Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
seine Mitarbeiter im Griff hat. "Den Sklaven vorführen" ist ein Spiel für die Vorderbühne (vgl. Seite 26). Es richtet sich an ein Publikum und eignet sich besonders gut, um andere Führungskräfte, Geschäftspartner oder fachfremde Besucher zu beeindrucken. Gelegentlich wird es aber auch gespielt, um neuen Mitarbeitern zu demonstrieren, "wie hier der Wind pfeift" – und dass sie nur vorankommen können, wenn sie sich dem Boss bereitwillig unterordnen.
Mitspieler
Es sind zwei Rollen zu besetzen: Der "Boss" wird selbstredend von Ihnen gespielt, wenn Sie dieses Spiel initiieren. Und dann gibt es eben noch den "Sklaven". Meistist es tatsächlich nur einer. Das erleichtert das Spiel und macht es auch für das Publikum übersichtlicher. Wenn sich das Spiel jedoch langer hinzieht, kann es die Wirkung erhöhen, noch einen oder zwei nachgeordnete Sklaven vorzuführen. Im Allgemeinen sind die Darsteller des Sklaven im Bilde, welche Rolle ihnen zugedacht ist. Das ist natürlich nicht vorher abgesprochen, sondern sie wissen aus Erfahrung, wie Sie sich bei solchen Gelegenheiten benehmen. Manche Boss-Spieler lieben es allerdings, ihre Mitarbeiter mit diesem Spiel zu überfahren, was ein wenig riskant ist. Denn das Spiel fällt in sich zusammen, wenn der vermeintliche Sklave einfach nur auf dem Schlauch steht. Auf der anderen Seite eignen sich solche Überraschungsaktionen, um auch dem betreffenden Mitarbeiter ein wenig auf den Zahn zu fühlen (→ Der Knicktest, Seite 74).
Spielverlauf
Gelegenheiten für das "Den Sklaven vorführen"-Spiel gibt es viele. Entscheidend ist, dass der Boss und sein Mitarbeiter gemeinsam auftreten: Bei einer Besprechung, bei einer Konferenz, auf Geschäftsreise. Außerdem ist Publikum erforderlich, denn das soll ja beeindruckt werden. Im Prinzip sind unterschiedliche Szenarios denkbar: Der Boss steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, gerät kurz ins Stocken, weil ihm, sagen wir, eine bestimmte Information gerade nicht einfallen will, er die Seite sieben seines Vortrags im Taxi vergessen hat oder das Glas Wasser vor ihm nicht die gewünschte Menge an Kohlensäure enthält. Nur eine kleine Geste genügt, der Boss schaut auf, wendet den Kopf und schon eilt – für alle gut sichtbar und doch um Unsichtbarkeit bemüht – der Sklave herbei, um das Problem zu beheben. Oder auf die Frage: "Wie hoch war noch das Umsatzplus im dritten Quartal, Frau Goldbach?" antwortet die Angesprochene wie aus der Pistole geschossen: "Sieben-Komma-drei Prozent, Herr Huber!"
Es geht aber auch umgekehrt: Der Sklave steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er hält ein Referat oder moderiert eine Veranstaltung. Häufig sitzt der Boss noch nicht im Publikum, er verspätet sich, schließlich hat er wichtigere Dinge zu tun, als sich das Referat seines Sklaven anzuhören. Er betritt den Raum, was nicht unbemerkt bleibt, besetzt einen der hinteren Plätze und verfolgt mit demonstrativem Desinteresse die Ausführungen des Sklaven, die, um den Effekt zu erhöhen, brillant sein sollten. Der Boss gibt sich hingegen gelangweilt, klappt beispielsweise sein Notebook auf, um einige E-Mails zu beantworten. Erst gegen Ende der Veranstaltung greift er ein, um über die Leistung seines Sklaven einige herablassendeund zugleich anerkennende Bemerkungen zu machen, denn natürlich darf niemand den Eindruck bekommen, dass der Sklave eine Niete sei. Also, ein bisschen Lob muss sein. Aufgabe des Sklaven ist es, diese Worte ehrfürchtig bis unterwürfig entgegenzunehmen. Bei den Zuhörern soll der Eindruck entstehen: Dieser Mensch, der so eine souveräne Leistung abgeliefert hat, beugt sich seinem Herrn und Meister.
Der Boss darf, ja, er sollte seinen "Sklaven" etwas rauer anfassen, streng und schroff zu ihm sein. Das Publikum soll ruhig den Eindruck bekommen, dass er nicht gut mit ihm umgeht. Darin zeigt sich ja seine Macht. Er ist der Boss. Sein Mitarbeiter ist ihm geradezu ergeben. Er braucht nur mit dem Finger zu schnippen, schon ist sein dienstbarer Geist zur Stelle, um ihm jeden Wunsch zu erfüllen.
Beliebt sind auch Wortwechsel wie: "Bis wann können Sie uns den Bericht liefern, Herr Möbius?" Hilflose Geste von Herrn Möbius. Der Boss: "Ich weiß, Sie stecken bis über beide Ohren in Ihren Projekten. Schaffen Sie es bis zum 15. Oktober? Das ist ein Freitag …" Möbius erklärt mit hochrotem Kopf: "Also, es wäre schon schön, wenn ich noch das Wochenende dazu bekäme …" Die Zuhörer sind beeindruckt: Möbius bittet um
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