Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Geschäftspartner, Chefs oder Familienmitglieder sein. Es sind die, die ihn zur Rechenschaft ziehen können. Und denen muss der Schuldschieber nun den wahren Schuldigen nennen.
Der "wahre Schuldige" muss selbst gar nicht wissen, dass er diese Plakette trägt. Ja, es ist für den Ausgang des Spiels sogar günstiger, wenn er nie davon erfährt. Sonst könnte er nämlich allen den Spaß verderben und die Schuld dorthin zurückschieben, wo sie hergekommen ist, nämlich zum Schuldschieber.
Die Machtgeber können ihr Spiel sehr variabel gestalten. Sie müssen keineswegs gegen den Schuldschieber spielen und seinen Erklärungsversuchen mit Misstrauen begegnen. Nicht selten spielen die Machtgeber mit dem Schuldschieber zusammen. Sie wollen ihm ja glauben, erst recht, wenn er sich nicht so leicht austauschen lässt. Wo sollte man auf die Schnelle einen Ersatz herbekommen? Und ob der so viel anders wäre? Deshalb sind manche Machtgeber bereit, die Erklärungen des Schuldschiebers über den "wahren Schuldigen" ohne Vorbehalt zu akzeptieren, auch wenn darunter meist das Niveau des Spiels erheblich leidet.
Andere Machtgeber lassen dem Schuldschieber kaum eine Chance. Egal, welche guten Gründe er anführt, welche Autoritäten er einschaltet, welche Gutachten er anfertigen lässt – der Urteilsspruch lautet: "Mit dieser faulen Ausrede wollen Sie nur von Ihrem eigenen Versagen ablenken." – Dann hat der Schuldschieber verloren. Ob die Machtgeber allerdings gewonnen haben, ist nicht sicher. Und derwahre Schuldige bildet bei diesem Spiel ohnehin meist nicht mehr als nur den Bühnenhintergrund.
Gefahren
Wer zu viel Schuld von sich schiebt, macht sich unbeliebt. Er bekommt zu hören, dass er seinen Laden nicht im Griff hat. Außerdem wirkt es ausweichend, feige und schwach, wenn immer nur die anderen Schuld haben. Daher ist es unvermeidlich, dass ein Schuldschieber sich auch immer wieder "seiner Verantwortung stellt", ja die Verantwortung "übernimmt" – allerdings nur für irgendwelche leicht verzeihlichen Pannen, für eigentliche Erfolge und für solche Fehler, bei denen jeder weiß, dass er nichts damit zu tun hat, sondern sich heldenhaft vor seine Leute stellt.
Gegenstrategien
Sie sollten sorgfältig überlegen, ob Sie mit oder gegen den Schuldschieber spielen wollen. Wenn Sie gegen ihn spielen, dann können Sie sich entweder auf seine Begründung stürzen und sie zerpflücken. Oder aber Sie spielen das harte Spiel und erklären rundheraus, der Schuldschieber wolle sich seiner Verantwortung entziehen. Stellen Sie ihm die rhetorische Frage: "Warum wollen Sie sich eigentlich Ihrer Verantwortung entziehen?" und fordern Sie ihn auf, zu seinem Zuständigkeitsbereich zu stehen – egal, wie wenig der andere persönlich mit den Problemen zu tun hat.
Es gibt aber auch viele gute Gründe, das Spiel des Schuldschiebers zu unterstützen. Dass es Ihnen vielleicht gar nicht recht sein kann, wenn Ihre Führungsfigur abtritt oder beschädigt wird, davon war schon die Rede. Darüber hinaus könnte es durchaus sein, dass Sie bei nächster Gelegenheit davon profitieren, wenn Verantwortung nicht allzu eng ausgelegt wird. Womöglich hat dann der Schuldschieber von heute über Ihre Verantwortung zu urteilen. Und dann wäre es natürlich ganz schlecht, wenn Sie ihn besonders hart angefasst hätten.
Schließlich spielt es auch noch eine Rolle, wohin die Schuld verschoben werden soll. Vielleicht kann Ihnen das ja nur Recht sein, weil es sich um einen Konkurrenten handelt oder Sie sich vorstellen können, selbst einmal Schuld an diese Adresse zu verschieben.
Das Opferspiel
Das Opferspiel scheint die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen: Nicht der vermeintlich Starke, der Dominante, der Ranghöhere übt die Macht aus, sondern der vermeintlich Schwache, der Unterlegene, der Underdog. Das Opferspiel gibt ihm die Mittel in die Hand, seine Interessen zu wahren und Einfluss zu nehmen. Im Sinne dieser ausgleichenden Gerechtigkeit kann man für das Opferspiel durchaus Sympathie hegen.
Allerdings kann sich das Opferspiel in extremen Fallen auch zu einem geradezu zerstörerischen Machtspiel auswachsen. Hinter der Maske der Schwäche übt das vermeintliche Opfer mehr und mehr Macht aus, bis es den anderen vollkommen beherrscht und ihn schikaniert.
Die Stärke der Schwäche
Vom Starken erwarten wir, dass er dem Schwachen hilft, und nicht, dass er ihm noch den Stiefel auf den Nacken setzt, wie es immer wieder auf den Hinterbühnen (vgl. Seite 26)
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