Madam Wilkin's Palazzo
nicht. Das kann er
nicht getan haben. So etwas hätte er niemals getan! Mr. Palmerston ist ein
ehrbarer, grundanständiger Mann! Er ist ein Philanthrop!«
»Den Teufel ist er!«
»Und außerdem«, Mrs. Tawne war derart
bestürzt und verwirrt, daß sie einem nur leid tun konnte, »warum hätte er mir
so etwas Schreckliches antun sollen?«
»Aus Geldgier«, erklärte Bittersohn.
»Mr. Palmerston braucht kein Geld. Er
ist ein wohlhabender Mann. Er ist immer sehr freigiebig, wenn es um eine gute
Sache geht.«
»Das bezweifle ich nicht, weil es ihn
nämlich keinen Pfennig kostet. Sie sollten wissen, daß Mr. Palmerston noch
andere kostspielige Neigungen hat.«
»Was zum Beispiel?«
»Vor allem Frauen.«
»Frauen? Da müssen Sie sich irren. Mr.
Palmerston bestimmt nicht.«
»Ich befürchte, Sie kennen den Mann
weniger gut, als Sie annehmen, Mrs. Tawne. Er hat Sie 32 Jahre lang für sich
schuften lassen, damit er sich seine teuren Freundinnen leisten konnte.«
»Wen beispielsweise?« Dolores wollte
immer noch nicht aufgeben. »Wenn Sie etwa diese Schlampe Ouspenska meinen — «
»Sie hat tatsächlich auch einmal zu
diesen Frauen gehört. Als sie noch jung und schön war, natürlich. So mag er sie
nämlich am liebsten. Nicht wahr, Mrs. Kelling?«
Bittersohn gab Sarah heimlich einen
Stups. Mit gesenktem Blick ging sie auf sein Stichwort ein.
»Sie müssen verstehen, Mrs. Tawne, daß
ich immer ein sehr behütetes Leben geführt habe. Ich habe einfach nicht
begriffen, was er mit mir im Sinn hatte, bis er — aber wie hätte sich ein
dummes junges Mädchen auch dagegen wehren können? Jeden Tag Orchideen, teure
Restaurants, Schmuck, Zobelpelze, Wochenendtrips nach Monte Carlo — «
»Sie lügen«, widersprach Dolores
schwach. »Das ist alles nichts weiter als ein übler Scherz.«
»Mrs. Tawne, welche betrogene Frau
würde über so etwas lügen?« Sarah schlug die Hände vor ihr Gesicht.
»Wie — viele — andere?«
Sarah zuckte müde die Achseln. »Das
kann ich nicht genau sagen. Und er selbst bestimmt auch nicht.«
»Und bei allen — Orchideen, Schmuck,
Zobel, Flüge nach Monte Carlo?«
»Ich glaube, in der letzten Zeit war es
Tahiti.«
»Tahiti? Und ich male mir die Seele aus
dem Leib für ein oder zwei Flaschen billigen Sekt im Jahr?«
Dolores verfärbte sich erst ziegelrot,
dann kalkweiß. Sie sank auf ihren Stuhl zurück und starrte tränenblind auf den
farbbeklecksten Fußboden ihres Ateliers. »Du hast vollkommen recht, Brooks«,
sagte sie. »Ich bin nichts weiter als eine verdammte alte Närrin.«
Kapitel
25
D olores wäre Palmerston fast mit
Lockenwicklern und Morgenmantel entgegengetreten, wenn Brooks sie nicht ermahnt
hätte, sich ihrem Alter entsprechend zu benehmen und sich erst einmal ordentlich
anzuziehen. Sie kochte immer noch wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch, als sie
als erste die elegante Treppe zu C. Edwalds altem Stadthaus hinaufeilte.
Als ihnen ein hübsches junges
Hausmädchen in einem sexy Negligé die Tür öffnete, war sie nicht mehr zu
halten. Flammend vor heiligem Zorn stürmte sie ins Haus, Max und Brooks auf den
Fersen und das Hausmädchen, das die Hände rang und in weinerlichem Ton fragte,
was sie denn wollten, im Schlepptau.
Sarah verpaßte den ersten Teil der
Gegenüberstellung, weil Bittersohn sie beauftragt hatte, ein Telefon zu suchen
und Fitzpatrick und Fitzgibbon anzurufen. Als sie schließlich das Schlachtfeld
erreichte, das leicht zu lokalisieren war, da man im Grunde nur dem schrillen
Geschrei von Dolores Tawne zu folgen brauchte, das alle anderen Stimmen
übertönte, saß Palmerston aufrecht im Bett und hielt mit der einen Hand
verschämt das Federbett bis oben ans Kinn gezogen, während er mit der anderen
nach seinem Gebiß und seiner Brille tastete, wobei er zahnlos und offenbar ohne
viel Erfolg versuchte, sich zu verteidigen.
»Aber Mrs. Tawne«, murmelte er, »ich
habe stets aus humanitären Motiven gehandelt.«
»Von wegen humanitär!« schrie die von
ihm hintergangene Dolores empört. »Bestimmt haben Sie dieser kleinen Schlampe
hier auch einen Zobelmantel gekauft!«
Das Hausmädchen begann laut zu
schluchzen. »Es ist bloß Bi-Bisamratte.«
»Na also!«
»Aber meine liebe Dolores — «
»Nennen Sie mich nicht Dolores! Ich war
nie eines Ihrer aufgetakelten Weiber, also versuchen Sie jetzt nicht, so zu
tun, als ob dem so wäre! Nur weil ich mir nicht das Gesicht anmale und keine
Kleider trage, die bis zum B-Bauchnabel
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