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Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
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als Ove zu Besuch war, erkühnte Eva sich zum ersten Schritt. Wegen der gesetzlichen Vorgaben zur Verdunkelung gab es in der Wohnung einen stockfinsteren Raum. Dorthin lockte Eva den ahnungslosen jungen Mann: »Komm mal her, Ove, ich muss dir unbedingt etwas zeigen! In diesem Zimmer steht ›Terje Vigen‹.« Nun, vielleicht stand da tatsächlich ein Buch mit dem langen »Terje Vigen«, dem Gedicht von Ibsen, vor allem aber stand dort Eva mit einem Kuss für Ove. Endlich verstand er, dass sie seine Gefühle erwiderte. »Ove hat so schöne warme angenehme Hände. Ich mag es, seine Hand zu halten«, schwärmte Eva gegenüber der Mutter.
    Nur kurze Zeit später, bereits im August 1941, verlobten sich Ove und Eva, mit der Heirat mussten sie jedoch noch fast vier Jahre warten. Während Ove seinen Traum von der Schauspielerei verfolgte, arbeitete Eva weiter im Büro. Wo immer sie angestellt war, fiel sie durch ihren Fleiß und ihre Leistung auf. Für Ove war Eva immer Inspiration. Er war dankbar, dass sie keine Person des öffentlichen Lebens war, und genoss es, wenn ihm das Theater zum Halse heraushing, zu einem Menschen nach Hause kommen zu können, der damit überhaupt nichts zu tun hatte.
    Eva war eine ruhige Frau. Häusliches Leben zog sie großen Gesellschaften vor. In Aufzügen litt sie an Klaustrophobie, weshalb sie stets die Treppe benutzte und am allerliebsten im Parterre wohnte. Ihr Vater, Fleischermeister Louis Rasmussen, war ein gemütlicher Mann. Sein Geschäft in der Österbrogade 122 hatte er von seinem Vater geerbt, der eine Art Gulasch-Baron mit mehreren Fleischerläden und Immobilien war, bis er fast sein ganzes Vermögen verspielte. Sohn Louis zog seine Lehre daraus. Er war ein konservativer Mann, der mit Freude seine Arbeit machte und einen moralisch einwandfreien Lebenswandel pflegte. Seine Ehefrau Oda allerdings war eine ziemliche Xanthippe, deren Temperament sich ab und zu an den Kindern entlud. Einmal nahm Oda ihre Tochter mit, um im Tivoli an den Spielautomaten zu spielen. Als ihr das Geld ausging, schickte sie das Mädchen nach Hause, um mehr zu holen. Den ganzen Weg zurück lief Eva mit einer Keramikschüssel voller Kleingeld. Als sie in der Spielhölle ankam, herrschte dichtes Gedränge. Eva wurde geschubst, die Schüssel fiel zu Boden und zerbrach, und die Münzen kullerten in alle Ecken des Raumes. Eva war untröstlich. Ein Mann hatte Mitleid mit dem Kind und half ihm, die Münzen einzusammeln. Die Mutter spielte weiter und hatte ihren Blick fest auf die Anzeige des einarmigen Banditen gerichtet. Eva litt unter ihrer Mutter und schwor, sich nicht so zu verhalten wie sie, wenn sie einmal Kinder haben würde.
    Die Hochzeit von Ove und Eva fand am 29. März 1945 in der Sankt Johans Kirche auf der Österbrogade statt. Gefeiert wurde in der Wohnung von Evas Eltern. Das Essen stammte zum größten Teil aus dem Fleischerladen des Vaters, die Zigaretten hatte ihr kleiner Bruder Bent auf dem Schwarzmarkt in der Larsbjørnsträde beschafft. Während des Festessens hielt Ove eine Rede. Die meisten Bräutigame tun das, aber Schauspieler sind nicht unbedingt besonders geeignet, im privaten Kreis aufzutreten. »Danke, dass ich Eva habe«, war alles, was er sagte. So will es jedenfalls die Überlieferung. Vielleicht sagte Ove ein paar Worte mehr, doch am meisten blühte er immer dann auf, wenn er den Text eines anderen zu sprechen hatte. In eigener Regie, mit eigenen Worten fasste er sich eher kurz und war ganz ohne Schauspielerattitüden.
    Obwohl sich die deutsche Besatzung dem Ende nährte, galten noch die Verdunkelungsregelungen. So war es nur Ove und Eva erlaubt, sich vom Fest zu entfernen und nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße zu gehen. In einem Taxi, das von einem Gasgenerator betrieben wurde, fuhren sie nach Hause. Der Rest der knapp fünfzig Gäste musste in der Wohnung von Evas Eltern bleiben und nun im Sitzen schlafen, bis es hell wurde. Die Hochzeitssuite befand sich in Oves und Evas nagelneuer leeren Wohnung in der Jerichausgade. Bevor sie jedoch Ruhe fanden, mussten sie mit weißen Mäusen kämpfen. Diesen Spaß hatte sich Bent ausgedacht, und wie er sich erinnert, fand Eva das sehr lustig. Ove konnte darüber nicht besonders lachen. Zwei Mäuse erwischte er, aber sie wussten ja nicht, wie viele noch im Schlafzimmer herumkrabbelten. Dafür würden die Mäuse bis zum nächsten Morgen sämtliche Reiskörner fressen, die von der Hochzeit auf den Boden gefallen waren, stellte Eva

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