Maedchenlose
ihren Wünschen mit vollem Vertrauen und unbedingter Zustimmung entgegen.
Lebewohl, Herzens-Erna! künftig werde ich dich gnädiges Fräulein nennen; aber heute bleibe ich noch mit Gruß und Kuß
Deine glückliche Rose.
Nora Diethelm an Erna v. Westheim.
D., den 20. Oktober.
Meine Erna!
Du gehörst zu den ersten, die mein Glück erfahren, bist Du doch auf so vielfältige Weise damit verbunden, hast Du doch, bewußt und unbewußt, so viel dazu beigetragen. Was mir für immer versagt zu sein schien, das ist mir nun in reiferen Jahren zugefallen, reicher, schöner, voller, als ich es je geahnt – das Glück, von dem edelsten, besten aller Männer geliebt zu werden. Seit wenigen Tagen bin ich Freyensteins Braut. Dir, mein Liebling, ist es nicht verborgen, daß ein geheimnisvolles Band zwischen uns bestand, lange ehe wir uns kannten; aber von Herzen danke ich Dir für die zarte Diskretion, mit der Du dies Geheimnis bewahrt und es auch gegen mich nicht angedeutet hast, so daß ich ihm mit voller Unbefangenheit entgegentreten und nur den Zauber seines ganzen Wesens auf mich wirken lassen konnte. O meine Erna, wie überreich hat Gott das kleine Wagnis belohnt, das ich vor zehn Jahren in Deiner Krankheit unternahm; erst schenkte Er mir dafür Dein teures Leben und die Freundschaft Deiner Mutter, und jetzt läßt er mich dadurch das höchste Glück meines Lebensfinden! Ich preise Seine unendliche Güte und bete Seine wunderbaren Wege mit dankerfülltem Staunen an!
Zwei Jahre später.
Erna v. Westheim an Frau Klingemann
Teure hochverehrte Frau!
Ihnen darf nicht eine gedruckte Karte das Glück verkünden, das Gott mir beschert hat; bei Ihnen muß ich selbst anklopfen und um Ihre Teilnahme und Ihren Segenswunsch bitten. Als Braut trete ich heute vor Sie hin, als die unsäglich glückliche Braut Waldemars v. Rothenburg. Mir ist, als müßte ich Ihnen einen besonderen Dank sagen, denn unter Ihren lieben, mütterlichen Augen fing unsere Bekanntschaft an, die uns zu so hohem Glück geführt hat.
Schon vor zwei Jahren im Herbst hatte Waldemar sich meinem Vater erklärt, doch Papa hatte ihm erwidert, wir seien beide noch zu jung, um unsere Herzen zu kennen; vor meinem achtzehnten Jahre werde er seine Einwilligung zu einer Verlobung nicht geben, die später einen von uns noch gereuen könnte. Doch stelle er es ihm frei, an ihn, den Papa, zu schreiben, wenn sein Herz ihn dazu triebe, er wolle gelegentlich Grüße gern bestellen. Das hat er treulich gethan: aus England, aus Frankreich kamen Briefe, immer hörte ich von ihm und fing allmählich an, mir manches dabei zu denken. Im letzten Jahre, in dem er sich in der Heimat niederließ, besuchte er uns einigemale, und endlich trafen wir in diesem Sommer in Bad R. zusammen.Es waren wonnige Tage, die wir dort verlebten, ihr seliger Abschluß war unsere Verlobung.
Und nun soll ich wirklich eine Hausfrau werden und einen ländlichen Haushalt regieren! Wenn Sie an die Erna denken, die in Ihrem Hause war und in allen praktischen Dingen so fremd und ängstlich herumtappte – da möchte Ihnen wohl bange werden um das zukünftige Haus des Herrn v. Rothenburg! Aber seitdem habe ich manches gelernt; die Eindrücke, die ich bei Ihnen aufnahm, sind nicht verloren gewesen. Mit Rosens Hilfe habe ich mich sehr vervollkommnet, und ich habe wenigstens einen Begriff gewonnen, wie man haushalten muß.
Wie froh bin ich, daß wir Rose haben, daß sie meiner lieben Mama bleibt, wenn ich aus dem Elternhause scheide! Sie ist die treueste Seele von der Welt und hat reichlich erfüllt, was sie versprach. Mit ihr und unserer lieblichen kleinen Nora wird Mama nicht zu einsam sein.
In der Weihnachtszeit soll unsere Hochzeit gefeiert werden; wir alle hoffen, daß Sie, meine teure mütterliche Freundin, dabei sein werden. Waldemar sendet die innigsten Grüße; wir haben den sehnlichen Wunsch, uns Ihnen persönlich als Brautpaar vorzustellen und noch einmal alle die Stätten zu durchwandeln, an denen unsre Liebe begann.
In inniger Liebe und Verehrung bleibe ich für alle Zeit
Ihre
treu ergebene Erna.
Rose Grund an Fräulein Lietzner.
Meine liebe Tante Emma!
Nun wissen Sie schon, daß unsere Erna eine glückliche Braut ist, und sind ohne Zweifel ungeheuer gespannt, etwas Näheres zu hören; ist es da nicht sehr gut von mir, daß ich alle meine Arbeit stehen und liegen lasse, um Ihnen einen langen Brief zu schreiben? Ich male es mir ganz deutlich aus, mit welcher Ungeduld Sie den Postboten erwarten, mit
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