Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
andere Rolle spielen. In der Öffentlichkeit präsentieren Sie sich als der Starke, der Glänzende, der Mächtige – und nur Ihr bedauernswerter Mitspieler ist eingeweiht, dass dies alles lediglich Fassade ist, weil Sie in Wirklichkeit ein entsetzlich schwacher, schüchterner, ja im Grunde kaum lebenstüchtiger Mensch sind. Ihr Mitspieler muss Ihnen helfen, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Sonst fliegen Sie auf und sind am Ende. Sie machen ihn zum Komplizen einer Verschwörung, an der er sich gar nicht beteiligen wollte. Will er sich entziehen, unterstellen Sie ihm, Sie ans Messer liefern zu wollen. Werfen Sie ihm vor, er habe sich zu diesem Zweck Ihr Vertrauen erschlichen.
Gefahren
Selbstverständlich sind nur die milde und mit Einschränkungen die mittelscharfe Form des Opferspiels akzeptabel. Die größte Gefahr, die hier droht, ist die, dass Ihr Mitspieler Ihre Manöver irgendwann durchschaut oder dass er Sie nicht mehr ernst nimmt. Er fühlt sich ausgenutzt, Ihre "Mitleidstour" (wie er das dann nennen wird) verfängt bei ihm nicht mehr. Das ist bitter, denn Sie verlieren nicht nur dramatisch an Einfluss, sondern Sie dürften darüber hinaus "verbrannte Erde" hinterlassen. Ihr Mitspieler wird generell abstumpfen, was die Fragen von Schuld und Wiedergutmachung betrifft. Und das könnte auch denen schaden, die seine Hilfe dringender brauchen als Sie. Das einzige Mittel, das zu verhindern: Halten Sie Maß, übertreiben Sie es nicht mit den Schuldgefühlen und dem schlechten Gewissen. Bleiben Sie glaubwürdig und in gewissem Sinne fair. Kommen Sie dem anderen auch mal entgegen und entlasten ihn von seinen Schuldgefühlen. Auf diese Weise können einige dieser Machtspiele ein Leben lang betrieben werden.
Vor der verschärften Version ist hingegen nur eindringlich zu warnen. Sie richtet ungeheuren Schaden an, zerstört menschliche Beziehungen und führt in keinem Fall zu einem guten Ergebnis. Beide Spieler gehen dabei kaputt. Ohne Zweifel gehört diese Version zu den "Foulspielen" am Ende des Buches, gegen die Sie sich wappnen sollten.
Gegenstrategien
Die milde Form können Sie bedenkenlos mitspielen. Zumindest solange Sie sich nicht ausgenutzt fühlen. Lassen Sie den anderen hängen, dann müssen Sie damit rechnen, dass er unfreundlich über Sie redet und sich über Ihre "Rücksichtslosigkeit" beklagt. Das ist aber auch schon alles. Sie können das Opferspiel aber auch durchkreuzen, indem Sie die eine oder andere Gegenforderung stellen. Lassen Sie Ihr Gegenüber wissen, was es für Sie tun kann, und bestehen Sie darauf, dass es Ihre Forderung erfüllt. Wenn es sich nicht darauf einlässt, ist es aus dem Spiel. Und schließlich könnten Sie als Vorgesetzter auf die Idee kommen, bei anderen Mitarbeitern einmal nachzuhaken, ob die nicht auch Unterstützung brauchen. Um im Bild von vorhin zu bleiben: Sie "ölen" nicht nur das "quietschende Rad", sondern gelegentlich auch mal ein anderes.
Die mittelscharfe Variante erfordert etwas mehr Harte und taktisches Geschick. Sie müssen es verkraften können, den anderen auch einmal zu "enttäuschen", ihm "weh zu tun". Lassen Sie sich deshalb kein schlechtes Gewissen einreden. Im schlimmsten Fall müssen Sie es hinnehmen, dass er sich von Ihnen abwendet. Sie werden sehen, wie schnell Sie darüber hinwegkommen. Ansonsten können Sie ihm immer wieder mal zu verstehen geben, dass Sie seine Anschuldigungen nicht ganz ernst nehmen. Das wird ihn zwar in seinem schlechten Urteil über Sie nur bestärken, aber es gibt nun mal kein anderes Mittel, ihm die "Mitleidstour", wie Sie das dann nennen, abzugewöhnen. Stellen Sie sich taub und kommen Sie nur Bitten nach, wenn sie vorgetragen werden, ohne Ihnen Schuldgefühle zu bereiten. Gleichzeitig sollten Sie das Publikum im Auge behalten. Bei den anderen sollte nicht der Eindruck entstehen, dass Sie es sind, der den Gegenpart rücksichtslos ausnutzt oder gar quält. Legen Sie Ihre Sicht der Dinge dar und lassen Sie das Publikum wissen, dass hinter der vermeintlichen Schwäche Ihres Gegenübers eine fragwürdige Methode steckt, Einfluss zu nehmen.
Bei einem harten Opferspiel sollten Sie auch harte Konsequenzen ziehen. Können Sie keine erträgliche Form des Umgangs miteinander vereinbaren, dann sollten Sie sich dieser Person entziehen, und zwar umso dringender, je stärker Sie bereits emotional verstrickt sind. Sie müssen sich klarmachen, dass der andere nicht allein Macht über Sie ausübt, sondern dass er dabei ist, Sie zu
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