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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Christ
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durch den Sinn.
    Aber Rosalie läßt ihm nicht lang Zeit zu irgendwelchen Betrachtungen. Behend hilft sie nun auch der zweiten Dame, die Franz sogleich als die alte Rechtsrätin erkennt, aus dem Zug, überblickt rasch den Bahnhof und läuft mit dem Ruf: »Ach, da steht er ja schon, der Franzl!« lachend auf ihn zu.
    Tante Adele gibt derweil schmunzelnd die Fahrkarten hin, nimmt der Rätin etliche Gepäckstücke ab und begrüßt sodann den Sohn des Schiermoserbauern aufs herzlichste.
    Nur Frau Scheuflein bleibt kühl und verzieht keine Miene ihres Gesichts, als sie Franz flüchtig die Fingerspitzen reicht und kurz: »Guten Tag, Herr Schiermoser!« sagt.
    Sie fühlt sich eben nicht behaglich bei den Bauern. Der Unterschied ist doch zu groß, und die Erziehung war auf ganz andere Dinge und Lebenszwecke gerichtet.
    Für Rosalie aber bedeutet das Leben auf dem Lande wahrhaft eine Erholung. So wohl wie da heraußen und besonders droben auf dem Schiermoserhof hat sie sich nirgends gefühlt.
    Nirgends. – Auch nicht zu Hause.
    Die Art dieser Leute hat etwas Glückbringendes.
    Sie ist bodenständig und stämmig, nicht kränkelnd und voller Empfindlichkeit.
    Sie macht jeden, der sie versteht, zu einem festen und gesunden Menschen.
    Aber, um Bauernart zu verstehen, muß man den Bauernstand achten und schätzen.
    Und Rosalie schätzt ihn. Und sie liebt das Landvolk. Besonders aber die Schiermoserleute.
    Ist sie doch wie daheim in dem großen Bauernhof, in Haus und Stall, in Kuchel und Scheune!
    Seit sieben Jahren ist sie nun jeden Sommer dort und fühlt sich immer wieder wie ein Kind vom Haus!
    Sie lebt mit und werkt mit, sie ißt mit und ruht mit – mit allen, die auf den Hof gehören. Sie spricht ihre derbe Sprache.
    Sie hat gelernt, Sense und Rechen zu gebrauchen, Ochsen und Rösser zu lenken, Kälber zu tränken und selbst Kühe zu melken.
    Sie lachte mit, wenn es gute Zeit gab – und sie hat mitgeseufzt und mitgebetet, wenn der Schauer schlug oder der Blitz zündete.
    Und sie gilt als gleichberechtigt auf dem Hof.
    Der Bauer teilt bei der Brotzeit seinen Ranken Brot mit ihr und reicht ihr seinen Krug: »Trink aa amal!«
    Die Töchter gehen mit ihr zusammen zur Arbeit, zum Tanz und in die Kirche.
    Die Alten im Haus nicken ihr wohlwollend zu, und das Dienstvolk freut sich, daß die feine Stadtjungfer keinen Stolz und keinen Dünkel kennt.
    Die Bäuerin freilich, die hat kein gutes Wort für sie. Die verachtet alles, was hinter Stadtmauern geboren und erzogen wurde.
    Für sie gilt nur das, was auf der heimischen Scholle wuchs.
    Aber darin gleicht sie ja der Rätin. Die denkt über die Bauern ungefähr dasselbe.
    Für sie sind die Landleute nicht viel mehr als ein notwendiges Übel – melkende Kühe -, arbeitende, Essen schaffende Tiere, denen man ein gutes Gesicht zeigen muß, damit sie nicht aufhören zu werken und zu geben.
    Darum fällt auch ihr Gruß dem Franz gegenüber so frostig aus.
    Doch das schadet der allgemeinen Wiedersehensfreude gar nicht. Franz fragt, Tante Adele fragt, und Rosalie erzählt und fragt bunt durcheinander, ohne sich irgendwie um das mißbilligende Kopfschütteln und die zornigen Blicke der Mutter zu kümmern.
    Schnell ist das Gepäck in der Kutsche untergebracht, und die beiden Damen nehmen auf den breiten, zusammengesessenen Polstern Platz.
    Rosalie soll den Rücksitz einnehmen, aber sie meint lachend: »Franzl, i setz mi zu dir! I möcht sehn, ob i's Kutschieren net verlernt hab den Winter über!«
    Und obgleich die Rätin über dieses beispiellose Betragen ihrer Tochter, die doch nun Braut ist, schier in Ohnmacht fällt, klettert das Mädchen doch lachend auf den Kutschersitz und ergreift die Zügel.
    »Hüh, Rappeln!« Ein Schnalzen mit der Zunge, und dahin geht's in lustiger Fahrt durch den Marktflecken, hinaus in die blühende Landschaft, vorbei an jungen Saatfeldern, duftenden Heuwiesen und hinauf über die Anhöhe, Berganger zu.
    »Und was macht der Vater, Franzl?« fragt Rosalie so mitten unterm Reden. »Is er noch alleweil gsund? Führt er 's Regiment no so wie sonst? – Und wie geht's der Großmutter und 'm Großvater? – Und der Mutter? – Hats d' Stadtleut alleweil no so dick wie früher? Sinds ihr immer noch so zwider?« Franz wird einen Augenblick verlegen.
    »Mei', Frailn Roserl, dees woaßt scho: sie is halt no oane vom alten Schlag, d' Muatta«, meint er dann, »sie woaß halt net anderscht. Und alle Tag älter und harber werds halt aa. Die alten Leut san alle mitanand a

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