Madame Mystique
Tierärztin für eine entsprechende Kleidung gesorgt.
Nachdem der Anruf sie einigermaßen beruhigt hatte, griff sie nach der gefütterten dunkelroten Wildlederjacke und streifte sie über. Den Koffer wollte sie nach ihrer Rückkehr auspacken, der lief ihr schließlich nicht weg.
Das Zimmer lag in der ersten Etage. Maxine schloss die Tür ab und steckte den Schlüssel mit dem etwas klobigen Ring in die Tasche. Danach machte sie sich auf den Weg nach unten.
Im Flur brannte Licht. Da er nicht besonders breit war, wirkte er durch die Helligkeit auch nicht so schmal. Maxine hatte nicht den Eindruck, in einem Hotel zu leben, denn es war recht still. Sie passierte die anderen Zimmertüren, hörte keinen Laut und blieb vor der Treppe für einen Moment kopfschüttelnd stehen.
Ich glaube, dass ich bisher der einzige Gast bin!, dachte sie. Es wäre nicht ungewöhnlich gewesen, weil die anderen Gäste sicherlich erst am Tag der Feier anreisten, weil sie nicht so weit entfernt wohnten.
Es herrschte schon etwas Leben, denn als Maxine die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht hatte, hörte sie die leise Musik, die den Empfangsbereich ausfüllte.
Robbie Williams sang Songs von Frank Sinatra. Und das machte er wirklich gut, wie Maxine feststellte, obwohl sie sonst nicht viel für den Sänger übrig hatte.
Als sie die letzte Treppenstufe hinter sich gelassen hatte, sah sie die junge Frau vom Empfang. Sie hieß Rhonda, hatte blassrotes Haar und trug zum dunklen Rock eine weiße Bluse.
Rhonda stand auf, als der Gast näher kam. Sie lächelte. Dabei zeigte sie kleine, weiße Zähne.
»Kann ich Ihnen helfen, Madam?«
»Ja, und nein. Ich habe nur eine kleine Frage. Ich bin ja eingeladen und möchte wissen, ob die Gastgeberin schon eingetroffen ist.«
»Klar. Tabea ist hier. Ihr gehört das Hotel ja. Und auch das andere links daneben. Möchten Sie sie sprechen?«
»Das wäre nicht verkehrt.«
»Dann muss ich sie rufen. Sie ist beschäftigt. Wie ich weiß, kümmert sie sich um die Tiere.«
Sofort wehrte die Tierärztin ab. »Wenn das so ist, dann lassen Sie es bitte. Die Tiere sind wichtiger. Ich kenne mich da schon aus. Außerdem eilt es nicht.«
»Ja, Madam, wie Sie meinen.«
»Ich mache dann einen kleinen Spaziergang.«
Rhonda sagte nichts darauf. Sie stand nur für einen Moment starr, sogar sehr starr. Dann nickte sie. »Okay, wie Sie möchten. Ein paar Schritte laufen tut ja immer gut.«
»Sie sagen es.« Maxine lächelte noch einmal, dann drehte sie sich um und ging.
Sie war nicht irritiert, sondern etwas berührt. Die Auskünfte waren zwar freundlich gewesen, aber warum hatte Rhonda für einen Moment so gestutzt? Ich habe doch nichts Falsches gesagt?, dachte Maxine. Nun ja, es würde sich schon alles aufklären. Die Party fand ja erst am nächsten Tag statt.
Sie musste die Glastür mit dem kompakten Holzgriff schon aufstoßen, um ins Freie zu gelangen. Es war nicht dunkler geworden, es kam ihr nur so vor, denn in der feuchten Luft hatte sich der erste Nebel bilden können, der wie ein Grauschleier über dem Land lag und die klare Sicht nahm.
Es war nicht so, dass der Nebel alles verdeckt hätte, aber knapp 50 Meter weiter wurde die Welt schon verschwommen und schien sich dabei aufzulösen.
Maxine dachte trotzdem nicht daran, den Gang durch die frische Luft zurückzustellen. Sie gehörte zu den Menschen, die bei einem Spaziergang im Freien immer wunderbar nachdenken konnten, und auch jetzt würde ihr der Wind den Kopf frei blasen.
Schon bei der Ankunft hatte sie gesehen, dass zum Hotel noch zwei weitere Häuser gehörten. Eines sah aus wie ein Stall, und wahrscheinlich befanden sich dort die Pferde, für die auch die Weiden und Wiesen angelegt worden waren.
Das zweite Haus stand im rechten Winkel zum Stall. Es glich mehr einer Blockhütte. Sie sah Licht hinter den unteren Fenstern, aber sie entdeckte keinen, der sich im Haus bewegt hätte und eben durch den Lichtschein gegangen wäre.
Maxine überlegte, ob Tabea dort wohnte. Vorstellen konnte sie es sich nicht. Da war es eher möglich, dass dort das Hotelpersonal seine Zimmer besaß.
Sie war schon neugierig, aber nicht so stark, als dass sie zum Blockhaus gegangen wäre, um dort nachzuschauen.
Andere Dinge waren wichtiger für sie. Zu lange hatte sie im Wagen gesessen, jetzt tat ihr die Bewegung gut, und so wandte sie sich nach rechts, um dem freien Feld entgegenzugehen. Sie konnte sich dabei auf einem schmalen Weg halten, der in die Landschaft
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