Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
zerstören.
Boss-Spiele
"Ich dulde keine Jasager um mich herum. Ich will Leute, die klar und deutlich ihre Meinung sagen – auch wenn es sie ihren Job kostet."
Samuel Goldwyn Meyer
Für viele sind Boss-Spiele der Inbegriff des abstoßenden Machtspiels. Denn alles dreht sich nur darum, den "Boss" in seiner Machtfülle zu bestätigen – und das geht natürlich immer auf Kosten von all denen, die dem Boss untergeordnet sind. Der Boss spielt sich auf, zeigt Harte und lässt seine Mitarbeiter für sich springen. Er kommandiert sie herum, benimmt sich rücksichtslos, duldet keinen Widerspruch. Er pflegt seine Eitelkeit, reibt uns seine Statussymbole aufdringlich unter die Nase und lässt sich selbstherrlich loben, bis die Balken brechen. Vernünftige Menschen rümpfen darüber die Nase und halten solche Allüren für albern und sowieso für längst überholt. Heute werde doch eher partnerschaftlich geführt, die Eigenverantwortung gestärkt, Widerspruch und Kreativität gefördert (→ Soft-Power-Spiele, Seite 197). Wer sich da mit Boss-Spielen hervortut, der macht sich unbeliebt, ja sogar lächerlich, ist immer wieder zu hören, gerade von Führungskräften. Auch in der Managementliteratur taucht der "Boss" allenfalls als Karikatur auf, die so ziemlich gegen alle Prinzipien erfolgreicher Führung verstößt. "Bossing" (das Spielen von Boss-Spielen) genießt ungefähr die gleiche Wertschätzung wie Mobbing.
Aber seltsam: Wenn man sich näher umhört, hat man nicht gerade den Eindruck, als würden Boss-Spiele von der Bildfläche verschwinden. Sie erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Und zwar nicht nur bei den "Old Boys", die die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt haben. Womöglich sind die Boss-Spiele sogar eher auf dem Vormarsch als auf dem Rückzug. Die Zeiten sind hart, die Umgangsformen werden ruppiger, da muss man sich als Vorgesetzter von Zeit zu Zeit mit einem beherzten Boss-Spiel Respekt verschaffen. Darüber hinaus lassen sich diese Spiele durchaus mit anderen, weicheren Machtspielen kombinieren. Man kann also führungstechnisch auf dem neuesten Stand sein, sich als Teamplayer feiern lassen oder als "oberster Dienstleister", dessen angebliche Erfolgsformel lautet: "Dienen plus leisten". – Und man kann dennoch seine Boss-Spiele treiben. Vielleicht liegt ja in der Abwechslung verschiedenartiger Machtspiele ein ganz eigener Reiz.
Spielend an der Macht bleiben
Wozu braucht man überhaupt Boss-Spiele? Können wir nicht auf sie verzichten und wie erwachsene Menschen miteinander umgehen? Vermutlich ist das nicht so einfach. Denn erstens bereiten Boss-Spiele der Hauptperson viel zu viel Vergnügen. Und zweitens haben sie auch ihren Sinn: Sie vereinfachen unsere komplizierten menschlichen Beziehungen. Sie zeigen unmissverständlich, wer hier das Sagen hat und wer sich unterordnet. Wer mit Erfolg seine Boss-Spiele betreibt, der festigt damit seine Machtstellung. Er muss nicht argumentieren, er muss nicht überzeugen, er sagt einfach, was gemacht wird. Und auch wenn er es nicht sagt, so gibt er zu erkennen, dass die anderen ihn nicht übergehen können, sondern dass sie es sind, die sich nach ihm richten müssen.
Macht muss ausgeübt werden, sonst schwindet sie dahin. Wir haben es bereits angesprochen: Führungskräfte, die sich kaum noch einmischen, sondern das Feld anderen überlassen, verlieren an Einfluss und werden überspielt. Sie müssen sich erst mühsam wieder in den Lauf der Dinge einschalten. Boss-Spiele geben dem Vorgesetzten hingegen die Möglichkeit, auf relativ ungefährliche Weise im Spiel zu bleiben. Er muss gar nicht viel bewirken, er muss nicht ständig eingreifen und den ganzen Laden durcheinander bringen, um derjenige zu bleiben, an dem niemand vorbeikommt.
Signal für die Rivalen
Zugleich richten sich Boss-Spiele an mögliche Rivalen. Der Boss zwingt sie, sich ihm zu unterwerfen, auch wenn es sich dabei nur um Lappalien oder symbolische Gesten handelt. Solange sie das Spiel nach seinen Regeln mitspielen, bleibt seine Machtposition gefestigt. Doch sind es die Nuancen, auf die es ankommt und für die ein Boss-Spieler feine Antennen braucht. Bröckelt die eigene Macht, drückt sich das auch in den Boss-Spielen aus. Für Außenstehende vielleicht gar nicht zu erkennen, tut ein Mitspieler nicht mehr als nötig, um dem Boss gerade noch seine Anerkennung zu zeigen. Der Vorgesetzte kann das als Kampfansage verstehen – oder sich entschließen, diese subtile Provokation zu übergehen, um
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