eine Mehrparteiendemokratie und die weitgehende Privatisierung einer zuvor stark
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