Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
es ihren Argwohn und ihren Widerstand. Sie empfinden es als demütigend, wenn ein Kollege etwas mit ausgekocht hat, das sie jetzt einfach nur schlucken sollen. Sie haben keinerlei Interesse, zum Gelingen dieses Plans beizutragen und damit ihre eigene Machtlosigkeit zu zementieren. Vielmehr werden sie alles tun, damit er scheitert (→ In den Graben fahren, Seite 103).
Oder sie tun sich zusammen und wenden sich an den Vorgesetzten, um über die "Ungleichbehandlung" zu klagen. Der könnte leicht in Erklärungsnot geraten und den Einfluss seines allzu regen Mitarbeiters zurückstutzen, um sich weiteren Ärger zu ersparen. Kurzum, wer zum inneren Kreis gehört, der darf das nichtzu deutlich zeigen, und zwar gerade dann nicht, wenn er tatsächlich Einfluss nimmt.
Dieser Zusammenhang ist allerdings halbwegs erfahrenen Machtspielern durchaus bewusst. Wenn sich ein ambitionierter Kollege betont harmlos gibt, versetzt sie gerade das in Alarmbereitschaft. Sie vermuten, dass sich da etwas zusammenbraut, und beobachten seine Aktivitäten mit besonderem Misstrauen. Dagegen wirkt derjenige, der ganz offen über seine "ausgezeichneten Beziehungen" spricht, wie ein Aufschneider. Denn wer wirklich über so gute Verbindungen verfügt, der prahlt nicht damit, sondern der nutzt sie.
Den Chef überspielen
Wir haben es erwähnt: In aller Regel nimmt der Vorgesetzte gewaltigen Einfluss darauf, wer in den inneren Kreis vorrücken darf. Er fördert die betreffenden Mitarbeiter, lässt ihnen die nötigen Freiheiten, und wenn er es besonders gut mit ihnen meint, schirmt er sie auch gegen die neidischen Kollegen ab. "Lassen Sie uns mal überlegen, wie wir das den anderen gegenüber verkaufen …", sinniert der Chef und den Mitarbeiter überkommt das wohlige Gefühl, Teil einer Verschwörung zu sein, einer Verschwörung für die gute Sache: seine Karriere.
Der Vorgesetzte ist es auch, der den Mitarbeitern signalisiert, welche Wertschätzung sie genießen, und zwar nicht nur dadurch, dass er sie ausdrücklich vor den andern lobt (→ Das Spiel des Lobens, Seite 50), sondern indem er ihnen demonstrativ seine Aufmerksamkeit schenkt. Mitarbeiter registrieren sehr genau, wer wie lange mit dem Chef plaudert, wer ohne Probleme einen Termin bei ihm bekommt, wer bei einer Abendveranstaltung an seinem Tisch sitzen darf und so weiter. Der Vorgesetzte kann auch zum Ausdruck bringen, dass Sie nicht mehr zu den Auserwählten gehören: Er entzieht Ihnen die Vergünstigungen, die Sie genossen haben. Er richtet nicht mehr das Wort an Sie, er reagiert nicht mehr auf Ihre Bemerkungen. Ihre Kollegen wissen nun, dass Ihr Stern gesunken ist. Wer zum inneren Kreis gehört, wird nicht zögern, Sie aus der Runde auszuschließen. Sie bekommen keine Informationen mehr, über Ihre Scherze wird nicht mehr gelacht und sogar der Praktikant traut sich, Ihre Vorschläge zu kritisieren.
Und doch besteht die eigentliche Krönung dieses Spiels darin, den Chef auch einmal zu überspielen. Denn natürlich wächst den Mitgliedern des inneren Kreises erhebliche Macht zu. Sie kontrollieren die Zonen der Ungewissheit in weit höheremMaße als ihre Kollegen aus den Randschichten. Wenn sie sich miteinander verbünden, können sie sich auch gegenüber ihrem Chef behaupten. Solange sie es nicht auf einen offenen Machtkampf ankommen lassen, sondern ihn eher außen vor lassen, haben sie gute Aussichten, zum eigentlichen Machtzentrum in der Abteilung zu werden.
Gefahren
Dass einige Mitarbeiter zum "inneren Kreis" gehören und andere ausgeschlossen sind, sorgt nicht gerade für besonderen Zusammenhalt. Diejenigen, die nicht dazugehören, fühlen sich machtlos und ungerecht behandelt. Sie resignieren, werden verbittert oder zynisch. Oder sie versuchen, sich an ihren privilegierten Kollegen zu rächen. Wenn der Mitarbeiter einem aus undurchsichtigen Gründen vorgezogen wird, kann das regelrecht Hass säen. Aus diesem Grund ist es auch für den Machtspieler selbst nicht unbedingt positiv, zum inneren Kreis gerechnet zu werden. Er zieht den Neid und Argwohn seiner Kollegen auf sich. Sie unterstützen ihn nicht, sondern machen ihm das Leben schwer. Und auch der Vorgesetzte kann sich veranlasst sehen, den anderen Mitarbeitern deutlich zu machen, dass hier niemand zum inneren Kreis gehört. Und deswegen wirft er dem Spieler schon einmal den Knüppel zwischen die Beine.
Gegenstrategien
Es ist nicht ganz einfach, dieses Spiel zu durchkreuzen. Sie könnten etwa die "Rebellenstrategie" wählen und
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