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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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große
Platten herumtrugen. In der Linie der sitzenden Damen gingen die
bemalten Fächer auf und nieder; die Blumenbukette verdeckten zur
Hälfte die lachenden Gesichter, und die goldnen Stöpsel der
Riechfläschchen funkelten hin und her in den weißen Handschuhen, an
denen die Konturen der Fingernägel ihrer Trägerinnen hervortraten,
während das eingepreßte Fleisch nur in den Handflächen schimmerte.
Die Spitzen, die Brillantbroschen, die Armbänder mit Anhängseln
wogten an den Miedern, glitzerten an den Brüsten und klapperten an
den Handgelenken.
    Die Damen trugen im Haar, das durchweg glatt
und im Nacken geknotet war, Vergißmeinnicht, Jasmin, Granatblüten,
Ähren und Kornblumen in Kränzen, Sträußen oder Ranken. Bequem in
ihren Stühlen lehnten die Mütter mit gelangweilten Mienen, etliche
in roten Turbanen.
    Das Herz klopfte Emma ein wenig, als der erste Tänzer sie an den
Fingerspitzen faßte und in die Reihe der anderen führte. Beim
ersten Geigenton tanzten sie los. Bald jedoch legte sich ihre
Aufregung. Sie begann sich im Flusse der Musik zu wiegen, und mit
einer leichten Biegung im Halse glitt sie sicher dahin. Bei
besonders zärtlichen Passagen des Violinsolos flog ein süßes
Lächeln um ihre Lippen. Wenn so die andern Instrumente schwiegen,
hörte man im Tanzsaal das helle Klimpern der Goldstücke auf den
Spieltischen nebenan, bis das Orchester mit einem Male wieder voll
einsetzte. Dann gings im wiedergewonnenen Takte weiter; die Röcke
der Tänzerinnen bauschten sich und streiften einander, Hände
suchten und mieden sich, und dieselben Blicke, die eben schüchtern
gesenkt waren, fanden ihr Ziel.
    Unter den tanzenden oder plaudernd an den Türen stehenden Herren
stachen etliche, etwa zwölf bis fünfzehn, bei allem Alters- und
sonstigem Unterschied durch einen gewissen gemeinsamen Typ von den
andern ab. Ihre Kleider waren von eleganterem Schnitte und aus
feinerem Stoff. Ihr nach den Schläfen zu gewelltes Haar verriet die
beste Pflege. Sie hatten den Teint des Grandseigneurs, jene weiße
Hautfarbe, die wie abgestimmt zu bleichem Porzellan, schillernder
Seide und feinpolierten Möbeln erscheint und durch sorgfältige und
raffinierte Ernährung erhalten wird. Ihre Bewegungen waren
ungezwungen. Ihren mit Monogrammen bestickten Taschentüchern
entströmte leises Parfüm. Den älteren unter diesen Herren haftete
Jugendlichkeit an, während den Gesichtern der jüngeren eine
gewisse Reife eigen war. In ihren
gleichgültigen Blicken spiegelte sich die Ruhe der immer wieder
befriedigten Sinne, und hinter ihren glatten Manieren schlummerte
das brutale eitle Herrentum, das sich im Umgange mit Rassepferden
und leichten Damen entwickelt und kräftigt.
    Ein paar Schritte von Emma entfernt, plauderte ein Kavalier in
blauem Frack mit einer blassen, jungen, perlengeschmückten Dame
über Italien. Sie schwärmten von der Kuppel des Sankt Peter, von
Tivoli, vom Vesuv, von Castellammare, von Florenz, von den Genueser
Rosen und vom Kolosseum bei Mondenschein. mit ihrem andern Ohre
horchte Emma auf eine Unterhaltung, in der sie tausend Dinge nicht
verstand. Man umringte einen jungen Herrn, der in der vergangnen
Woche in England Miß Arabella und Romulus »geschlagen« und durch
einen »famosen Grabensprung« vierzigtausend Franken gewonnen hatte.
Ein andrer beklagte sich, seine »Rennschinder« seien »nicht im
Training«, und ein dritter jammerte über einen Druckfehler in der
»Sportwelt«, der den Namen eines seiner »Vollblüter« verballhornt
habe.
    Die Luft im Ballsaale wurde schwer, die Lichter schimmerten
fahler. Man drängte nach dem Billardzimmer. Ein Diener, der auf
einen Stuhl gestiegen war, um die Fenster zu öffnen, zerbrach aus
Ungeschicklichkeit eine Scheibe. Das Klirren der Glasscherben
veranlaßte Frau Bovary hinzublicken, und da gewahrte sie von
draußen herein gaffende Bauerngesichter. Die Erinnerung an das
elterliche Gut überkam sie. Im Geiste sah sie den Hof mit dem
Misthaufen, ihren Vater in Hemdsärmeln unter den Apfelbäumen und
sich selber ganz wie einst, wie sie in der Milchkammer mit den
Fingern die Milch in den Schüsseln abrahmte. Aber im Strahlenglanz
der gegenwärtigen Stunde starb die eben noch so klare Erinnerung an
ihr früheres Leben schnell wieder; es je
gelebt zu haben, kam ihr fast unmöglich vor. Hier, hier lebte sie,
und was über diesen Ballsaal hinaus existieren mochte, das lag für
sie im tiefsten Dunkel….
    Sie schlürfte von dem Maraschino-Eis, das sie in

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